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Rubrik: Tagesberichte

ETH-Spinoff erstellt Kurzfrist-Wetterprognosen
Wetter-Warner als Beruf

Published: 21.08.2006 06:00
Modified: 18.08.2006 14:36
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Der ETH-Spinoff meteoradar gmbh tritt als Nischenanbieter auf und hat sich auf lokale Kurzfrist-Prognosen spezialisiert. Das Interesse an aktuellen Wetterinfos auf mobilen Geräten steigt. Die mittelfristige Prognose für das Kleinunternehmen lautet deshalb: heiter bis sonnig.



Roman Klingler (mailto:roman.klingler@sl.ethz.ch)

«Wir sind in einem zyklischen Geschäft», sagt Willi Schmid, Geschäftsinhaber der meteoradar GmbH im Gespräch mit ETH Life. Für einmal ist nicht das Auf und Ab der Konjunktur gemeint, das den Geschäftsgang vieler Firmen bestimmt, sondern das Wetter. Die Firma hat sich darauf spezialisiert, Kurzfrist-Prognosen für Unwetter zu erstellen. Kurzfristig heisst hier bis zu zwei Stunden vor dem Ereignis. Wenn nun über Wochen schönes Wetter herrscht, ist die Nachfrage nach Unwetter-Warnungen entsprechend klein, sobald sich eine Schlechtwetterfront über die Schweiz schiebt, abonnieren wieder mehr Leute über das Internet den Warndienst, der einen per SMS, Fax, E-Mail oder Pager vor Niederschlag warnt.

Zum Glück – für Willi Schmid – kann meteoradar neben Individualkunden auch auf treue Geschäftskunden zählen. Zu den Kunden, die ein professionelles Interesse an möglichst genauen Wetterprognosen haben, zählen kantonale Tiefbauämter, Feuerwehren, Flughäfen und Freilicht-Veranstalter. Kurzfristige Prognosen können hier wichtige Entscheidungsgrundlagen liefern, um beispielsweise Schnee zu räumen. Eine Kategorie von Kunden, die erst in den letzten Jahren dazugekommen ist, sind Veranstalter von Abenteuer-Ferien. Was für dramatische Folgen eine Fehleinschätzung von Wetterbedingungen haben können, zeigte das Canyoning-Unglück im Saxetbach im Sommer 1999. 21 Menschen kamen damals ums Leben, nachdem ein starkes lokales Gewitter den Bach zu einem reissenden Strom hatte anschwellen lassen.

Ausgelagertes Know-How

Das Kernstück der Wetterprognosen – der Wetterradar – steht auf dem Hönggerberg, genauer gesagt, auf dem Dach des zehnstöckigen Physikgebäudes HPP. Ende der 80er Jahre wurde der Kugelradar, zusammen mit der ganzen technischen Infrastruktur, installiert und in Betrieb genommen. Damals war Radarmeterologie noch eine Forschungsrichtung mit eigener Professur an der ETH. Seither haben sich die Forschungsprioritäten etwas verschoben und so entstand die Idee, das über Jahre erworbene Know-How in eine Spinoff-Firma auszulagern. Willi Schmid gründete 1999 dazu eine Einzelfirma, seit Herbst 2005 ist der promovierte ETH-Atmosphärenphysiker nun ausschliesslich Unternehmer.

Verschiedene Verträge mit der ETH regelten und regeln die Zusammenarbeit zwischen Schmids Firma und dessen ehemaligem Arbeitgeber. Schmid darf demnach den ETH-Radar benutzen und vor allem das am früheren Labor für Atmosphärenphysik entwickelte Prognoseverfahren (COTREC/RainCast) kommerziell verwerten. Was, wenn die bald 20jährige Infrastruktur ersetzt werden muss? – «Ein neuer Wetterradar würde wohl einen sechsstelligen Betrag kosten», mutmasst Willi Schmid und scheint dabei ein Stossgebet zum Himmel zu schicken, dass dieser Fall noch möglichst lange nicht eintreten möge. Jedenfalls greift der Kleinunternehmer heute schon auf die Wetterdaten von MeteoSchweiz zurück, um seinen Kunden auch bei Ausfall des ETH-Radars immer die Prognosen liefern zu können.

Seit Ende der 80er Jahre in Betrieb - der kugelförmige Wetter-Radar auf dem Dach des Physikgebäudes HPP auf dem Hönggerberg.

Partner und Konkurrenten

Seit das Wetter auch in der Schweiz immer häufiger Kapriolen spielt, ist das Interesse an Wetterphänomenen gestiegen. Aber auch das Bedürfnis nach möglichst aktuellen Wetterprognosen, die über mobile Geräte abrufbar sind. Marktführer und Hauptkonkurrent ist MeteoSchweiz mit seinen rund 270 Mitarbeitenden und einem flächendeckenden Messnetz. Schmid’s Zwei-Personen-Firma nimmt sich dagegen geradezu winzig aus. Dennoch ist Willi Schmid überzeugt davon, dem Schweizer Wetter-Goliath etwas vorauszuhaben: „Mit unserem Radar messen wir die Veränderungen in tieferen Lagen als MeteoSchweiz, deshalb können wir für lokale Wetterprognosen genauer sein.“

Gleichzeitig bezieht Schmid Wetterrohdaten auch von Anbietern aus dem Ausland und veredelt diese zu Kurzfristprognosen, die er unter anderem dem aus Funk und Fernsehen bekannten Meteo-Unternehmer Jörg Kachelmann verkauft (meteomedia). Schmid will zwar seiner Spezialität – der lokalen Kurzfristprognose – treu bleiben, denkt aber darüber nach, seine Firma zu einem Vollservice-Anbieter zu entwickeln. Mit andern Worten, Willi Schmid würde dann nicht nur das „schlechte“ Wetter voraussagen und vor Gewittern, Hagel und Schneestürmen warnen, sondern könnte auch mit Schönwetter-Prognosen aufwarten und wäre weniger der Schlechtwetter-Konjunktur ausgesetzt.


Was ist ein ETH-Spinoff?

Damit sich eine Firma ETH-Spinoff nennen darf, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: die Firma muss auf Forschungsergebnissen der ETH Zürich basieren und an der Gründung der Firma müssen entweder ETH-Mitarbeiter oder Absolventen beteiligt sein. Ein ETH-Spinoff profitiert nicht nur vom „Brand“ ETH Zürich, sondern kann im Rahmen von Lizenzverträgen spezifisches Know-How kommerziell nutzen. Zur Starthilfe gehört auch, dass die Firmen sich zu speziellen Konditionen Räume oder Geräte der ETH Zürich zur Mitbenutzung mieten können.


References:
•  Offizielle Website der meteoradar GmbH: www.meteoradar.ch/de/index.php
•  Nachfolge-Website von www.radar.ethz.ch: www.metradar.ch/de
•  Eine weitere Website von W. Schmid mit Kurzfrist-Prognosen : www.wiewirds.ch


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