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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 10.09.2003 06:00

Besuch in der Masoala-Halle
Ein Auge auf Madagaskar

Er ist wohl der bekannteste grüne Bereich in Zürich, der Masoala Regenwald des Zürcher Zoos (1). Zuständig für den neuen Publikumsmagneten ist der ehemalige ETH-Postdoktorand Martin Bauert. Er erzählt vom ambitiösen Naturschutzprojekt und weisst darauf hin, dass die Halle auch ein Forschungsplatz ist.

Christoph Meier

Die Besuchenden wandeln fast andächtig umher und suchen aufmerksam mit ihren Augen das dominierende Grün der Pflanzen ab. Eine kleinere Aufregung entsteht nur, als an einem Teich ein Weisskopfmaki bei den Aldabra-Riesenschildkröten vorbeihuscht. Doch schnell kehrt wieder Ruhe ein. Diese Stimmung gefällt Martin Bauert. Der ehemalige ETH-Postdoktorand, der seit einem Jahr als Kurator für Pflanzen und Naturschutz im Zürcher Zoo tätig ist, sieht darin auch ein Zeichen, dass das Konzept des Masoala Regenwaldes greift. Er erläutert dem Gast von „ETH Life“, dass in der Tunnelpassage vom Rest des Zoos hin zum neuen Gebäude die Besuchenden mit Informationen zu Madagaskar eingestimmt werden.

Die Halle selbst soll ausschliesslich durch den dem madagassischen Naturschutzgebiet Masoala nachgeahmten Regenwald faszinieren. Dem Vorbild entsprechend trifft man darum auch keine Beschriftung der Pflanzen. So wirkt die Würgfeige Ficus altissima einfach durch den Hohlraum in der Mitte, der durch das Verfaulen der erwürgten ehemaligen Trägerpflanze entstand, und nicht durch Zusatzinformation. Diese erhält man erst im anschliessenden Infozentrum, das aber nicht nur der Flora und Fauna, sondern auch den ökologischen, politischen und wirtschaftlichen Problemen Madagaskars gewidmet ist.

Zuständig für für Pflanzen und Naturschutz im Zürcher Zoo, der ehemalige ETH-Postdoktorand Martin Bauert. gross

Grosse Bäume von Anfang an

Masoala ist eine Halbinsel im Nordosten Madagaskars und bedeutet in der Landessprache „Auge des Waldes“. Damit man jetzt auch in Zürich einen Blick in den Regenwald mit veritablen Bäumen von mehr als zehn Meter Höhe werfen kann, war eine weltweit einmalige Aktion nötig. Bauert zeigt auf einen weiteren Ficus und erzählt, wie zum Beispiel auch dieser Baum auf eine zwei mal zwei auf zwölf Meter grosse Form zusammen geschnitten wurde, damit er in einen Schiffscontainer passte. Mehrere Exemplare verschiedener Baumarten gelangten so aus verschiedenen Pflanzenschulen rund um die Welt nach Zürich.

Da bis dahin noch niemals so grosse Bäume zur Bepflanzung bestellt wurden, fand sich auch kein Versicherer für dieses Unterfangen. Im Nachhinein erwies sich das auch nicht als nötig, denn sowohl der Ficus wie auch die weiteren Bäume zeigen sich heute mit einem prächtigen Blätterkleid. Das gilt auch für die Pflanzen, welche die Mehrheit in der Halle bilden und aus der vom Zoo initiierten Pflanzenschule in der Nähe des Masoala-Nationalparks stammen. „Im Durchschnitt gingen wir beim Transport von Pflanzen von einem Ausfall von über 10 Prozent aus “, erläutert Bauert und fährt fort: „Für den Masoala Regenwald liegen wir aber im Promillebereich.“


Der Masoala Regenwald in Zahlen

Breite: 90m, Länge: 120m, Höhe: 30m, Fläche: 11‘000m2, Volumen: 200'000m3, Substrat: 5000m3, Kosten Halle: 52 Millionen CHF.

Pflanzen: 100 in ihrer Grösse dominante Bäum, 1600 kleinere Bäume und Palmen, 1000 Lianen, 400 Bambuspflanzen, 3500 Bäume aus der zooeigenen Baumschule in Madagaskar, 4000 Orchideen und weitere kleine Pflanzen

Tiere: Rund 30 grössere Tierarten darunter die Säugetiere Weisskopfmaki, Aloatra Halbmaki, Roter Vari und Rodrigues Flughund.




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Der Masoala Regenwald des Zürcher Zoos: hier kann auch geforscht werden. gross

„Masoala-Diplomarbeiten“ aufgegleist

Obwohl die Pflanzen dominieren und manch einen botanischen Garten in den Schatten stellen, geht der Kurator bei seinen Überlegungen zur Pflege immer von den Tieren aus, da diese häufig empfindlicher reagieren. Hier muss beispielsweise genau beobachtet werden, ob die drei momentan vorhandenen Lemurenarten einen bestimmten Dünger vertragen, aber auch wie man die weissen Fliegen unter Kontrolle hält. „Mit ernsthaften Problemen bin ich in der Halle noch nicht konfrontiert worden, denn bei allen Schwierigkeiten fanden wir bis anhin einen Weg“, berichtet Bauert. Er gibt sich auch optimistisch, dass die sukzessive Annäherung an das Vorbild in Madagaskar gelingen wird. Eine Vorraussetzung dazu liegt in der tropischen Vegetation, die kein Problem mit der Anpassung an die veränderten Lichtverhältnisse in Zentraleuropa hat.

„Da habe ich mit der Aufzucht arktischer Pflanzen, die eine bestimmte Tageslänge für die Blüte brauchen, viel mehr Mühe gehabt“, erinnert sich der Biologe. Bei seiner Postdoc-Arbeit an der ETH untersuchte er nämlich arktische und alpine Pflanzen bezüglich ihrer genetischen Variabilität. Obwohl er mit diesem Thema aus seiner Arbeit an der Hochschule keinen direkten Nutzen für den Masoala Regenwald ziehen konnte, profitierte er doch von der Zeit an der Hochschule. „Ich lernte bei meinem Betreuer Mathias Baltisberger, wie man ein grösseres Projekt speditiv durchzieht, und das nicht nur wissenschaftlich sondern auch finanziell und strategisch.“ Obwohl Bauert im Zürcher Zoo voll beschäftigt ist, bleibt der Kontakt zur ETH vorhanden. Denn bereits sind zwei Diplomarbeiten mit dem Institut der Geobotanik im Masoala Regenwald vereinbart worden. In einer wird der Grosse Madagaskar Taggecko untersucht und in der anderen die biologische Kontrolle von möglichen Schädlingen.

Die Halle, ein Publikumserfolg

Doch die Halle zieht nicht nur die Studenten an, sondern auch einen wahren Besucherstrom. Bereits gut zwei Monate nach der Eröffnung haben gemäss einer Medienmitteilung des Zoos 235'000 Personen die Halle besucht. Bauert ist aber nicht nur von dieser Zahl überrascht. Ihn beeindruckt auch, wie wenig die Pflanzen beschädigt werden und wie rege die Besuchenden das Infozentrum benutzen. Insofern hofft er auch, dass die Halle ihrem Naturschutzauftrag gerecht wird.

Ein echter Schutz kann für ihn nur entstehen, wenn man die grösseren Zusammenhänge sieht. Erst wenn die Leute begreifen, dass ihr Vanille- oder Margarinekonsum einen Bezug zu Madagaskar hat, dann kommt es vielleicht auch zu einer Verbesserung für die dortige Bevölkerung und Natur. Für Bauert ist ganz klar, dass eine Halle allein die Biodiversität eines Regenwaldes nicht schützen kann. „Unsere Masoala Regenwald ist ein Botschafter für Madagaskar und den Naturschutz. Zudem fliesst ein Teil des Umsatzes im Shop und Restauarant in einen Fonds für Naturschutzprojekte im Masoala Nationalpark und seiner Umgebung.“ Die Frage, ob die neue Errungenschaft des Zoos denn nun etwas Künstliches oder Natürliches sei, lässt den Kurator mehr zögern. Statt einer direkten Antwort erzählt er von Robert Rajaonarison, dem Direktor des Masoala-Nationalparks. Dieser sei nach der Eröffnungsfeier mit ihm in die Halle gegangen und hätte zu ihm gesagt: „Es ist wie zuhause.“


Fussnoten:
(1) Masoala-Regenwald: www.masoala.ch/



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