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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 19.12.2002 06:00

Gründung der Forschungsstiftung Mobilkommunikation
Teamwork beim Mobilfunk

Die Forschungsstiftung "Mobilkommunikation" untersucht die Chancen und Risiken der Mobilkommunikation. In ihr sind Wissenschaft, Behörden, Umweltverbände und Industrie vertreten, was zu einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen den Interessensgruppen führen soll. Die Gegner der Mobilkommunikation hingegen sehen die Gefahr der Manipulation der Forschung.

Von Roberto Stefàno

Die Forschungsstiftung Mobilkommunikation (1) soll die wissenschaftliche Forschung zu Chancen und Risiken der Mobilkommunikation sowie die Verbreitung der daraus gewonnenen Erkenntnisse fördern. Sie ist aus einer bestehenden Zusammenarbeit zwischen der ETH Zürich und diAx (Sunrise) hervorgegangen und wird nun zusätzlich von Orange, der Swisscom und 3G Mobile getragen. Die jährlichen Aufwendungen belaufen sich auf rund 800'000 Franken.

Eine solche finanzielle Unterstützung ist den Mobilfunk-Kritikern jedoch ein Dorn im Auge. "Die Forschungsstiftung ist bis auf den letzten Rappen gesponsert. Deshalb sind auch deren Resultate vorgesteuert und unehrlich", ist Hans-Ulrich Jakob überzeugt. Der Präsident der schweizerischen Interessengemeinschaft Elektrosmog-Betroffener (2) hat überhaupt keine Freude an der anfangs Oktober gegründeten Stiftung. Er vermutet die vollständige Vereinnahmung der Forschung durch die Industrie. Doch sind diese Ängste tatsächlich begründet? Tanzt die Forschung nun nach der Pfeife der Wirtschaft?

Kein neues Modell

"Die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft hat vor allem in den Ingenieur-Disziplinen eine grosse Tradition an der ETH", erklärt Gregor Dürrenberger vom Institut für Feldtheorie und Höchstfrequenztechnik. Der Geschäftsführer der Forschungsstiftung Mobilkommunikation sieht keinen Unterschied zu anderen Kooperationen, die sich an der ETH bereits während Jahren bewährt haben und wovon es die unterschiedlichsten Ausprägungen gibt.

ETH-Forscher Gregor Dürrenberger setzt sich für die Kommunikation zwischen den Interessensgruppen ein.

Die Extrempole reichen von der Industrieförderung, die wie Auftragsforschung funktioniert und bei der die Industrie sämtliche Resultate in Anspruche nehmen kann, bis hin zur unabhängigen und autonomen Forschung der Hochschulen.

Da es sich im Gebiet der Mobilfunkforschung um einen politisch sensiblen Bereich handelt, steht bei der Stiftung die Forschungsfreiheit besonders im Mittelpunkt. "Bei unserer Zusammenarbeit haben wir sehr darauf geachtet, dass die Forschungsresultate nicht in der Schublade verschwinden können, auch wenn die Ergebnisse unangenehm für die Industrie sein sollten", stellt Gregor Dürrenberger klar. Es besteht sogar eine vertraglich festgesetzte Publikationspflicht. Denn die Veröffentlichung liegt schliesslich im Interesse der Scientific Community.


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Die Mobilkommunikation bringt nicht nur Vorteile.

Stiftung für die Unabhängigkeit

Die Förderung der Unabhängigkeit war ein weiterer Grund, weshalb eine gemeinnützige Stiftung ins Leben gerufen wurde. Denn dadurch unterliegt sie der Aufsicht der Eidgenössischen Direktion des Inneren (EDI) (3). Zudem wird, wie bei allen juristischen Personen dieses Typs, bei ihrer Schaffung eine Gründungsurkunde mit dem genauen Auftrag der Stiftung erstellt.

Stein des Anstosses: Mobilfunkantennen erhitzen die Gemüter.

Gregor Dürrenberger sieht noch einen weiteren Vorteil zur Sicherung der Unabhängigkeit in einer Stiftung: "Es gibt eine Trennung zwischen der Finanzierung und der Forschung: Der Stiftungsrat legt die Gesamtausrichtung fest und der wissenschaftliche Ausschuss entscheidet über die Projekte." Während der Ausschuss einzig aus Wissenschaftlern besteht, nehmen im Stiftungsrat neben vier Forschungsvertretern je ein Vertreter des Bundes, der Umweltverbände und der Industrie Einsitz. Die Einbindung der Umweltverbände im Stiftungsrat unterstützt auch Hans-Ulrich Jakob. Doch der Vertreter der Elektrosmog-Betroffenen ist skeptisch, ob die richtigen Personen gewählt wurden: "Vermutlich handelt es sich dabei um ,Kompromissler' und ,Anpasser'. Letztlich regieren diejenigen Parteien, welche das Geld einbringen."

Interessenspartner an einem Tisch

"Bei meiner Arbeit in der Forschungskooperation mit diAx habe ich schnell einmal gemerkt, dass eine Plattform nötig wäre, auf der alle Interessenspartner vertreten sind", erzählt Gregor Dürrenberger. Mit der Schaffung der Stiftung ist es ihm gelungen, auch kritische Stimmen im Stiftungsrat einzubinden und ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis aufzubauen. "Nun kann man sagen, dass die ganze Branche an der Sache interessiert ist und dass sich auch die Bundesbehörden und die Umweltverbände einbringen", stellt der Wissenschaftler fest. Übergangen fühlt sich jedoch Hans-Ulrich Jakob: "Man sollte alle Gruppen einbeziehen. Auf uns ist jedoch niemand zugekommen."

Seit April 2002 gelten nun neue Vorschriften des BUWAL (4) zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte. Darin sieht Gregor Dürrenberger eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den Kontrahenten: "Jetzt weiss man, woran man ist und braucht sich deshalb nicht mehr in einem politischen Grabenkampf zu verkriechen."


Literaturhinweise:
Informationsplattform zum Thema Elektromagnetische Felder (EMF) www.emf-info.ch
ETH Life Artikel zum Thema: Geld trifft Geist: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/partnerschaftindust.html
ETH-Bulletin: Freie Forschung oder verlängerte Werkbank?
ETH-Bulletin: Die Forschungskooperation "Nachhaltiger Mobilfunk"

Fussnoten:
(1) Forschungsstiftung Mobilkommunikation im Internet: http://www.ifh.ee.ethz.ch/Microwave/reco
(2) Schweizerische Interessensgemeinschaft Elektrosmog-Betroffener: http://www.gigaherz.ch
(3) Eidgenössisches Departement des Innern: http://www.edi.admin.ch/d/index.htm
(4) Richtlinien des BUWAL betreffend die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte: http://www.umwelt-schweiz.ch/buwal/de/fachgebiete/fg_nis/vorschriften/anforderungen/mobilfunk/



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