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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 13.09.2006 06:00

Enthüllung der NOVA - ein ETH-Jubiläumsprojekt für die Öffentlichkeit
Forschung zum Staunen

Es ist das weltweit erste dreidimensionale Farbdisplay. Mit der 25 Kubikmeter grossen NOVA setzt die ETH Zürich am Zürcher Hauptbahnhof ein spektakuläres Zeichen des Dialogs der Hochschule mit der Bevölkerung. Die Installation sei eine Geste der ETH an jene, die sie unterstützen, sagte ETH-Präsident Ernst Hafen anlässlich der Enthüllung von gestern Dienstag. NOVA helfe, das Verständnis zwischen Naturwissenschaft und Technik einerseits und Geistes- und Sozialwissenschaften andererseits zu verbessern.

Norbert Staub

Scheinbar schwerelos schwebt die künstliche Wolke in der Wannerhalle des Hauptbahnhofs – kaum zu glauben, dass die Installation samt Aufhängung sechs Tonnen wiegt. Der Blick Hunderter von Passanten richtet sich in die Höhe, als Helfer die NOVA mit langen Seilen aus einer raffinierten Verpackung ziehen und sie dann loslegt mit ihrem Farbenspiel, begleitet von einer futuristischen Performance. Zusammengesetzt ist der Quader (Grösse: 5 x 5 x 1 Meter) aus 25’000 Lichtkugeln, die einzeln angesteuert werden können. Jede der Kugeln ist bestückt mit einem Mikroprozessor. Sie sind in der Lage, mehr als 16 Millionen Farben zu generieren, und dies zwei- oder dreidimensional. Bilder, Fotos, Bewegungen, ja Filme können so in verblüffend deutlicher Auflösung abgespielt werden. Möglich macht dies eine Erneuerungsfrequenz von 25 Bildern pro Sekunde, was derjenigen eines TV-Geräts entspricht.

Schnittpunkt von Natur und Technik, Geist und Kunst

„Wir wollen den Appetit auf Wissen anregen“, erklärte Ernst Hafen gegenüber den Medien anlässlich der Präsentation von NOVA im Zürcher Hauptbahnhof. Mit der neuartigen Konstruktion setze die ETH ihren Dialog mit der Bevölkerung fort – ein strategisches Anliegen, für welches im vergangenen Jubiläumsjahr etwa mit den „Welten des Wissens“ deutliche Zeichen gesetzt wurden. NOVA stellt für den ETH-Präsidenten auch eine Brücke dar zwischen der Sphäre der Exakten Wissenschaften einerseits und jener der Kunst, der Geistes- und Sozialwissenschaften andererseits: „NOVA soll eine Plattform für den so wichtigen Dialog zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur sein. Naturwissenschaften und Technik werden erst dann vermittelbar, wenn wir sie in einen gesellschaftlich-kulturellen Rahmen setzen. Und das tut dieses Projekt in exemplarischer Weise“, sagte Ernst Hafen.

Signal am Treffpunkt der Schweiz

Als ein „symbolisches Hinuntersteigen der ETH zu den Pendlern“ bezeichnete Urs Schlegel das neue Objekt im HB. Er ist Leiter Immobilien bei den SBB, einem der grossen Partner des ETH-Jubiläums. Der High-Tech-Blickfang NOVA passe an diesen wohl wichtigsten Knotenpunkt des Landes, wo die Themen Begegnung, Kultur (Niki de Saint Phalles Schutzengel und Mario Merz' "Philosophisches Ei") sowie Dienstleistung dominierten. ETH und SBB seien beide in den Gründungsepoche der Schweiz entstanden und zu "institutionalisierten Standortvorteilen" geworden, ergänzte SBB-Verwaltungsratspräsident Thierry Lalive d'Epinay. Die Verbindungen erstreckten sich auch auf die heute knappen Finanzen, aber vor allem auf den intensiven Wissenstransfer ETH-SBB.

In seiner Grussadresse sagte der Zürcher Stadtpräsident Elmar Ledergerber, dass die ETH mit NOVA noch einmal einen Schritt mehr auf die Bevölkerung zu mache: „Es ist entscheidend für die Prosperität der ETH und damit auch Zürichs, dass sie ihre Leistungen öffentlich zeigt und Interesse weckt.“

Einen emotionalen, künstlerischen, eher ruhigen und kommerzfreien Auftritt hatten sich einer Umfrage zufolge die Reisenden gewünscht, erinnerte sich Meinrad Eberle, der Jubiläumsdelegierte und Initiator des Projekts. Also arbeitete man seit 2003 in diese Richtung, allerdings mit einer Auflage: „Der Hintergrund muss zur ETH passen, also High-Tech sein“, so Eberle, der betonte, dass sämtliche Kosten – es sind rund zwei Millionen Franken – durch Sponsoring zusammenkamen. (1)

Symbol der „Dritten Kultur“

Die Grundidee zu NOVA stammt von Martina Eberle, der Tochter des Projektleiters. Sie ist Grafik-Designerin und Spezialistin im Bereich Neue Medien, hat einen MBA der Columbia University und unter anderem am künstlerischen Auftritt der Expo.02 gearbeitet. Ihr Konzept stach aus einer Reihe von Vorschlägen heraus, die anonym präsentiert wurden, wie Meinrad Eberle klarstellte.

Sie habe sich von C.P. Snows These von der „Dritten Kultur“ (1963) inspirieren lassen, erläuterte Martina Eberle. (2) Snow glaubte zu erkennen, dass eine neue Generation von Wissenschaftlern heranwächst. Diese sei dazu berufen, die Kommunikationslücke schliessen, die zwischen den zwei traditionellen Kulturen – den literarisch gebildeten Intellektuellen einerseits und den Naturwissenschaftlern andererseits – vorherrschte.


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Leistungsschau und Plattform für den Austausch mit der Öffentlichkeit: NOVA ist ein Kristallisationsgefäss zentraler ETH-Anliegen. gross

Forschung zum Fliegen gebracht: Montage der NOVA hoch über den Köpfen der Reisenden in der Wanner-Halle. gross

Jede der 25'000 Lichtkugeln ist mit einem Prozessor bestückt, der mit den anderen Kugeln kommuniziert. gross

Eberle: „Nova ist eine Plattform, wo in Anlehung an Snow universale Bilder von unserer Welt gezeigt werden können. Inhaltliche Kategorien verschwinden, ebenso die vermeintlich scharfen Grenzen zwischen den Wissensgebieten, aus welchen die Bilder stammen.“

Wer aber doch genauer wissen will, aus welchen „Küchen“ die Visualisierungen stammen, kann sich via Info-Konsole in der Zone des Gruppentreffpunkts orientieren. In einer ersten Phase werden durchweg in Bilder umgesetzte Resultate aus zahlreichen ETH-Instituten gezeigt werden, etwa aus der Klimatologie, der Astrophysik, der Biochemie oder der Fluiddynamik. Mit der Zeit soll, ganz im Sinne des intendierten Dialogs, die partizipative Seite ausgebaut werden: „Wir sind, ausser für kommerzielle Zwecke, offen für Kooperationen. Aus der Film- und Kunstszene zum Beispiel wurde bereits grosses Interesse signalisiert, für NOVA Inhalte zu produzieren“, so Martina Eberle.

„Etwas verrückt“

In Sachen Software hatte Christoph Niederberger vom Computer Graphics Lab der ETH bei NOVA die Fäden in der Hand. „Knacknuss für die Bildgebung war, das richtige Verhältnis von Leuchtkörper-Grösse und deren Abstand untereinander zu finden.“, so Niederberger. NOVA besteht aus 100'000 Farb-LEDs und insgesamt 300’000 einzelnen LEDs. Jede Sekunde fliessen ungefähr 32 Mbit Daten. „Ein etwas verrücktes Projekt“ sei das, meinte der für die Hardware-Seite Zuständige Anton Gunzinger, ETH- Professor für Elektrotechnik und Unternehmer mit der Firma Supercomputing Systems. „Die maximale Leistungsaufnahme der NOVA beträgt 64 Kilowatt. Die Temperatur und die Verkabelung der NOVA mit ihren 25'000 Prozessoren war enorm anspruchsvoll“, so Gunzinger. "Wir sind glücklich, dass wir das alles in den Griff bekommen haben." Nun haben die rund 300'000 Reisenden, die täglich den Zürcher Hauptbahnhof frequentieren, während drei Jahren Gelegenheit, die sich ständig wandelnden Inszenierungen zu verfolgen.


Literaturhinweise:
Zur Website des ETH-Jubiläums 2005: www.150jahre.ethz.ch

Fussnoten:
(1) Hinweise dazu und weitere Details zum ETH-Jubiläumsprojekt NOVA siehe unter: www.nova.ethz.ch/
(2) Über Charles Percy Snow, die These von der "Dritten Kultur" und die Debatte, die sich darüber entwickelte siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Die_dritte_Kultur



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