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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 10.05.2002 06:00

Kalt und warm in der Antarktis
Ozonloch und Temperaturabnahme

Das Ozonloch soll für die Abkühlung der Antarktis verantwortlich sein. Dies behauptet eine aktuelle US-Studie. Ein Klimaexperte der ETH gibt Auskunft dazu und erläutert die Rolle des Ozons in Bezug auf das Klima.

Von Nana Pernod

Medienberichten vom vergangenen Freitag zufolge ist in der Antarktis erneut ein riesiges Stück Festeis - etwa von der Grösse des Bodensees - abgebrochen und ins Meer gestürzt. Bereits vor wenigen Wochen wurde der Abbruch eines solchen gigantischen Eisschildes registriert. Diese Ereignisse, heisst es häufig, seien eine Folge der Klimaerwärmung. Umso mehr überrascht nun, dass US-Forscher im Wissenschaftsmagazin "Science" kürzlich zeigten, dass sich der Grossteil der Antarktis nicht erwärmt, sondern abkühlt. Verantwortlich dafür soll das Ozonloch sein - ein Phänomen, das man gemeinhin nur mit zusätzlicher UV-Strahlung in Verbindung brachte.

Atsumu Ohmura, Professor für Physische Geographie am Institut für Atmosphäre und Klima der ETH, nimmt dem gegenüber für ETH Life Stellung und erläutert aus seiner Sicht den Einfluss des Ozons auf das Klima.

Klima und Industrie

Laut Ohmura ist die Behauptung, das Ozonloch sei verantwortlich für die Abkühlung der Antarktis, wissenschaftlich inkorrekt. "Diese Behauptung ist ein Beispiel, wie die Politik die Wissenschaft beeinflussen kann", so Ohmura. Viele der US-amerikanischen Klimaforscher würden den wachsenden anthropogenen Treibhauseffekt und damit den Anstieg der Temperaturen zum Beispiel auch in Grönland abstreiten.

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Stellt die Abkühlungsthese in Frage: ETH-Klimaforscher Atsumu Ohmura.

Die US-amerikanische Industrie sei hinsichtlich der Abkühlungsthese "positiv gestimmt", denn: so würde der beschleunigte Verbrauch fossiler Brennstoffe in der US-Industrie nicht in Frage gestellt.


Glossar

Ozon (O3) ensteht, wenn sich ein Sauerstoffatom (O) mit einem Sauerstoffmolekül (O2) chemisch verbindet.

Ein Eisschild ist eine grosse flächenhafte Vergletscherung von kontinentalem Ausmass. In den Eiszeiten war Nordeuropa von einem einzigen grossen Eisschild bedeckt. Heute finden sich Eisschilde in Grönland und der Antarktis.




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ozone hole
Umstrittene Rolle in der Klimadebatte: Ozonloch über der Antarktis im September 2000 (Bild: NASA). gross

Die Messwerte, auf die sich Ohmura in seiner Aussage stützt, seien gut belegte wissenschaftliche Fakten. Diese zeigen, dass in den letzten 15 bis 20 Jahren die Temperaturen in der Antarktis stiegen.

Gut erforschte Antarktis

Seit 1956 seien zwölf Nationen dabei, das Klima dieser Region zu untersuchen. "Die Antarktis ist eines der am besten erforschten Gebiete in Bezug auf die Geschichte der Temperaturentwicklung", so Ohmura. Es sei immer eine schwierige Frage, langfristige Trends bei der Temperatur zu finden, weil kurzfristige Schwankungen in der Atmosphäre dominierend seien, so Ohmura. Die Temperaturvariabilität über der Antarktis sei im Jahre 2000 und 2001 tatsächlich unterdurchschnittlich gewesen.

Wie die Messdaten zeigen, sei ein langfristiger Trend zur Abkühlung nicht zu belegen. Ohmura nennt ein Beispiel: die Temperatur der antarktischen Eisschilde. In der Forschungsstation Vostok (78.4° S 106.9° E, Antarktis) sei die Temperatur um drei Grad wärmer als die abgeleitete mittlere Temperatur von den obersten 50 Meter eines Eisbohrloches, das zur Temperaturmessung diene. Dies sei ein Zeichen, dass die jetzige Temperatur höher als in den vergangenen Dekaden gewesen sei, so Ohmura.

Zwei entgegengesetzte Mechanismen

Eine Frage stellt sich: Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Ozongehalt und der Klimaabkühlung? Ohmura nennt als Antwort zwei entgegengesetzte Mechanismen, die wirksam seien. Einerseits werde die Abkühlung der Erdoberfläche möglich, da die Abnahme des Ozongehaltes in der Stratosphäre eine geringe Abnahme der Infrarotstrahlung auf die Erdoberfläche verursache - diese betrage weniger als zwei bis drei Watt pro Quadratmeter. Doch dieser Einfluss sei numerisch so klein, dass er für eine wirksame Abkühlung zu vernachlässigen sei.

Andererseits verursache die Abnahme des Ozongehaltes eine Zunahme der UV-Strahlung. Dies beschädige das Ökosystem in dem Masse, dass die CO2-Assimilation in der Pflanzenwelt reduziert werde. Als Ergebnis nimmt der CO2-Gehalt zu. Dies kann eine grössere Temperaturzunahme induzieren als der erste erwähnte Mechanismus.

Dies zeige, so Ohmura, dass die Behauptung der Abkühlung eine Erkenntnisschwierigkeit enthalte, die auf wissenschaftliche Fakten zurückgeführt werden könne. Als Konsequenz davon stehe die Erklärung der Ozonabnahme in Konflikt mit den physikalischen Tatsachen, so Ohmura. - Also: Die Klimaforscher sind weiter gefordert...


Literaturhinweise:
Website der Forschungsprojekte des Instituts für Atmosphäre und Klima: www.iac.ethz.ch/



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