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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 26.05.2004 06:00

Wolfgang Pauli Vorlesungen 2004
Viel Lärm bei Genomen

„How to read Genomes“ hiess der erste Vortrag der diesjährigen Wolfgang Pauli Vorlesungen(1). Nobelpreisträger Sydney Brenner blickte am Montagabend zurück in die Geschichte der Genetik, sprach über Junk-DNA und landete schliesslich bei seinem neuen Lieblingsorganismus, dem Fugufisch.

Von Christoph Meier

Einen Blick zurück - nicht im Zorn, sondern mit Begeisterung und Witz - warf am Montagabend der Nobelpreisträger Sydney Brenner in die Geschichte der Genetik. Dass der Forscher locker in diese Vergangenheit zurück schauen kann, verwundert nicht bei seinen grossen Beiträgen in diesem Gebiet. So war es Brenner, der die Existenz der Boten-RNA etablierte und nachwies, dass deren Abfolge die Ordnung der Aminosäuren in Proteinen bestimmt. Der Wissenschaftler brachte auch den Fadenwurm Caenorhabditis elegans auf die Forscheragenda. Anhand der Wurmforschung gewann man dann viele Einsichten in Alterungsprozesse, Nervenzellfunktion und den kontrollierten Zelltod.

Mutantenjäger

Bei seiner ersten Vorlesung innerhalb der Wolfgang-Pauli Vorlesung ging Sydney Brenner aber noch vor sein wissenschaftliches Wirken zurück bis zum Vater der Genetik, Gregor Mendel. Mit ihm begann gemäss dem Nobelpreisträger die Jagd auf Mutanten. Diese sei weiter verfeinert worden. Aber erst durch die Ankunft der Molekularbiologie in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts konnte die Genetik in eine neue Dimension vordringen. Mit dem direkten Zugang zum Erbmaterial sei "die Genetik vom Züchten befreit worden". Brenner betonte, dass mit der Sequenzierung der DNA eine universelle Methode bereitgestellt wurde.

Abfall in den Genomen

Das Sequenzieren führte zu vielen Daten und verlangte gemäss Brenner auch den Einsatz des Computers als Werkzeug der Genetiker. Der Nobelpreisträger konnte sich dabei nicht verkneifen anzufügen, dass für ihn die Bioinformatik keine Wissenschaft sei, sondern ein „Zweig der Bibliotheksstudien“, bei denen der wichtige Aspekt des Experimentes fehle. Zurück bei den Sequenzen ging Brenner auf die Abschnitte ohne erkennbare Bedeutung ein, die Junk-DNA, die bei höheren Organismen häufig einen grossen Teil des Genoms ausmacht. Der Wissenschaftler war der Ansicht, dass das Argument „Wenn etwas nicht eliminiert worden ist, hat es einen Wert“ schwach sei. Besser betrachte man die Junk-DNA als Abfall, der noch nicht weggeworfen worden sei.


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Sprach über das Lesen von Genomen: Nobelpreisträger Sydney Brenner. gross

Genetisch interessante Delikatesse

Doch es gibt Organismen, die mit wenig DNA-Abfall belastet sind. Diese finden sich nicht nur bei Bakterien. Sondern es gibt auch ein Beispiel bei den Wirbeltieren. Der Fugufisch, hochgiftig aber nach entsprechender Zubereitung eine Delikatesse, interessiert darum neben den Feinschmeckern auch die Biologen, insbesondere Sydney Brenner. Der Forscher erzählte, wie er mit dem Genomprojekt zum Fugufisch zuerst auf Skepsis gestossen sei. Doch Brenner blieb von seinem neuen Modellorganismus überzeugt. Denn mit vergleichbar vielen Genen wie der Mensch aber einer Grössenordnung weniger DNA eignet sich das Tier, um grundlegende Entwicklungsschritte bei Wirbeltieren zu erforschen. Grundsätzlich sollte man nach Brenner bei Genomen vermehrt den Fokus auf die Konstanz im Meer des Lärms richten, und nicht wie bis anhin nach Abweichungen im See der Konstanz suchen.

Brenner betonte zum Schluss noch einmal die Wichtigkeit von einzelnen funktionellen Analysen, die auch durch verschiedene High-Throughput-Analysen nicht ersetzt werden könnten. Insgesamt erwies sich der Nobelpreisträger als ein Biologe mit pointierter Meinung, wobei viele seiner Standpunkte nicht zum ersten Mal gehört wurden.

Sydney Brenner wird am Donnerstag noch seinen letzten Vortrag innerhalb der Wolfgang Pauli Vorlesungen halten zum Thema „Theoretical Biology in the Next Decade“.


Fussnoten:
(1) Wolfgang Pauli Vorlesungen: www.math.ethz.ch/news_events/pauli04



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