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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 15.02.2002 04:00

Spiro Pollalis interimistischer Leiter des ETH World Center
"Das Center soll Grenzen verschieben"

Er ist Harvard-Professor und für ein Jahr zu Gast an der ETH. Der griechischstämmige Spiro Pollalis, Leiter der Harvard-Architektenschmiede, folgt Maia Engeli interimistisch in der Leitung des ETH World Center. - Jener Schaltstelle, die dem virtuellen ETH-Campus konkrete Gestalt verleiht. Welche Ziele Pollalis verfolgt, verriet er ETH Life in folgendem Interview. (Click here for the english version.)

Interview: Norbert Staub

Herr Pollalis, welche ETH-World-Projekte planen Sie während der Zeit Ihres Aufenthalts hier in Zürich speziell voranzutreiben?

Spiro Pollalis: Ich sehe das ETH World Center als Vehikel der Integration für die Projekte. Gleichzeitig muss das Center als Beispiel dafür dienen, wie Dinge umgesetzt werden können, als eine Art Tor zur Welt. Ich möchte hier zudem einen attraktiven Ort schaffen, wo der wir der ETH-Community neue Technologien vorstellen können. Und ich möchte mit der Einführung des integrierten virtuellen Campus beginnen, der für die ETH World-Vision zentral ist. Konkret möchte ich die Ideen aus dem ETH-World-Wettbewerb umsetzen, mit Betonung auf der Lehre und der Zusammenarbeit.

Welches sind die Grundideen, die Sie für ETH World motivieren?

ETH World zielt darauf ab, die Qualität der Arbeit an der ganzen ETH mittels Informationstechnologie zu verbessern. Gleichzeitig sollen der persönliche Austausch und die Mobilität der ETH-Community erhöht werden. In der Lehre sollten wir an einen Punkt gelangen, wo ein(e) Studierende(r) Zugriff zu allen Vorlesungen und zu allen Informationen hat, die er oder sie jemals braucht. Und zwar über eine einfache Schnittstelle, die auf alle relevanten Datenbanken zugreift. Überhaupt sollte alles Kursmaterial offen und für alle verfügbar sein. Denn das Kapital von Universitäten wie der ETH liegt nicht beim Lehrmaterial, sondern im Humanpotenzial und in der Art und Weise, wie der Lehrkörper dieses Material analysiert und synthetisiert. Der Stoff selbst sollte für jedermann und überall in der Welt zugänglich sein.

Es hat während der letzten Monate einige Turbulenzen in den ETH-World-Organisation gegeben. Man konnte sie als Folge eines "philosophischen" Dissenses sehen: hier Spitzenprojekte für wenige, dort ein langsamerer Fortschritt, so dass alle gleichzeitig profitieren können. Welchen Weg bevorzugen Sie?

Wir können nicht nur dem einen oder anderen Approach folgen. Wir benötigen beide. - Einen Mainstream, der die Bedürfnisse aller abdeckt, sowie avancierte Projekte, um Inspiration und Vision aufrecht zu erhalten. Unser Bestreben im ETH-World-Center sollte eher das Verschieben der Grenze sein. Jedoch sollten wir uns nur auf solche Projekte einlassen, die in naher Zukunft durchführbar sind und allen zugute kommen. Wenn die Technologie, das Potenzial, und die Limiten solch hoch entwickelter Projekte einmal verstanden sind, sollten sie anderen übertragen werden, die die Mittel haben, sie breit umzusetzen.


Spiro Pollalis

Spiro N. Pollalis, geboren 1954, ist seit 1986 Professor für Design Technology and Management an der Harvard Design School. He liess sich an der Technischen Universität Athen zum Bauingenieur ausbilden und wechselte anschliessend ans MIT in Boston, wo er einen Master- sowie einen Doktortitel erwarb. An der Northeastern University folgte dann ein MBA. Sein Spezialgebiet ist Planungs- und Informationstechnologie, und in Forschung und Lehre beschäftigt er sich hauptsächlich mit dem Einfluss der Informationstechnologie auf den Planungssektor und die Bauindustrie sowie mit Internet-basiertem Lernen. Spiro Pollalis ist Direktor des Harvard-Centers für Design-Informatik.




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prof spiro pollalis
Konsequentes Nützen von Informationstechnologie verstärkt den persönlichen Kontakt, sagt ETH-World-Center-Leiter und Harvard-Professor Spiro Pollalis. gross

Wenden Sie bereits Ideen von ETH World in Ihrem eigenen Unterricht an?

Ja. An meinem aktuellen Kurs zum Thema Projektmanagement beteiligen sich Leute von vier verschiedenen Orten: ETH, Delft, Bilbao und Harvard. Wir arbeiten über das Computernetz synchron und asynchron zusammen. Die Lektionen finden via Video-Konferenz statt. Meine Vorlesungen können modulweise in streamed video von der Website des Kurses heruntergeladen werden. Wir kommunizieren online, und die Studierenden geben ihre Papers in elektronischer Form ab. Die Arbeitsgruppen sind mit Leuten aller vier Standorte zusammengesetzt. - Es geht hier nicht nur um "Distance Learning". Der Kurs will die Technologie ausreizen, um langfristig die Interaktion bei allen Vorlesungen zu verbessern, egal, ob diese Interaktion nun auf den Campus beschränkt ist oder nicht.

"Neptun" - die Förderung von günstigen Laptopangeboten - gehört zu ETH World und interessiert besonders Studierende sehr. Wie denken Sie darüber?

"Neptun" ist für ETH World strategisch zentral. Die zwingende Verbindung von Arbeiten und Lernen mit dem physischen Raum sollte künftig aufgelöst werden. Laptops erlauben uns, in diese Richtung zu gehen. Laptops werden die schwerfälligen Desktops ersetzen. Und in einigen Jahren werden heutige Laptops ebenfalls ersetzt werden, durch miniaturisierte Clients und Wearables (ein starker Forschungszweig an der ETH), und Spracherkennung wird Standard werden.

Sie legen viel Wert auf Kommunikationstechnologie. Manche argumentieren aber so: je mehr IT im Gebrauch ist, umso unpersönlicher wird die Kommunikation.

Da bin ich anderer Meinung. Die Technologie ist neutral, es hängt davon ab, wie sie verwendet wird. So wie ich sie nutze, verstärkt sie den persönlichen Kontakt enorm. Die Studierenden haben besseren Zugang zu mir, weit über Bürozeiten und Vorlesungen hinaus und egal, wo ich mich befinde. Sie haben jederzeit Zugang zum Kursmaterial und zu ihren Kommilitonen. Es ist falsch, zu denken, dass es nur die Wahl zwischen Video-Conferencing und dem direkten Gespräch gibt. Wenn ich auf dem Hönggerberg bin, kann ich physisch mit Leuten auf dem Campus in Verbindung treten, und fast gleichzeitig kann ich eine Sitzung mit meinen Kollegen in Lausanne, in Harvard und im Zentrum haben. Zudem: die Qualität der Interaktion ist ausgezeichnet.

Jedoch: was würden Sie Professoren sagen, die bei ihren traditionellen Methoden bleiben möchten?

Ich bin gegen jede erzwungene Lösung. Wir sollten die Technologie zugänglich machen für die, die sie verwenden möchten. So würde ich zu ihnen sagen: "Bleiben Sie bei Ihren Methoden, Sie sollten nicht ändern, was gut funktioniert!" Doch wenn ein Professor nicht völlig zufrieden ist mit dem, was er oder sie tut und wenn es Raum für Verbesserungen gibt, sollten sie sich fragen, wie IT helfen kann, ihre Ziele zu erreichen. Ich richte meinen Blick jedoch auf die kommende Studenten- und Professorengeneration. Diese sind mit Elektronik aufgewachsen. An ihre Universität haben sie hohe Erwartungen. Wenn wir diesen nicht entsprechen, droht eine gefährliche Kluft zwischen der neuen Generation und der Hochschule.




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