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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 30.11.2004 06:00

Manipulation von Quantenzuständen
Ein Blick in den Quantendot

Forscher der ETH Zürich sind einen kleinen Schritt vorgerückt auf dem Weg Quantendots lokal zu untersuchen. In den Physical Review Letters beschreiben sie eine Methode, die helfen kann, Quantendots für die Quanteninformationsverarbeitung masszuschneidern.

Von Michael Breu

Unsere Computer, egal ob Mac oder PC, funktionieren nach den Gesetzen der klassischen Physik. „Die Information wird in Bits gespeichert, die die Werte ‚0’ und ‚1’ annehmen können“, erklärt Klaus Ensslin, Professor für Experimentalphysik am ETH-Laboratorium für Festkörperphysik (1). Die Bits werden anschliessend von Halbleitertransistoren verarbeitet. „Dieses einfache, aber erfolgreiche Konzept kann auf immer kleinerem Raum technologisch realisiert werden und steckt hinter den Fortschritten der Informationstechnologie. Mit kleiner werdenden elektronischen Bauelementen gelangt man vom Mikrometer zum Nanometer. Die kleinsten heute bereits in der Industrie realisierten Strukturgrössen bewegen sich im Bereich von 10 nm.“ Diesem quantitativen Wettlauf in immer kleinere Dimensionen stehe ein grundsätzlich anderer Ansatz gegenüber, erklärt Ensslin: „Statt einer quantitativen Verbesserung der Rechenleistung eines Computers geht es um die grundsätzlich andere Verarbeitung von Informationen, der so genannten Quanten-Informationsverarbeitung“. Aus den klassischen Bits werden Quantenbits (kurz Qubits genannt), die entsprechend den Gesetzen der Quantenmechanik aus einer Überlagerung von Zuständen bestehen können, einer Überlagerung von „0“ und „1“. Diese neuartige Form der Informationsverarbeitung wird bestimmte Probleme lösbar machen, die für herkömmliche klassische Computern prinzipiell nicht lösbar sind.

Das Laboratorium für Festkörperphysik der ETH Zürich betreibt Grundlagenforschung im Hinblick auf die Realisierung von Qubits für einen zukünftigen Quantencomputer. Bereits mehrfach machten die ETH-Forscher auf sich aufmerksam, zum Beispiel vor drei Jahren, als sie eine nanometergrosse Ringstruktur auf Halbleiterbasis herstellten und daran die Energie-Quantisierung untersuchten (Nature, 2001, 413: 822).

Jetzt ist es der Gruppe um Thomas Ihn und Klaus Ensslin gelungen, eine Methode zu beschreiben, die eine lokale Untersuchung und Manipulation von Quantendots erlaubt. Quantendots, auch „künstliche Atome“ genannt, werden von den Forschern als mögliche Bauteile für den Quantencomputer vorgeschlagen. In ihrer Arbeit konnten die Forscher zeigen, dass in einem Quantendot einzelne Elektronen durch das Bewegen der Spitze eines Rasterkraftmikroskops manipuliert werden können. Dabei haben die Forscher die Potential-Landschaft ausgemessen, welche das Wechselwirkungspotential zwischen Spitze und den einzelnen Elektronen bildet.


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Leitfähigkeitsmuster eines Quantendots, gemessen durch Veränderung der Position und Spannung einer Rasterkraftmikroskopspitze. Die ringförmigen Muster zeigen an, dass durch die Bewegung der Spitze einzelne Elektronen aus dem Quantendot gedrückt werden, der sich im Regime der sogenannten Coulomb-Blockade befindet. Mit zunehmender Spannung auf der Spitze (oben links) wird das Muster aufgrund von Wechselwirkungseffekten kompliziert. gross

Die in den Physical Review Letters (2)veröffentlichte Arbeit zeigt: Ist die Spitze weit weg vom Quantendot, so hat sie wenig Einfluss auf dessen Leitfähigkeit; kommt die Spitze näher, wird die potentielle Energie der Elektronen im Quantendot erhöht und die Elektronen beginnen eines nach dem anderen den Quantendot zu verlassen. Das beschriebene Experiment mit dem Rasterkraftmikroskop gibt somit einen lokalen Zugang zu den Quantendots. Thomas Ihn vom ETH-Laboratorium für Festkörperphysik und Mitautor der Studie bezeichnet die Arbeit im Gespräch mit ETH Life als „kleinen Schritt auf dem Weg zum Quantencomputer“.


Sieben Qubits

(mib) Noch stehen die Forscher auf dem Weg zum Quantencomputer ganz am Anfang. Erstmals war von einem Computer, der mit Hilfe der Quantenmechanik rechnet, 1981 die Rede – Physiknobelpreisträger Richard P. Feynman plädierte für die Forschung an einem solchen Gerät. 1985 entwickelte der englische Physiker David Deutsch seine Theorie vom „universellen Quantencomputer“, neun Jahre später beschrieb der Mathematiker Peter W. Shor von den AT&T Bell Labs im US-Bundesstaat New Jersey erstmals einen Quantenalgorithmus, und 1995 baute David J. Wineland am US-National Institute of Standards and Technology in Boulder (Colorado) ein logisches Quanten-Schaltelement. Im Jahr 2000 schliesslich konstruierte das Team von Isaac Chuang im IBM-Almaden-Lab am Rande des Silicon Valley einen Quantencomputer mit fünf Qubits, ein Jahr später erweiterte Chuang die Kapazität seines Rechners auf sieben Qubits. „Meine Gruppe hält den Weltrekord im Bau des grössten Quantenrechners“, sagte der Physiker, der heute am MIT Media Lab forscht, kürzlich der Technology Review. Am Jet Propulsion Laboratory im kalifornischen Pasadena arbeitet ein anderes Team am Quantencomputer: „Im Moment entwickelt man gerade all jene Hilfsmittel, die den Bau von Quantencomputern künftig erleichtern werden“, sagte Laborleiter Jonathan Dowling gegenüber der Technology Review.




Literaturhinweise:
Klaus Ensslin: „Quantensysteme experimentell manipulieren“, ETH-Bulletin Nr. 292, Februar 2004: www.cc.ethz.ch/news/bulletin

Fussnoten:
(1) Arbeitsgruppe Klaus Ensslin: www.nanophys.ethz.ch/
(2) Spatially Resolved Manipulation of Single Electrons in Quantum Dots Using a Scanned Probe, Physical Review Letters, 2004, 93(21): 216801: http://prl.aps.org/



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