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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 13.02.2004 06:00

Erfolgsrezept für mehr Innovation: Was die Schweiz von Finnland lernen kann
Mit sieben Punkten zu Wachstum

„Innovationssystem Finnland – Was kann die Schweiz lernen?“ heisst eine neue Studie der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften, die am Mittwoch im Rahmen eines Symposiums auf dem Hönggerberg vorgestellt wurde. Aus der Untersuchung haben die Autoren sieben konkrete Massnahmen für die Schweiz abgeleitet, welche unser Innovationssystem reformieren sollen. Unter anderem wird die Schaffung eines "Innovationsrats" angeregt, und für die Forschung werden mehr finanzielle Mittel gefordert. Der Bericht soll nun auch Politikern und anderen Entscheidungsträgern vorgestellt werden.

Von Michael Breu

Finnland gilt als Technologiewunder schlechthin. Seit den 1990er-Jahren weist es beeindruckende ökonomische Erfolge aus. Das World Economic Forum hat Finnland deshalb im Growth Competitiveness Index, einem Weltwirtschaftsverzeichnis, auf den ersten Platz gesetzt; die Schweiz hingegen belegt Platz 7. „In international vergleichenden Studien wird Finnland als innovative und sehr wettbewerbsfähige Volkswirtschaft eingestuft und kann sich regelmässig an der Spitze der Rankings behaupten“, sagte Willi Roos, Präsident der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW), am Mittwoch während einem Symposium auf dem Hönggerberg und ergänzte: „Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass die Erfolge der finnischen Industrie durch frühe und kluge Weichenstellungen in der Innovationspolitik unterstützt worden sind.“ Vom Erfolgsrezept Finnland soll nun auch die Schweiz profitieren. Die Akademie hat deshalb zusammen mit dem Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) und der Universität Zürich eine Studie in Auftrag gegeben, die vorgestern an der ETH präsentiert wurde, ihr Titel: „Innovationssystem Finnland – Was kann die Schweiz lernen?“ (1).

Keine gemeinsame Sprache

„Im Gegensatz zu Finnland sprechen wir in der Schweiz keine gemeinsame Sprache, wenn wir von Innovationspolitik reden“, zitierte Studienleiter Beat Hotz-Hart, Professor am Sozialökonomischen Institut der Universität Zürich und Vizedirektor des BBT, aus dem Bericht. Der Begriff „Innovationssystem“ habe in Finnland als erstem europäischem Land in die Politik und Administration Einzug gehalten. „Dadurch hat sich bei den finnischen Entscheidträgern eine gemeinsame Vorstellung von den Bestimmungsgründen der Innovation und den politischen Möglichkeiten der Innovationsförderung entwickelt.“ Davon soll nun die Schweiz lernen. In ihrer Studie schlägt die Akademie sieben konkrete Massnahmen vor, welche der Schweiz zu mehr Innovationsfreude verhelfen sollen.

Nach dem finnischen Vorbild des „Science & Technology Policy Council“ soll in der Schweiz ein „Innovationsrat“ eingesetzt werden. Dieser soll ein Bewusstsein und ein gemeinsames Verständnis für innovationspolitische Zusammenhänge schaffen, der Innovationspolitik Nachdruck verleihen, öffentliche Statements abgeben, strategische Entscheide anregen und Leitplanken für die Forschungspolitik des Bundes schaffen.

Kompetenzzentrum mit Leistungsauftrag

Weiter soll ein öffentlich finanziertes Kompetenzzentrum für Innovationsforschung aufgebaut werden. „Das Kompetenzzentrum erhält den Leistungsauftrag, das Spannungsfeld von Technik, Wirtschaft und Gesellschaft wissenschaftlich zu erforschen und damit zur konzeptionellen Stärkung der Innovationspolitik beizutragen“, heisst es im Bericht. Wünschenswert sei der Aufbau des Zentrums im Rahmen eines Nationalen Forschungsschwerpunktes des Schweizer Nationalfonds.


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Hauptsitz des Branchenriesen Nokia in Espoo: Der Konzern pflegt eine intensive Zusammenarbeit mit den finnischen Universitäten. Zum gegenseitigen Nutzen. Bild: Nokia gross

Gestärkt werden sollen auch der Wissenstransfer und die Wertschöpfungskette in Forschung und Entwicklung. Die Autoren schlagen vor, den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) enger zu verbinden: „Durch die Zusammenarbeit werden Kenntnisse und Potentiale der Förderorganisationen für die Entwicklung zukunftsorientierter Forschungslinien und Technologien besser als bisher genutzt. Für die Programme und Schwerpunkte sollen evaluierbare Zielgrössen definiert werden“, heisst es im Bericht.

Schweiz investiert weniger in Forschung

Mit der Forschungsfinanzierung selbst befassen sich gleich zwei Massnahmen. Einerseits soll eine Stiftung nach öffentlichem Recht gegründet werden, welche Risikokapital ausschüttet für Erfolg versprechende Gründungsprojekte. Der Fonds soll durch den Bund und die Kantone geäufnet werden. Mögliche Mittel für die Fondsgründung könnten aus dem Verkauf der Goldreserven resultieren, findet Beat Hotz-Hart. Andererseits sollen Fördergelder direkt an expandierende Jungunternehmen und KMU vergeben werden, „die über entsprechende Anträge Projekte mit hohen Forschungs- und Innovationspotential nachweisen können“. Gleich mehrfach betont wurde, dass Finnland deutlich mehr finanzielle Mittel in die Forschung investiere als die Schweiz. Gemessen am Bruttoinlandprodukt gaben die Finnen im vergangenen Jahr 3,5 Prozent aus, die Schweiz nur 2,6 Prozent.

Die beiden letzten Massnahmen befassen sich mit der Qualitätssicherung. Im Bereich Bildung, Forschung und Technologie soll „eine professionelle Evaluationskultur“ etabliert werden. Weiter müsse ein Qualitätsmonitoring installiert werden „um Transparenz und damit Vergleichbarkeit und Wettbewerb zwischen den verschiedenen Weiterbildungsangeboten“ schaffen zu können. Den finnischen Universitäten und Fachhochschulen stellt die Studie übrigens ein sehr gutes Zeugnis aus. Während in der Schweiz eine Erhöhung der Studiengebühren diskutiert wird, wird in Finnland das Hochschulstudium weiterhin kostenlos angeboten.

Im anschliessenden Podiumsgespräch wurden die Empfehlungen unterschiedlich beurteilt. Fulvio Caccia, Vizepräsident der SATW, begrüsste die Ideen, während Johannes R. Randegger, Basler FDP-Nationalrat und Novartis-Manager, eher verhalten reagierte. Caccia lobte die Empfehlungen und plädierte, für mehr Forschungsfreiheit, mehr finanzielle Mittel und mehr Liberalismus. „Ein Haupthindernis“, so Caccia, sei der Föderalismus. Randegger gab zu bedenken, dass viele der vorgestellten Ideen vom Bundesrat in der „Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Technologie in den Jahren 2004-2007“ aufgenommen wurden. Nun müsse man verhindern, dass die finanziellen Mittel für die Bildungspolitik beim nächsten Sparprogramm gekürzt werden. Timo Kekkonen, Leiter der Technologieabteilung des finnischen Ministeriums für Handel und Technik, regte via Videokonferenz an, die öffentliche Debatte zu suchen. Die sieben Massnahmen bezeichnete er als gute Basis dafür.


Fussnoten:
(1) Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften (Hrsg.): „Innovationssystem Finnland – Was kann die Schweiz lernen?“: www.satw.ch/reports/SATW_Finnland_book.pdf



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