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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 17.10.2005 06:00

Exkursion des ETH-Forums für Supply Chain Management
China als Chance

Auf der zweiten „China Business Excursion“ des ETH-Forums für Supply Chain Management erfuhren die Mitreisenden hautnah, was es heisst, in China als KMU zu geschäften. „China kann eine grosse Chance sein. Wenn man das Land aber nicht versteht, ist das Geld schneller weg, als man neues heranschaffen kann“, meint Kurt Haerri, Leiter der Reise.

Richard Brogle

„In diesem Raum kontrollieren Frauen jede der rund 5 Milliarden bei uns jährlich hergestellten Kugelschreiberkugeln nochmals unter dem Mikroskop“, erklärt Walter Eglin, Inhaber eines KMU (kleines und mittleres Unternehmen), das sich in der Umgebung von Shanghai niedergelassen hat. Eglin führt nicht ohne Stolz die gut zehn Teilnehmer der Reisegruppe der „China Business Excursion“, die vom ETH-Forum für Supply Chain Management organisiert wurde, durch seine Fabrik. 1997 hat er sein Erspartes in einen Koffer gepackt, ist nach China gereist und hat auf einem grünen Feld ausserhalb von Shanghai eine erste kleine Fabrikhalle aufgebaut. Heute schreibt bereits jeder achte der weltweit rund 40 Milliarden jährlich hergestellten Kugelschreiber mit einer Kugel aus seiner Fabrik. Mittlerweile arbeiten rund 200 Angestellte für ihn. – Ein Patron, wie er im Buche steht.

Steiniger Weg

Eglin ist heute 68 und kein blauäugiger Abenteurer; in Amerika und Japan war er seit 1980 als Selbständigerwerbender jahrzehntelang in diesem Geschäft. 1997 zog es ihn nach China. Einfach sei der Anfang hier nicht gewesen, meint Eglin. An seinem früheren Standort seien die Behörden so bürokratisch gewesen, dass er eines Tages alle seine Maschinen auf Laster geladen habe, in eine andere Gemeinde gefahren sei und seine Zelte dort erneut aufgeschlagen habe.

KMU dürfen Anschluss nicht verpassen

„Heute stehen nicht mehr Einzelunternehmen untereinander in Konkurrenz, sondern Partnerunternehmen in internationalen Wertschöpfungsketten“, sagt Siegfried Walter, Mitinitiant der Reise zur Motivation dazu. „Daher ist es für Schweizer KMUs extrem wichtig, dass sie den Anschluss an diese globalen Netzwerke nicht verpassen.“ Der China-Besuch sollte Schweizer KMU dem sich schnell entwickelnden Produktions- und Forschungsplatz China näher bringen.

Doppelt so viel Geld und Zeit mitbringen

Dass der Anfang in China nicht leicht ist, weiss auch Kurt Haerri, Leiter der Reise in Shanghai, aus eigener Erfahrung. Im Jahr 1997 übernahm er die Führung des Neuanlagengeschäfts von Schindler China, zu einem Zeitpunkt, als Schindler bereits viel Geld in China investiert hatte und der Verkauf weit unter den Erwartungen lag. „Die Europäer sind sich ein stufenweises und schnelles Vorgehen im Geschäftsleben gewohnt. Die Chinesen hingegen denken ganzheitlich und können immer auf bereits getroffene Entscheidungen zurückkommen."

In nur zehn Jahren aus dem Boden gestampft: Der Suzhou Industrial Park. Die 70 Quadratkilometer grosse Sonderwirtschaftszone bietet ausländischen Produzenten speziell vorteilhafte Bedingungen. gross


Das „Forum-SCM“

Das „Forum Supply Chain Management“ (Forum-SCM) ist ein an der ETH Zürich angesiedelter Verein. Zu seinen Aktivitäten gehört u.a. das Angebot eines „MBA ETH in SCM“, eines berufsbegleiteten Lehrgangs zum Master of Business Administration an der ETH, der speziell auf die Bedürfnisse des Managements der Wertschöpfungskette ausgerichtet ist. Die ETH Zürich kooperiert dabei mit der Hong Kong University of Science & Technology, der Tongji University Shanghai und der Tokio University. Link: www.mba-scm.org




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Produktion von Hörgeräten im Suzhou Industrial Park. gross

Chinesen wollten den Geschäftspartner auch persönlich gut kennenlernen, erklärt Haerri - was aus westlicher Sicht den Prozess unnötig verzögere. „Rechnen Sie doppelt so viel Geld und doppelt so viel Zeit ein, wie Sie es in Europa tun würden“, empfiehlt Haerri KMU, die in China starten wollen.

Persönliche Netzwerke lebenswichtig

Weiter ist zu berücksichtigen, dass in China die Gesetze einen weiten Ermessensspielraum eröffnen. Es ist daher wichtig zu verstehen, dass das persönliche Beziehungsnetz in China seit Jahrtausenden eine entscheidende Rolle spielt.

Ein technisch zwar bestqualifizierter chinesischer Manager, der aber aus einer anderen Provinz stammt und am neuen Ort über keinerlei Beziehungen verfügt, kann sich als schlechtere Personallösung erweisen als ein Einheimischer, der eine gute lokale Universität besucht hat und dessen ehemalige Studienkollegen heute wahrscheinlich an einflussreichen Positionen sitzen. Denn diese können so manche Türe öffnen, die einem Ausländer oder einem Chinesen aus einer anderen Provinz verschlossen bleiben.

„Beachtet man die Eigenheiten dieses Riesenmarktes“, so ist Haerri, heute Geschäftsleitungsmitglied bei Schindler, überzeugt, „dann kann man – wie mittlerweile auch Schindler – in China durchaus profitabel geschäften.“ Ausländische Unternehmen sollten den Einstieg jedoch genau vorbereiten, so Haerri. Abzuraten sei vom Einstieg in den Massengütermarkt. In der Regel sind dort bereits chinesische, meist staatliche, Unternehmen, tätig, die diesen Markt mit allen Mitteln verteidigen würden. Besonders wenn der Markt als strategisch wichtig angesehen werde, so werde ein Eindringen von ausländischen Unternehmen mit fairen – und auch unfairen – Mitteln unterbunden.

China als Forschungsstandort

In einem Vortrag führte Han Zheng vom Asia Research Center der Universität St.Gallen aus, dass China in den nächsten Jahren nicht nur als Produktions- sondern auch als Forschungsstandort gesehen werden müsse. In China verlassen jährlich 66'000 Studenten mit einem Master-Abschluss die Universitäten und 14'000 Doktoranden schliessen pro Jahr ab. Auch wenn nicht alle Universitäten den westlichen Standards entsprechen - in vielen Grossstätten sind Universitäten vorhanden, die heute mit der weltweiten Spitzenforschung mithalten können. Die enorme Zahl von gut ausgebildeten Akademikern, die für einen Bruchteil eines westlichen Salärs angestellt werden können, macht es für Weltkonzerne attraktiv, in China Forschungszentren zu eröffnen. William Keller, Schweizer Ehrenbürger von Shanghai und heutiger Unternehmensberater in Shanghai weist darauf hin, dass beispielsweise Motorola inzwischen rund 1'600 Forscher in China beschäftige.


Suzhou Industrial Park

(bro) Die „China Business Excursion“ führte zum Abschluss in den „China – Singapore Suzhou Industrial Park“ (SIP) (1), eine 70 Quadratkilometer grosse Sonderwirtschaftzone. Sie wurde 1994 an einem Ort ins Leben gerufen, wo zuvor nur Reisbauern arbeiteten. Heute steht hier eine komplette Grossstadt mit Industrie-, Wohn- und Erholungszonen samt künstlichem See und Universitätsinstituten. Speziell ausländischen Unternehmen soll die Ansiedlung im SIP leicht gemacht werden. So soll man innerhalb von nur sieben Tagen eine Business-Lizenz erhalten. Eine Dauer, die in den meisten anderen Gebieten von China auch mit guten Beziehungen nicht zu erreichen sein soll. Ein weiterer Vorteil besteht in der garantierten Stromversorgung - nichts Selbstverständliches in einem Land, wo oft Energiemangel herrscht. Im SIP produziert bereits der Schweizer Hörgerätehersteller Phonak. Laut Urs Eller, Präsident der Phonak Gruppe China, steigt auch in China die Nachfrage nach qualitativ hoch stehenden Hörgeräten. Er führt dies auf das steigende Bewusstsein für Qualität und der steigenden Kaufkraft bei Teilen der Bevölkerung zurück.




Fussnoten:
(1) Informationen zum Suzhou Industrial Park: www.sipac.gov.cn/english/



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