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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 21.04.2005 06:00

Stadtpräsident Elmar Ledergerber über das Verhältnis zur ETH
„Zürich zum Denkplatz gemacht“

Heute feiert die ETH offiziell ihren 150. Geburtstag; ab 15 Uhr mit einem Festakt im Hauptgebäude, der via Live-Streaming in„ETH Life“ übertragen wird (1). Um 17.30 Uhr heisst es dann: „Happy Birthday ETH“. Die ETH lädt die Bevölkerung im Hauptbahnhof Zürich zum Geburtstagsapéro ein - mit gutem Grund. Alles begann damit, dass die Limmatstadt den Zuschlag für das „Eidgenössische Polytechnikum“ erhielt. Seit 1855 haben sich Stadt und ETH fulminant entwickelt. Ein Interview mit Stadtpräsident Elmar Ledergerber zum Verhältnis Zürichs zur ETH.

Norbert Staub

Herr Ledergerber, die ETH Zürich feiert heute ihren 150. Geburtstag mit der Bevölkerung der Stadt, die zu ihrem Standort gewählt wurde. Was bedeutet die ETH für die Stadt Zürich?

Zürich ist mit seinen Hochschulen und insbesondere durch die ETH zu einem bedeutenden Wissens- und Denkplatz geworden. Ihre Gründung hat Zürich einen essentiellen Entwicklungsschub gebracht. Der Entscheid des Bundesrates für Zürich hat den bis heute nachwirkenden Akzent als Wissens- und Wirtschaftsstandort gesetzt. Zürichs 40‘000 Studierende prägen ja nicht nur das Bild unserer Stadt, sondern sie tragen nach Beendigung des Studiums den guten, zum Teil exzellenten Ruf der Stadt in alle Welt hinaus.

Wünschen Sie sich als Chef der Exekutive dieser Stadt manchmal nicht mehr Mitsprache bei einer Organisation, die auch baulich so prägend für Zürich ist? Ich denke zum Beispiel an die bei Stadt und ETH nicht immer deckungsgleichen Sichtweisen bei der Rückführung von zweckentfremdetem Wohnraum zu ihrer ursprünglichen Funktion.

Mit den zweckentfremdeten Wohnungen sprechen Sie ein schwieriges Problem an, das nicht nur die ETH, sondern auch die Universität betrifft. Allerdings sind wir bezüglich Mitsprache bereits ein Stück weiter. In einem kooperativen Planungsprozess, an dem der Kanton, die Stadt, die Universitätsklinik, die beiden Hochschulen und die Quartiervereine der umliegenden Wohnquartiere beteiligt waren, wurde ein Masterplan für die weitere Entwicklung des Hochschulquartiers erarbeitet, der allen Bedürfnissen, auch denjenigen der Stadt, einigermassen gerecht zu werden versucht.

Die Debatten um das Stadion und um HB-Südwest haben Zürich den Ruf beschert, dass es Grossprojekte nicht gerade mit Begeisterung begrüsst. Doch bei Science City, dem ETH-Entwicklungsprojekt par excellence, scheinen sich die Beteiligten, zu finden – auch die kritischen. Was erhoffen Sie sich persönlich von Science City?

In Zürich finden zwar zu allen Projekten mehr oder weniger heftige Debatten statt, aber die Mehrheit der Bevölkerung unterstützt schliesslich unsere grossen Projekte, auch die Stadien. Bei Science City wurden die Bedenken in einem sehr frühen Stadium offen diskutiert; den Verantwortlichen ist für ihre Kommunikationsarbeit ein Kränzchen zu winden. Der Stadtrat und auch ich persönlich sehen in Science City die grosse Chance der ETH, einen nachhaltigen Campus des 21. Jahrhunderts zu erstellen.

Im Zusammenhang damit ist immer wieder davon die Rede, dass der Hönggerberg besser ans öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen werden muss. Die heute kursierenden Busse gelangen an ihre Kapazitätsgrenzen. Im Gespräch waren bereits U- und S-Bahn-Visionen sowie der Bau einer Tramlinie vom Bucheggplatz. – Was favorisieren Sie?

Die aktuelle Erschliessungssituation der ETH Hönggerberg ist stark geprägt von tageszeitlichen Spitzen. Während des Semesters möchten die Studierenden auf Vorlesungsbeginn kurz vor 8Uhr auf dem Hönggerberg ankommen. Entsprechend stark sind die Fahrzeugauslastungen in diese Richtung. Mit dem Science-City-Campus können die Spitzenbelastungen eher etwas abgeschwächt werden, weil weniger Studierende von auswärts anreisen müssen. Der Bau einer Tramlinie wäre nicht wirtschaftlich. Derzeit kommen die Fahrgäste nämlich aus drei Hauptrichtungen auf den Hönggerberg: vom Bucheggplatz, von Oerlikon und von Altstetten. In dieser Situation hat der Bus die Nase vorn. Gegen eine U- oder S-Bahnlinie sprechen zudem topografische Hindernisse. Wir glauben, dass wir das Verkehrsaufkommen von Science City mit einem guten Angebot auf den bestehenden Buslinien bewältigen können.


Will Zürich gemeinsam mit den Hochschulen noch stärker als Stadt des Wissens profilieren: Stadtpräsident Elmar Ledergerber. gross

An der ETH gibt es traditionell viele ausländische Studierende; so sind über die Hälfte der Doktorierenden Nicht-Schweizer. Ein existentielles Anliegen ist für diese günstiger Wohnraum. Dieser ist jedoch chronisch knapp. Könnte die Stadt ihr Gewicht hier nicht stärker für Studierende einsetzen, etwa, indem sie den geplanten Wohnraum in Science City mitfinanziert?

Sie haben Recht, günstiger Wohnraum ist in Zürich zwar vorhanden, aber sehr schwer zu finden, gerade auch für Studierende von auswärts. Im Rahmen unseres Legislaturprogramms "Wohnen für alle" läuft ein Teilprojekt "Wohnraum für Jugendliche in Ausbildung", in dem die Stadt zusammen mit der Woko, der Studentischen Wohngenossenschaft Zürich, und dem Jugendwohnnetz neuen Wohnraum für Studierende schaffen will.

Über den Jugendwohnkredit hat die Stadt auch Finanzierungsmöglichkeiten und könnte daher auch Bauten in Science City finanziell unterstützen. Die städtische Liegenschaftenverwaltung hat übrigens im Moment 253 Wohnungen an die Woko für Studierende oder Doktorierende vermietet; ausserdem hat sie zwei Baurechte an die Stiftung für studentisches Wohnen abgegeben. Als weltoffene Stadt freuen wir uns über ausländische Gäste. Wir begrüssen es deshalb sehr, wenn in Science City auch ein Guesthouse für Doktorierende oder Dozierende aus dem Ausland gebaut wird, wie dies die Woko plant.

Die Hochschulen bringen nicht zuletzt auch hoch qualifizierte Arbeitnehmer aus dem Ausland in die Stadt. Darunter gibt es manche „Power Couples“. Diese erwarten für ihren Nachwuchs Schulstrukturen, die den Herkunftsländern entsprechen, sprich: frühere Einschulung und echte Tagesstrukturen. Muss Zürich nicht etwas unternehmen, um das Feld nicht den Privatschulen zu überlassen?

In der Stadt Zürich besuchen weniger als ein Zehntel der Kinder eine Privatschule. Der Anteil ist seit Jahren stabil. Reformen im Schulbereich sind dennoch dringend nötig. Die Stadt ist dabei weitgehend von der Bildungspolitik des Kantons abhängig. Reformen wie eine frühere Einschulung waren auf kantonaler Ebene nicht mehrheitsfähig. In der Stadt Zürich konnten dennoch in den letzten fünf Jahren einiges umgesetzt werden, zum Beispiel Blockzeiten, Schulleitungen, Schulen ans Internet. Das Angebot an Tagesstrukturen in der schulergänzenden Betreuung haben wir in den letzten Jahren deutlich ausgebaut. Aber gerade auch von Unternehmen wird das noch immer ungenügende Angebot bemängelt. Am 5. Juni wird dem Zürcher Stimmvolk ein nächster wichtiger Schritt in der Kinderbetreuung zur Abstimmung vorgelegt.

Science City soll ein „Stadtquartier für Denkkultur“ werden: Wissenschaft, Forschung und Lehre eng vernetzt mit der Stadt und der Wirtschaft. Angenommen, Sie haben einen Wunsch frei: Welche Infrastruktur, die dieses Ziel verfolgt, würden Sie selbst gerne auf dem Hönggerberg einrichten?

Wir wollen Zürich verstärkt als Wissensstandort positionieren. Vom Denken allein kann die Stadt aber nicht leben, sie braucht auch Arbeitsplätze. Deshalb ist der Technologie- und Wissenstransfer von den Hochschulen zur Praxis so wichtig. Hier setzt das Projekt eines „Life Science Technologietransferzentrums“ in Science City an, das mich sehr überzeugt.


Fussnoten:
(1) Informationen dazu finden Sie in der heutigen "ETH Life"-News "Den Festakt am Screen erleben"unter: www.ethlife.ethz.ch/articles/news/festaktstream.html



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