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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 03.10.2002 06:00

Michael Strasser zum ersten Mal von Deck der "Joides Resolution"
"First Core on Deck"

Vor rund einem halben Monat ging der ETH-Geologiestudent Michael Strasser an Bord der "Joides Resolution", um als Praktikant bei einer wissenschaftlichen Bohrkampagne mitzuarbeiten. Nach anfänglicher Nervosität hat er sich in seinem neuen "Zuhause" gut eingelebt, und der erste Bohrkern ist auch bereits an Deck.

Von Michael Strasser

Etwas nervös und voller Erwartungen traf ich am Freitag, den 13. September, in Acapulco ein, wo am darauf folgenden Tag die ODP-Forschungsfahrt (LEG 205) beginnen sollte. Adam Klaus, der Staff Scientist an Bord der Joides Resolution, erwartete mich und einige der Wissenschaftler aus sieben verschiedenen Ländern bereits am Flughafen und überbrachte uns - wie sich das für einen Freitag, den 13zehnten gehört - gleich die schlechte Nachricht: das Schiff habe sich um vier Tage verspätet. Nachdem schon vor drei Wochen der Ablegehafen von San Diego wegen eines drohenden Streiks an der US-Westküste nach Acapulco verlegt worden war, stellte dies schon die zweite Verzögerung dar. Somit hatte ich schon in Acapulco die Gelegenheit, jeden der 16 Wissenschaftler kennenzulernen, mit welchen ich gemeinsam die nächsten zwei Monate rund 80 Kilometer vor der Küste Costa Ricas auf dem "Ocean Drilling Project"-Forschungsschiff "Joides Resolution" verbringen werde. Wir liessen uns die Stimmung durch die Verspätung nicht verderben und verbrachten vier tolle Tage in Acapulco.

Am Dienstagmorgen sah ich dann endlich das Schiff mit dem unübersehbaren 55 Meter hohen Bohrturm in der Bucht von Acapulco und konnte schon wenige Stunden später meine Koje auf dem Schiff beziehen. Da die ganze Mannschaft - ausser den Wissenschaftlern - schon an Bord war, und das Schiff schon mit der wissenschaftlichen Ausrüstung, den Lebensmitteln und anderen Sachen in Victoria (Kanada) beladen worden war, konnten wir noch am selben Abend in Acapulco ablegen. Im Abendlicht sahen wir dann die mexikanische Küstenstadt am Horizont verschwinden.

Der "Re-Entry-Cone" für die erste Bohrlokalität. Mit diesem Trichter wird ein zweites Eindringen mit dem gesammten Bohrgestänge ins zuvor abgeteufte Bohrloch wesentlich erleichtert.

Beeindruckende Ausrüstung

Der Transfer zu der ersten Bohrlokalität (Site) sollte etwa drei Tage dauern. Es blieb also genügend Zeit, mich mit meinem vorübergehenden "Zuhause" vertraut zu machen. Ich teile mein Zimmer mit drei Technikern und musste mich zuerst an das schmale Bett gewöhnen, das sich mehr oder weniger rhythmisch mit den Wellen des Pazifiks hin und herbewegt. In den ersten paar Tagen wurde uns auch das ganze Schiff in mehreren themenbezogenen Führungen vorgestellt.


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Die phillipinische Bohrmannschaft bei der Arbeit. Dank ihrerm unermüdlichen Einsatz während einer 12 Stunden-Schicht, werden die Bohrkerne für wissenschaftlichen Untersuchungen zu Tage gefördert. gross

Es gibt verschiedene beeindruckende Labors, alle mit den wichtigsten Standardmessgeräten ausgerüstet. So können zum Beispiel im Geochemielabor bereits an Bord chemische Elementanalysen der Gesteine und der Porenwässer durchgeführt werden, oder im Geophysiklabor physikalische Parameter, wie Dichte, magnetische Suszeptibilität, natürliche Gammastrahlung, und seismische Ausbreitungsgeschwindigkeiten in den einzelnen Gesteinen bestimmt werden. Ebenfalls beeindruckt war ich von den verschiedenen Bohrtechniken, die uns kurz vorgestellt wurden.

Spezielle Bohrtechnik

Während dieser Fahrt wird die sogenannte RCB-Technik angewendt. RCB steht für Rotary Core Barrel und bedeutet, dass ein Kern in einem erhärteten Gestein durch Rotation der Bohrkrone abgeteuft werden kann (1) (vgl. Foto). Bei unserer ersten Site wurde als erstes ein "Re-Entry-Cone" rund 4000 Meter tief am Ozeanboden verankert. Der Re-Entry-Cone ist ein Trichter von rund fünf Metern Durchmesser, der benötigt wird, um mit dem ganzen Bohrgestänge ein weiteres Mal ins Bohrloch einzudringen. Dies ist deshalb notwendig, weil ein Hauptziel der Forschungsfahrt darin besteht, Messinstrumente, die in den folgenden Jahren Daten wie Temperatur, Druck und Fluiddurchflussraten messen sollen, im Bohrloch zu verankern. In einem meiner nächsten Berichte werde ich näher auf diese Langzeitanalysen eingehen.

Die Wissenschaft kann beginnen

Ich habe mich auf dem Schiff gut eingelebt und habe nun definitiv den kürzesten Weg durch die schmalen Gänge vom Kraftraum zur Kombüse und anschliessend in die Science Lounge, wo nach Ende der Schicht Filme auf Grossleinwand gezeigt werden, gefunden. In den verschiedenen Labors wurden Kalibrierungen und Tests mit den Messinstrumenten durchgeführt. Ich habe mich hauptsächlich damit beschäftigt, den Wissenschaftlern bei ihrer Arbeit zuzusehen und sie mit allen möglichen Fragen zu löchern.

Ich konnte auch schon mein eigenes kleines Forschungsprojekt formulieren, das in Zusammenhang mit den allgemeinen wissenschaftlichen Zielen hier an Bord steht. Mit diesem Projekt werde ich mich dann nach meiner Rückkehr nach Zürich in Form einer Semesterarbeit beschäftigen. Ausserdem habe ich mir während den letzten Tagen ein paar Referenz-Proben von Tiefseesedimenten unter dem Mikroskop angeschaut, da ich in den folgenden Wochen zusammen mit den Sedimentologen an Bord die Kernbeschreibungen durchführen werde, und folglich vorbereitet sein will. Alles in allem waren wir alle "ready for the first Core on Deck", der am Dienstag den 24. September früh morgens um 4.20 Uhr endlich erschien. Nach einer Woche auf See kann die Wissenschaft also beginnen. In meinem nächsten Bericht werde ich ausführlich über meine ersten Erfahrungen mit einem Tiefseebohrkern berichten.


Literaturhinweise:
"ETH Life"-Bericht "Seetüchtiger Praktikant" zum Beginn der Reise von M. Strasser: http://www.ethlife.ethz.ch/articles/ODP_Strasser.html
Webseite des Ocean Drilling Program: http://www.oceandrilling.org/

Fussnoten:
(1) Informationen zum Rotary Core Barrel:  www.odp.tamu.edu



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