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Rubrik: Tagesberichte |
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Tagung des Netzwerks Stadt und Landschaft über die Zukunft urbaner Kulturlandschaften Urbanen Brei besser verstehen |
Städte und Vorstädte verschmelzen zu Metropolen ohne Anfang und ohne Ende. Das Netzwerk Stadt und Landschaft (NSL) versucht, die Vorgänge, welche die Siedlungen wachsen lassen, besser zu verstehen. Mit Modellen und Prognosen wagen sie einen Blick in die Zukunft des urbanen Breis. Opfikon-Glattbrugg im Glatt-Tal, das ist Agglo, wie sie im Buch steht. Sie verkörpert städtebauliche Öde, identitätsloses Häuser- und Gebäudemeer und Leute, die jeden Tag in Zürich ihrer Arbeit nachgehen. Längst sind Stadt und Agglomeration zusammengewachsen und formen einen uferlosen urbanen Brei mit verschiedenen Facetten und Problemen. Das Glatt-Tal ist deshalb ein ideales Modell für die Forschungen des Netzwerks Stadt und Landschaft. An der Tagung „Zukunft urbaner Kulturlandschaften“ haben die Forscherinnen und Forscher Zwischenresultate ihrer Arbeiten präsentiert. Urbanem Brei ein Gesicht geben Unter anderem haben sich die Wissenschaftler darüber Gedanken gemacht, wie sie solche Vorstädte städtebaulich aufwerten können. In einer ersten Phase haben sie deren Eigenschaften unter die Lupe genommen und katalogisiert. Um Verbesserungen vorschlagen zu können, greifen sie auf Referenzbeispiele aus der Geschichte des Städtebaus zurück. Am Beispiel von Opfikon-Glattbrugg zeigte Gabriela Barman-Krämer auf, wie das aussehen könnte. „Dieser Stadt fehlt die Identität“, sagte sie. Der Übergang ins Zentrum von Opfikon-Glattbrugg sei nicht erkennbar. Es gebe keine Landmarken in Form markanter Gebäude, die den Beginn eines Stadtkerns bezeichnen würden. Zudem bestehe die Stadt aus drei klar getrennten Teilzentren unterschiedlicher Nutzung. Anders die Siedlung „Weisse Stadt“ in Berlin aus den frühen Dreissiger Jahren. Turmartige Gebäude markieren dort den Eingang zur Überbauung. Diese bieten dem Auge Halt und zeigen, wo das Zentrum liegt. Barman-Krämer hat in ihrer Arbeit nun diese Situation auf Opfikon-Glattbrugg übertragen, um zu veranschaulichen, wie sich das Stadtzentrum gegenüber den umliegenden Quartieren abgrenzen könnte.
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In einer Fotomontage stellte sie einen der Wohntürme der Weissen Stadt an den Eingang des Ortszentrums von Opfikon-Glattbrugg. „Durch die Betonung der Grenzen und Eingänge wird die Siedlung städtebaulich klar lesbar“, sagte sie. Ziel ihres Forschungsvorhabens ist, ein Handbuch mit lauter solchen Referenzbeispielen zu erarbeiten und Strategien für die langfristige architektonische Aufwertung suburbaner Räume aufzuzeigen. Mietpreise als Motor der Siedlungsentwicklung Wie sich Vorstädte entwickeln, hängt allerdings nicht nur von der Architektur ab. Auch Infrastruktur, Erreichbarkeit und Raumentwicklung sind wesentliche Grössen, welche die Siedlungsstruktur beeinflussen. Um mehr über die Wechselwirkungen herauszufinden und Prognosen für die Zukunft stellen zu können, benutzen die Wissenschaftler das Siedlungsentwicklungsmodell UrbanSim, das sich in den USA bereits bewährt hat und für die Schweiz angepasst wurde. Die Flächennutzung wird dabei in Einheiten von einer Hektare modelliert. Eine solche Einheit enthält Informationen über den Gebäudebestand, die Zahl der Haushalte und Arbeitsplätze, die zulässigen Nutzungen, Erreichbarkeit sowie Land- und Quadratmeterpreis. Mit dem UrbanSim lassen sich auch Immobilienpreise modellieren, welche die Siedlungsentwicklung wesentlich beeinflusst. Hohe Mieten in Zürich: der Preis für die gute Erreichbarkeit Um die Daten für das Mietpreismodell zu erhalten, befragten die Wissenschaftler im Frühjahr 2005 über 9'000 Bewohner aus 25 Gemeinden und Städten im Grossraum Zürich respektive vier Zürcher Stadtkreisen auf ihre Wohnsituation, ihr Einkaufsverhalten und der Nutzung von Naherholungsgebieten. Dabei zeigte sich, dass die Einwohner Zürichs mit der Qualität ihrer Umwelt nicht besonders zufrieden sind, in relativ kleinen Wohneinheiten mit unterdurchschnittlich gutem Ausbaustandard wohnen, gleichwohl aber hohe Mieten zahlen. In ländlichen Gebieten dagegen beurteilen die Befragten die Qualität ihrer Umwelt als gut. Sie erhalten grössere Wohnobjekte mit gutem Ausbau zu niedrigeren Preisen. Aus diesen Daten können die Forscher nun flächendeckend die Immobilienpreise modellieren, um zu erkennen, wie attraktiv ein Standort ist. So wollen sie in Zukunft auch klären, welchen Handlungsspielraum in Bezug auf Naturraum, Siedlung und Verkehr besteht. Das Simulationssystem wird zudem auf den Güterverkehr ausgedehnt, und das System des Road Pricing soll ebenfalls miteinbezogen werden. Auch die Lärmsituation soll einfliessen. |
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Fussnoten:
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