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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 20.01.2005 06:00

Von der Waldinventur zur modernen forstlichen Planung
Neue Wege im Wald

Weshalb planen wir im Wald? Diese Frage stand im Zentrum eines gut besuchten Kolloquiums an der ETH Zürich. Fachleute nahmen dabei eine Standortsbestimmung zur forstlichen Planung in der Schweiz vor.

Von Lukas Denzler

Forstliche Planung hat eine lange Tradition. Holzmangel und Ausbeutung der Wälder führten in Europa ab dem 18. Jahrhundert zu einer geregelten Forstwirtschaft. Heute spielt die Holznutzung in unseren Wäldern längst nicht mehr die Rolle, die sie früher einmal hatte. Waldeigentümer und Forstdienst sind jedoch immer mehr mit einer Vielzahl neuer Ansprüche an den Wald konfrontiert. „Jede Zeit hat ihre besonderen Gründe, im Wald zu planen“, sagte Peter Bachmann, Professor für Forsteinrichtung und Waldwachstum an der ETH Zürich, am forstwissenschaftlichen Kolloquium, das am vergangenen Montag an der ETH stattfand.

Holzvorrat, Holzzuwachs und Hiebsatz

Die ersten Angaben über eine forstliche Planung in Europa seien im Umfeld der Bergwerke und Salinen zu finden, erklärte Anton Schuler vom Departement Umweltwissenschaften. Im 18. Jahrhundert war es Hans Carl von Carlowitz, der den Begriff der Nachhaltigkeit in die deutschsprachige Fachliteratur einführte. Er forderte eine Forstwirtschaft, die eine „kontinuierliche, beständige und nachhaltende Nutzung“ ermöglicht. In der Folge entwickelten Forstwissenschaftler Methoden zur Holznutzungsplanung. Waldinventuren spielten dabei eine zentrale Rolle. Diese hatten zum Ziel, den Holzvorrat und den jährlichen Holzzuwachs in einem Wald zu bestimmen. Aus diesen Kenngrössen wurde schliesslich der Hiebsatz hergeleitet, das heisst die Menge Holz, die jedes Jahr geschlagen werden durfte.

Altes Prinzip von neuem Interesse

Bis ungefähr 1990 war forstliche Planung ohne Inventur nicht denkbar. Doch Inventuren sind teuer und mit dem Zerfall der Holzpreise wurde es immer schwieriger, diesen Aufwand zu rechtfertigen. Somit war der Weg frei für eine moderne forstliche Planung, die sich im Wesentlichen an den Bedürfnissen der Bevölkerung auf der einen und an den Interessen der Waldeigentümer auf der anderen Seite orientiert. Ironischerweise könnten Waldinventuren jedoch bald wieder aktuell werden. Im Kyoto-Protokoll spielen sogenannte biologische Kohlenstoffsenken nämlich eine wichtige Rolle. Um Senkenleistungen jedoch quantifizieren zu können, muss man genau Bescheid wissen, wie sich der Kohlenstoffvorrat in den Wäldern entwickelt. Es geht also nicht mehr um den Holzvorrat, sondern um die Bestimmung des Kohlenstoffvorrates, was methodisch aber keinen grossen Unterschied darstellt.

Zweistufige Planung

Laut Peter Bachmann zeichnet sich die heutige forstliche Planung durch ein zweistufiges Konzept aus. Bei den Stufen handelt es sich einerseits um die Ebene der Waldeigentümer, andererseits um die Ebene der Behörden. In der Vergangenheit waren diese Ebenen vermischt. Heute wird jedoch eine klare Trennung zwischen den Behörden, die für den Vollzug der gesetzlichen Bestimmungen zuständig sind, und den Eigentümern, angestrebt. Für die Planung auf Behördenebene haben sich sogenannte Waldentwicklungspläne etabliert. Diese dienen der Sicherstellung der öffentlichen Interessen am Wald und entstehen unter Mitwirkung der Öffentlichkeit. Sie gelten im Planungsgebiet für sämtliche Wälder, unabhängig der Eigentumsgrenzen. Die forstbetriebliche Planung soll demgegenüber ausschliesslich Sache der Waldeigentümer sein.


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Alle wollen etwas vom Wald. Deshalb ist Planung unerlässlich. Nichts zu lachen hatten in den letzten Jahren die Waldeigentümer, weil die Holzpreise in den Keller rutschten. gross

Über die forstliche Planung des Forstdienstes im Kanton Bern berichtete Conradin Mohr. Der klassische Ansatz der forstlichen Nachhaltigkeit, der besagt, nicht mehr Holz zu nutzen, als jeweils nachwächst, habe in der Planung seine herausragende Bedeutung verloren. Das öffentliche Interesse habe sich eindeutig von der Nutzung in Richtung Biodiversität verschoben, sagte Mohr. In einer nächsten Phase widme sich der Kanton Bern vermehrt der Kontrolle, weil Planung ohne Kontrolle nichts nütze.

Handlungsspielräume ausloten

Recht kritisch zur Vergangenheit der forstlichen Planung äusserte sich Felix Lüscher, Bereichsleiter Wald der Oberallmeindkorporation Schwyz, und in dieser Funktion verantwortlich für 9000 Hektaren Wald. „Planung muss sich auf die Umsetzung beziehen und darf nicht mehr Selbstzweck sein“, sagte er und spielte damit auf die früheren Wirtschaftspläne an, die vorwiegend durch den Forstdienst erstellt wurden. Ein wesentlicher Aspekt der Planung sei es, Handlungsspielräume auszuloten. Lüscher plädierte auch dafür, dass die Waldeigentümer bei der Bewirtschaftung der Wälder, die sich nicht durch öffentliche Vorrangfunktionen wie Schutz oder Erholung auszeichnen, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen frei sein sollten.

Den Wald und die ETH planen

Was hat Planen im Wald mit der Planung an einer Hochschule gemeinsam? Erstaunlich viel, stellte Gerhard Schmitt, Vizepräsident für Planung und Logistik der ETH Zürich, fest, ohne in seinem Referat jedoch genauer darauf einzugehen. Er stellte aktuelle ETH-Projekte vor und und erläuterte, wie an der ETH geplant wird. Folgende Fragen stünden im Vordergrund: Wo soll die ETH in fünf oder zehn Jahren stehen? In welchen Gebieten soll sie forschen? Und immer mehr stelle sich auch die Frage, wie sich die ETH finanzieren solle. Gerade diese letzte Frage beschäftigt derzeit auch viele Forstbetriebe. Beim anschliessenden Apéro noch einmal auf die Gemeinsamkeiten zwischen Wald und ETH angesprochen, meinte Schmitt: „Oh ja, die gibt es, von den langen Planungszeiträumen bis hin zu den Sturmschäden.“

Trotz Erfolg ungewisse Zukunft

Gemäss einer aktuellen Erhebung der Professur für Forsteinrichtung und Waldwachstum sind auf 60 Prozent der Waldfläche der Schweiz Waldentwicklungspläne bereits in Kraft oder in Bearbeitung. Peter Bachmann bezeichnete dies als Erfolg für die forstliche Planung. „Vor 15 Jahren war Vieles, was derzeit realisiert wird, noch nicht einmal denkbar“, sagte er. Die Zukunft und der Stellenwert der forstlichen Planung im neuen Departement Umweltwissenschaften ist jedoch ungewiss. Nach der Emeritierung von Peter Bachmann, der in den vergangenen Jahren auch als Prorektor für Diplomstudien wirkte, wird dieses Fachgebiet nicht neu besetzt.




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