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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 14.04.2005 06:00

Neues Zentrum für Organisations- und Arbeitswissenschaften
Homo faber unter der Lupe

An der ETH macht sich ein neuer Kompetenzen-Pool die ganzheitliche Erforschung des grossen Themas Arbeit und Organisation zur Aufgabe. Das Zentrum für Organisations- und Arbeitswissenschaften (ZOA) im D-MTEC ist seit dem 1. April operativ. Es bündelt zum einen die bereits existierenden Kompetenzen in Ergonomie, Arbeitsphysiologie und –psychologie und erweitert zum andern den Blick in Richtung "Public Health".

Norbert Staub

Sie prägt und strukturiert unser Leben nachhaltig, doch selten machen wir uns Gedanken darüber, wie sie das tut und welche weiteren Faktoren mitspielen – die Rede ist von unserer Arbeit. Sie befriedigt, fördert das Selbstwertgefühl und macht, im besten Fall, glücklich. Sie kann uns aber auch belasten und verunsichern. Insbesondere in einer Zeit, da Kontinuität längst nicht mehr zu den unverrückbaren Attributen einer Erwerbstätigkeit gehört, sondern im Gegenteil gerne vergangenen Zeiten zugeordnet wird.

Von der Heimat zur ständigen Herausforderung

Arbeit ist nicht mehr Heimat im Sinne von stabiler Umgebung und gleich bleibender sozialer Einbettung. Ganz zu schweigen vom eigentlichen Arbeitsinhalt, der sich in vielen Branchen im Zeichen maximaler Bereitschaft zu Flexibilität und Reaktivität sowie im Zuge technologischer Umwälzungen mit einer Rasanz wandelt, welche Arbeitsorganisationen und die darin Tätigen laufend vor neue Aufgaben stellt.

Die ETH Zürich packt jetzt dieses grosse und virulente Thema institutionell auf neue Weise an: Anfang April ist im Departement Management, Technologie und Ökonomie (D-MTEC) ein neues Zentrum für Organisations- und Arbeitswissenschaften (ZOA) gegründet und bestehendes Know-how dorthin überführt worden. Entstanden ist es aus dem Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie (iha) und dem Institut für Arbeitspsychologie (ifap).

Ganzheitlicher Ansatz

Nach dem Entscheid der Schulleitung der ETH, die Professur für Ergonomie des emeritierten iha-Leiters Helmut Krüger nicht neu besetzen, drängte sich eine Neuorientierung auf. „Einerseits war klar, dass die enormen, in über einem Jahrhundert gewachsenen Kompetenzen des iha erhalten bleiben müssen“, sagt Theo Wehner, Professor für Arbeitspsychologie und Ansprechpartner der neuen Forschungs- und Lehreinheit. „Andererseits gibt uns das nun umfassende Fachwissen innerhalb des Zentrums die Möglichkeit, die Herausforderungen des Themenkomplexes Mensch und Arbeit ganzheitlich anzugehen.“ Denn das Zentrum bringe selbständige Professuren und Forschungsgruppen zusammen, ohne die bei einer Institutsgründung unvermeidlichen Abgrenzungen nach aussen machen zu müssen.

„Die betont schlanke Struktur, also weitgehendes Fehlen von Hierarchien und administrativem Überbau sowie die Möglichkeit, verschiedenen Zentren anzugehören, sind für unsere Themenstellungen ideal“, meint Theo Wehner.


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Arbeiten heisst zunehmend, seine Leistung unter inhaltlich und technologisch rasch wechselnden Bedingungen zu erzielen.

Integration und Kooperation also ist in erster Linie thematisch motiviert; die Forschenden und Lehrenden gruppieren sich nach diesem Prinzip, das heisst: immer wieder neu. Diese Struktur sei natürlich auch ein genauer Spiegel dessen, was in der Arbeitswelt ausserhalb der Academia (siehe oben) vor sich geht, erklärt Wehner.

Immer wichtiger: Vertrauen und Verantwortung

Der erwähnte Trend zu Flexibilität, wachsender Mobilität und das Verschwinden identitätsstiftender Aspekte in der Arbeit seien Problematiken, zu welchen von den Arbeits- und Organisationswissenschaften Vorschläge erwartet und an der ETH unter anderem durch das Arbeitsgebiet von Gudela Grote, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie, auch vertreten werden. Mit neuen Realitäten, so Wehner, werde man zum Beispiel auch bei den impliziten Übereinkünften konfrontiert. „An die Stelle von Arbeitsplatzsicherheit ist die Erhaltung der individuellen Beschäftigungsfähigkeit getreten."

Zudem gelte es, der weitgehenden Gestaltbarkeit der Arbeitsprozesse Rechnung zu tragen. „Standardisierte Operationen machen vielleicht noch im Cockpit Sinn“, so Wehner, „aber bestimmt nicht im Büro.“ Entsprechend werde die Rolle von Vertrauen und Verantwortung wichtiger, und zwar bis auf die Sacharbeiter-Ebene. Ausserdem müssen auch Tätigkeiten ausserhalb der bislang zu eng als Erwerbsarbeit definierten Arbeit in den Blick genommen werden, also Fragen der Gestaltung von Miliz-, Haus- und gemeinnütziger Arbeit, findet der Arbeitspsychologe. „Und nicht zuletzt geht es, zumal an der ETH, auch immer um die Reflexion der Rolle der Technik, das heisst um die Schnittstelle Mensch-Technologie beziehungsweise Mensch-Maschine.“

Gesellschaftliche Perspektive

Wie bisher wird die arbeits- und organisationswissenschaftliche Forschung an der ETH einen breiten Ansatz verfolgen, der sich naturgemäss an der Lebenswirklichkeit in Arbeitszusammenhängen orientiert. Zusätzlich soll die Perspektive künftig weiter in die Gesellschaft hineinreichen: Konkret besteht der Wunsch, am ZOA eine Professur für Gesundheitsforschung mit einer Fachperson zu besetzen, welche sowohl an der ETH wie an der Medizinischen Fakultät der Uni Zürich verankert sein soll. Davon abgesehen wird sich der Kontakt zur Medizin ohnehin intensivieren: Mit Felix Gutzwiller, Professor für Sozial- und Präventivmedizin an Universität, hat das neue Zentrum bereits ein prominentes Mitglied von ausserhalb der ETH gewonnen.




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