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Publiziert: 07.05.2003 06:00

Pharmazeutische Chemie
Valium und LSD feiern Geburtstag

Chemiker leben lange. Zumindest Leo Sternbach, der heute Mittwoch seinen 95. Geburtstag feiert, und Albert Hofmann, der am 11. Januar 97 Jahre alt wurde. Sternbachs Weg führte an die ETH, Hofmanns an die Universität Zürich.

Von Michael Breu

Das letzte Gespräch liegt 15 Jahre zurück. Leo Sternbach, in Anzug und Krawatte bekleidet, betrat das Labor im Bau 15 bei Hoffmann-La Roche in Basel: „Und? Wie läuft die Chemie?“ Eine Standardfrage, die von einem beinahe stereotypen Griff an die dicke Brille begleitet wurde. Wie die Chemie läuft, das interessierte ihn; ihn, Sternbach, der sich bis vor einem Jahr noch täglich von seiner Frau Herta vom gemeinsamen Wohnsitz im Upper Montclair an den amerikanischen Roche-Hauptsitz in Nutley chauffieren liess – obwohl er 1973 pensioniert wurde. Leo Sternbach hat die Pharmazeutische Chemie mitgeprägt, hat Roche mit der Erfindung der Benzodiazepine den Neubau des Forschungstrakts 15 ermöglicht und mit „Valium“ ein Stück Medizingeschichte geschrieben. Heute feiert es seinen 95. Geburtstag.

Das Beruhigungsmittel "Valium": Vor vierzig Jahren entdeckt und noch heute ein Verkaufsschlager. Bild: Hoffmann-La Roche gross

Leo Sternbach kam am 7. Mai 1908 als erstes Kind eines polnischen Juden und einer ungarischen Jüdin im heute kroatischen Abbazia zur Welt. Sein Vater führte eine Apotheke. So kam es, dass Leo nach der Matura Pharmazie zu studieren begann. Doch das Fach behagte ihm nicht; er wollte Chemiker werden. Die Fürsprache seines Onkels ermöglichte die Verwirklichung seines Traumes: Leo Sternbach konnte an der Universität Krakau Chemie belegen und promovierte 1931 bei Karol Dziewonski über Benzoylchlorid, eine Substanz, die ihm später die Synthese der Benzodiazepine ermöglichen sollte. Doch zuerst führte sein Weg nach Zürich an das Labor von ETH-Professor und Chemie-Nobelpreisträger Leopold Ruzicka (1887-1976). Sternbachs Zeit in Zürich ist noch aus einer anderen Hinsicht von Bedeutung: Hier lernte er seine künftige Frau Herta Kreuzer – die Tochter der Zimmervermieterin – kennen; er heiratete sie 1941.

Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg flüchteten Leo und Herta Sternbach in die USA; Leo begann 1941 bei Roche Nutley seine Karriere als Forschungschemiker.


„Good Chemistry“

Im Herbst erscheint von Alex Bänninger im New Yorker McGrawHill-Verlag das Buch „Good Chemistry: the Life ans Legacy of Valium Inventor Leo Sternbach“, und vor einem Jahr erschien von Dokumentarfilmer Rolf Lyssy der Film „Leo H. Sterbbach: Eine Liebe zur Chemie“.

Von Albert Hofmann ist eine ganze Reihe von Büchern erschienen. Das bekannteste ist wohl „LSD – Mein Sorgenkind“, in dem er die Entdeckung der „Wunderdroge“ beschreibt (Klett-Cotta). Die Originalversion ist im Solothurner Nachtschatten-Verlag erhältlich – wie auch die Bücher: „Einsichten und Ausblicke“, „Die Mutterkornalkaloide“ und „Lob des Schauens“. „Lob des Schauens“ heisst zudem ein Porträt von Peter Jaeggi, das vor zwei Jahren von SR Radio DRS 1 ausgestrahlt wurde. „Zehn Jahre alt ist Albert Hofmann, als er auf einem Waldspaziergang ein mythisches Erlebnis hat, das sein Denken auf seinem Lebensweg prägen sollte. Schauen, was hinter erklärbaren Dingen steckt, das ist, was Hofmann fasziniert“, berichtet Peter Jaeggi. Albert Hofmann stellte Anfang Mai 2003 an der Messe „BuchBasel“ seine Bücher an einer Autorenlesung vor.

Die Arbeiten von Albert Hofmann sind im Internet dokumentiert unter http://www.hofmann.org/hofmann/index.html. Eine Übersicht zu den Arbeiten von Leo Sternbach vermittelt die Web-Site http://www.benzo.org.uk/valium2.htm.




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Leo Sternbach, Erfinder von "Librium" und "Valium". Heute wird er 95 Jahre alt. Bild: Hoffmann-La Roche

1947 entdeckte er einen Weg zur künstlichen Herstellung von Biotin, einem Vitamin der B-Reihe, 1953 folgte die Herstellung von Clidiniumbromid für die Behandlung von Magenerkrankungen (heute von ICN als „Librax“ im Handel), 1960 die Synthese von „Librium“, einem Medikament gegen Depressionen. 1963 – vor vierzig Jahren – gelang ihm schliesslich die „sensationelle Weltentdeckung“ (Zitat Roche): die Synthese des Beruhigungsmittels „Valium“. Auf „Librium“ und „Valium“ folgte später eine ganze Reihe weiterer Verbindungen, an deren Herstellung Sternbach als Chemiker mitwirkte. Insgesamt ist er an 230 Patenten mitbeteiligt. Heute Mittwoch wird der Jubilar seit 1997 zum ersten Mal wieder in Basel „seinen“ Bau 15 besuchen, zusammen mit seiner Frau Herta (80), sowie den beiden Söhnen Michael (60) und Daniel (54).

Albert Hofmann 1953 in seinem Forschungslabor bei Sandoz in Basel. Hier entdeckte er LSD. Bild: www.hoffmann.org

Den hohen 97. Geburtstag feierte am 11. Januar der Chemiker Albert Hofmann. Der Badener studierte an der Universität Zürich und wechselte 1929 als Forschungschemiker an die pharmazeutischen Laboratorien der Sandoz AG in Basel, wo er bis 1971 arbeitete. „Vergangenen Freitag, 16. April 1943, musste ich mitten am Nachmittag meine Arbeit im Laboratorium unterbrechen und mich nach Hause begeben, da ich von einer merkwürdigen Unruhe, verbunden mit einem leichten Schwindelgefühl, befallen wurde“, schrieb Hofmann in seinem Bestseller „LSD – Mein Sorgenkind“. „Schnell war mir klar, dass Lysergsäurediethylamid die Ursache des merkwürdigen Erlebnisses war.“ LSD, so die Kurzform der Substanz, wurde schliesslich von 1947 bis 1966 hergestellt zur Verwendung in der Psychiatrie und Neurologie; den ersten wissenschaftlichen Bericht über die Wirkung von LSD publizierte übrigens 1947 die Universität Zürich. In den 1960er-Jahren wurde LSD zur Kultdroge. Albert Hofmann findet heute: „LSD gehört nicht auf die Strasse.“ In der Medizin wird LSD nicht mehr verwendet; ein vor zehn Jahren eingereichtes Gesuch für neue Studien wurde zurückgezogen.

"Einsichten und Ausblicke": Albert Hofmann stellt an der Messe "BuchBasel" die Neuauflage seines Buches vor. Bild: MCH Messe Basel AG gross




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