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Publiziert: 21.11.2001 06:00

BUWAL verbietet Freisetzung des Gentech-Weizens der ETH
Aus für Gentech-Versuch der ETH

Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) lehnt das Gesuch der ETH für einen Freisetzungsversuch mit gentechnisch verändertem Weizen ab. Das Schadenspotenzial des Versuches sei nicht abschätzbar. Der Versuchsinitiant Christof Sautter vom Institut für Pflanzenwissenschaften der ETH zeigt sich enttäuscht über den Entscheid. Dies sei eine verpasste Chance für den Forschungsplatz Schweiz.

(cm/nst/Li) Gestern gab das BUWAL seinen lange erwarteten Entscheid bekannt: das Gesuch des Instituts für Pflanzenwissenschaften für einen Freisetzungsversuch mit gentechnisch verändertem Weizen wird nicht bewilligt. Aufgrund des heutigen Wissensstands könnten die möglichen Gefahren für Mensch und Umwelt nicht abgeschätzt werden. Beim Versuch hätte auf acht Quadratmetern gentechnisch veränderter Weizen angepflanzt werden sollen. Beim Weizen war ein Gen für das sogenannte Killer-Protein 4 (KP4) eingefügt worden, das dem Getreide eine Resistenz gegen den Pilz "Stinkbrand" verlieh.

Argumente nicht beachtet?

Konkret bemängelt das BUWAL, dass die Kopienzahl des KP4-Gens nicht bekannt, die Wirkungsbreite des KP4-Proteins ungenügend geklärt und die vorgängigen Untersuchungen zu Nebenwirkungen mangelhaft seien. Auch wurde die veraltete Technik mit der Verwendung eines Antibiotika-Resistenz-Gens bemängelt. Da der Stinkbrand relativ selten in der Schweiz auftritt, ist das BUWAL zudem der Meinung, dass Mensch und Umwelt nicht einem unbekanntem Produkt, das offenbar nicht benötigt wird, ausgesetzt werden soll.

stinkbrand
Rechts im Bild: vom Stinkbrand befallener Weizen gross

Gesuchsteller Christof Sautter vom Institut für Pflanzenwissenschaften zeigt sich enttäuscht - vor allem über die Begründung der Ablehnung. "Offenbar sind viele Argumente, die ich in den Nachforderungen zum Gesuch ausführlich angebracht habe, nicht in die Beurteilung eingegangen", meint Sautter gegenüber ETH Life. So sei das eingefügte "KP4" in dem Versuch überhaupt nicht sicherheitsrelevant. Im übrigen werde die Forschung immer mit Pflanzen arbeiten, die dem Sicherheitsstandard für eine Inverkehrbringung nicht entsprechen.

Die Antibiotikaresistenz werde erst seit kurzem öffentlich so stark diskutiert. "Da reichen einige spitze Äusserungen - auch wenn sie ungerechtfertigt sind - um ein ganzes Forschungsgebiet in Verruf zu bringen", sagt Christof Sautter. Die Forschung hinke dem hinterher, denn "für die Herstellung einer transgenen Pflanze braucht es drei Jahre".


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Stinkbrand
Versuchsinitiant Christof Sautter:"Die Begründung des BUWAL enthält logische Schleifen." gross

BUWAL will "Latte hoch legen"

Laut BUWAL-Direktor Philippe Roch wolle man bewusst "die Latte sehr hoch legen", um die Gefahr schädlicher Auswirkungen einer solchen Freisetzung zu minimieren. Dazu Christof Sautter: "Die Begründung des BUWAL enthält logische Schleifen: Man verlangt zum Beispiel von mir, man müsse die Auswirkungen auf die Umwelt besser prüfen, bevor man mit der Pflanze in die Umwelt geht - da fehlt es für mich an Logik."

Zudem habe er mehrere zusätzliche Projekte zur Biosicherheit in dieses Projekt eingeführt, die aber offenbar nicht berücksichtigt wurden. Rochs Aussage, dass künftig auch die Sicherheit in Vegetationshallen erhöht werden soll, lässt den Schluss zu, dass das BUWAL in diesem Punkt weiterhin äusserst restriktiv sein wird.

Auf den BUWAL-Vorwurf, der Versuch sei zuwenig praxisrelevant, entgegnet Christof Sautter: "Für die Forschung ist der Stinkbrand ein wunderbares Modell, weil man ihn im Gegensatz zu anderen Krankheiten leicht handhaben kann." Abgesehen davon sei es aber kurzsichtig, den Entscheid zum Gesuch allein auf die Schweiz zu fokussieren: "Das verhindert, dass unsere Resultate unter Umständen auch den Kleinbauern in der Dritten Welt zugute kommen."

Andere Gremien waren dafür

Im Unterschied zum BUWAL hatten alle anderen involvierten Bundesämter (Bundesamt für Gesundheit, Bundesamt für Landwirtschaft, Bundesamt für Veterinärwesen), die Eidgenössische Fachkommission für biologische Sicherheit und die Eidgenössische Ethikkommission das Experiment befürwortet. Die ETH sieht im Entscheid ein sehr ungünstiges Signal für den Forschungsstandort Schweiz und seine Konkurrenzfähigkeit.

Vorteile ja – Risiko nein

Zieht der Pflanzenwissenschaftler jetzt in Betracht, seine Forschung ins weniger streng reglementierte Ausland zu verlegen? "Das finde ich ethisch ganz schwierig", so Sautter, "denn das hiesse ja: Die Vorteile solcher Forschung möchte man schon gern in der Schweiz geniessen, aber das geringste Risiko fürchtet man so sehr, dass man damit ins Ausland geht." Er wolle sich nicht dem Vorwurf aussetzen, den strengen Prüfkriterien in der Schweiz zu entkommen zu versuchen. Ob gegen den Entscheid Rekurs eingelegt werden soll, ist noch offen.


Literaturhinweise:
Medieninformation der ETH Zürich: "ETH bedauert Entscheid des Buwal": www.cc.ethz.ch/medieninfo/
BUWAL-Medienmitteilungen: "Schadenpotenzial nicht abschätzbar": www.umwelt-schweiz.ch
ETH Life-Bericht vom 5.3.2001 "Das BUWAL hat es in der Hand": www.ethlife.ethz.ch/tages/show/BUWALEntscheide.html
ETH Life-Bericht vom 22.2.2001 "Fakten statt Spektakel": www.ethlife.ethz.ch/tages/show/FreilandversuchStin.html



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