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Publiziert: 05.06.2001 06:00

Satellit "Hessi" übermittelt astronomische Bilder höchster Energie an die ETH Zürich
Den Sonneneruptionen auf der Spur

Wenn alles planmässig läuft, wird der Satellit "Hessi" am 7. Juni mit "Made in Switzerland"-Teilen bestückt, durch eine Pegasus-Rakete vom Atlantik aus in seine Erdumlaufbahn gebracht. An der ETH Zürich steht ein Datenzentrum und ein erwartungsvolles Team von Astronomen und Informatikern unter der Leitung von Professor Arnold Benz bereit. Erwartungsvoll, weil "Hessi" zum ersten Mal in der Geschichte der Astronomie Bilder von Strahlen mit höchster Energie - im Bereich der Röntgen- und Gamma-Strahlen - aufnehmen wird. Diese Daten werden von der ETH für die weltweite Nutzung weitergegeben.

Von Regina Schwendener

Übermorgen wächst bei den Astronomen der ETH an der Scheuchzerstrasse die Spannung. Für Donnerstag ist der Start vom High Energy Solar Spectroscopic Imager ("Hessi") ins Weltall geplant. Die Pegasus-Rakete, mit der der Satellit in die Umlaufbahn gebracht wird, startet von einem Flugzeug über dem Atlantik. Gespannt werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Flug des Satteliten von diesem Augenblick an begleiten.

Neueste Technik entwickelt und eingesetzt

Durch die Zusammenarbeit von Astronomen und Informatikern wurden neue Methoden entwickelt, mit denen die riesige Datenflut, die ab Donnerstag auf Zürich einstürzen wird, bewältigt werden kann. Die Gruppe für Radioastronomie und Plasmaphysik hatte bereits 1996 den Schwerpunkt ihrer Arbeit vom Forschungsbereich solare Radioastronomie auf Röntgenastronomie erweitert. Dazu stiess ein weiterer Doktorand, der nur für "Hessi" arbeitet, ein Postdoc vom Paul-Scherrer-Institut (PSI) als Gast, ein Ingenieur für Datenverarbeitung und je ein Doktorand der Institute für Computersysteme und Informationssysteme. Die "Hessi"-Gruppe vervollständigten die Professoren Gustavo Alonso, Arnold Benz und Thomas Gross.

Hessi/ETH-Astronomen, Informatiker
Ab 7. Juni wird "Hessi" Daten an die ETH Zürich übermitteln, die modernste Technologie in Bilder umwandelt. gross

Im durch diese Gruppe initiierten Datenzentrum wird heute neueste Informationstechnologie entwickelt - Hardware und ein auf zehn Terabyte ausbaubarer Server - und eingesetzt. Einer der Postdocs der Gruppe arbeitet inzwischen über ein Nationalfonds-Stipendium bei der Nasa am Software-Projekt des Datenzentrums mit. Im Datenzentrum der ETH Zürich werden aus den einzelnen eintreffenden Photonen Bilder rekonstruiert. Die Bildtechnik dazu wurde bei der Nasa entwickelt. Dank des neuartigen Germanium-Detektors, von der Universität Kalifornien in Berkeley gebaut, wird es erstmals möglich, das Energie-Spektrum der Strahlung vollständig aufzulösen. Allerdings müsse der Detektor auf minus 200 Grad Celsius heruntergekühlt werden, sagt Arnold Benz . Das Teleskop und die Vorrichtung zu seiner Orientierung wurden am PSI entwickelt. Benz unterstreicht: "Wir sind in der theoretischen Forschung von Beschleunigungsprozessen in kosmischen Plasmen relativ weit vorn. Für uns ist die Beteiligung ein sehr wertvoller Beitrag zu unserer Forschungsarbeit im Bereich der Radio- und UV-Strahlung, sehen wir doch künftig nicht nur einzelne Teile, sondern verschiedene Wellenlängen, die sich zum Ganzen zusammenfügen." Der Vorgänger von "Hessi" habe nur Bilder bei sehr viel kleineren Energien machen können (www.astro.phys.ethz.ch/staff/shilaire/private/MOVIES/zoomed.mpg).

Nadel im Heuhaufen suchen

Bald werden aus den aus dem Weltall ankommenden Daten viele Bilder rekonstruiert. Die Daten können von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nach eigenen Vorgaben in Zürich per Internet bestellt, direkt visualisiert oder weiterverarbeitet werden.


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Hessi/ETH-Astronomen 2
Die ETH-Astronomen hoffen, durch die Daten dem Rätsel der Sonneneruptionen auf die Spur zu kommen. gross

Die über den ETH-Computer erarbeiteten Daten/Bilder werden auf einer speziellen Datenbank abgelegt und stehen weltweit über Internet allen Interessierten zur Verfügung. Die an der ETH entwickelte Technologie baut auf dem Vorgänger-Projekt der Nasa auf und führt zu Filmen, auf denen man sieht, wie sich die Quelle der Eruptionen bewegt.

"Für die Forscherinnen und Forscher heisst es, die Ergebnisse auszuwählen, die ihrem Forschungsziel entsprechen. Für uns an der ETH bedeutet es, die Nadel im Heuhaufen zu suchen, um neue Erkenntnisse zu erhalten", meint Arnold Benz. Die Spannung lässt er sich dabei nicht anmerken. "Hochenergiestrahlen aus dem Weltall werden in der Atmosphäre absorbiert und erreichen den Erdboden nicht. Daher können sie nur von Satelliten aus beobachtet werden", erläutert er. Röntgen- und Gammastrahlen würden von energiereichen Elementarteilchen im Weltraum verursacht, wenn sie mit einem anderen Teilchen zusammenstossen würden. Benz bedauert einerseits, dass durch die in "Hessi" eingesetzte Technologie Abbildungen vorläufig nur bei den stärksten Quellen am Himmel möglich seien, zum Beispiel für die Sonneneruptionen und Supernova-Überreste im Krabbennebel, freut sich natürlich andererseits darüber, weil es erstmalig sein wird. Er gibt zu bedenken: "Die Sonneneruptionen, die Beschleunigung der Elementarteilchen, ist für uns noch immer eines der grössten Rätsel. Es bestehen berechtigte Hoffnungen, dass ‚Hessi' einen wichtigen Teil davon lösen kann." Den gesamten Prozess werde man wohl nie ganz verstehen, aber vielleicht würde es die Wissenschaft schaffen, dessen Prinzip zu verstehen. "Wir wissen ja heute nicht mal, wo die Eruptionen stattfinden - unter der Sonnenkorona oder 100'000 Kilomter über der Oberfläche", so Benz. Die Masse von Daten werde daher die Basis der künftigen Forschung von Astronomen, aber auch von Informatikern an der ETH Zürich bilden. Und manchmal hilft ja auch der Zufall Erkenntnissen auf die Sprünge.

Geringe Kosten, hoher Profit

Für die ETH ist das Projekt, an dem sie sich nicht nur mit dem Datenzentrum, dem Radioteleskop und später der weltweit öffentlichen Zugänglichkeit der Daten beteiligt ist, also sehr wichtig. "Wir sind im Wettbewerb mit der ganzen Welt, haben aber den Vorteil, auf unserer jahrelangen Erfahrung aufbauen zu können und zudem - da ja die Daten bei uns gesammelt und verarbeitet werden - schneller darauf zugreifen zu können", beschreibt Benz das Engagement der ETH. Geleitet wird das gesamte Projekt jedoch aus den USA. Die Zusammenarbeit der USA mit der Schweiz kam aufgrund der weltweit hohen Anerkennung der Sonnenforschung an der ETH Zürich zustande. Der "Hessi" wurde nach dem Muster der "Small Explorer" der Nasa entwickelt. Professor Benz. "Seine Konstruktion wurde erst im September 1997 beschlossen und nach dem Motto "faster, chaeaper, better" in kürzester Zeit durchgeführt." Trotzdem sei die kurze Entwicklungszeit immer noch aussergewöhnlich. Und Benz macht klar, wie gering die Kosten für die ETH sind, vergleicht man sie mit der Bedeutung des Projektes und dem daraus resultierenden wissenschaftlichen Nutzen: Sie belaufen sich auf rund eine Million Franken.


Literaturhinweise:
Institute of Astronomy, ETH Zurich: www.astro.phys.ethz.ch
Infos zu Hessi an der Berkeley University: http://hessi.ssl.berkeley.edu/visitor-center/



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