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Feuer oder Asche? |
Alexander Zehnder Angeregt durch ein Zitat in der letzten NZZ am Sonntag „Tradition ist nicht Aufbewahrung der Asche, sondern Weitergabe des Feuers“ habe ich versucht, die Quelle für dieses Zitat zu ergründen. Historisch die erste Quelle, auf die ich stiess, war der englische Staatsmann Thomas Morus (1477 bis 1535). In leicht abgewandelter Form haben der amerikanische Staatsmann Benjamin Franklin, der französische Politiker und Philosoph Jean Jaurès, der Komponist Gustav Mahler, die Schriftstellerin Ricarda Huch, Johannes XXIII und der EU-Kommissar Ján Figel dieses Zitat wieder verwendet. Möglicherweise geht dieses Zitat viel weiter zurück in der Geschichte und sicher haben weitere Persönlichkeiten bei passenden Gelegenheiten sich dessen bedient. Leider habe ich keine Exponenten von Universitäten als Zitierende gefunden. Eigentlich verwunderlich! Das Feuer weiter zu reichen ist die Urtradition der Universitäten. Leider ist das Feuer oft auch nur noch ein Flämmchen oder eine kleine Glut. Beim Weiterreichen läuft nicht immer alles rund. Wissen und Forschung faszinieren viele. Es gibt heute mehr Wissens- und Forschungsbeilagen in den Tages- und Wochenzeitungen denn je. Bei jeder angesehenen Zeitung arbeiten Wissenschaftsjournalisten. Das gleiche gilt für die elektronischen Medien. In bester Erinnerung sind mir die Auftritte der Professoren zum Jubiläum der ETH, oder die Veranstaltungen auf dem Platzspitz und in der Halle des Hauptbahnhofs. Von nah und fern sind Menschen herbeigeströmt, um sich von der Wissenschaft, ihren Möglichkeiten und Resultaten begeistern zu lassen. Welch ein Kontrast zur Wahrnehmung der Wissenschafter selbst! Aus universitären Kreisen wird oft das Unverständnis der Politik für Forschung und wissenschaftliche Erkenntnis beklagt. Dies geschieht meist im Umfeld von Budgetfestlegungen und Abstimmungen. Sollte sich die Gemeinschaft der Wissenschafter nicht eher fragen, ob sie genügend tut, um das Feuer auch ausserhalb der Universitäten und Wissenschaftsorgane weiter zu geben? - Oder beschränkt sie sich darauf, lediglich die Asche der akademischen Freiheiten zu bewahren und zu verteidigen?
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Der Ruf nach Öffentlichkeit und Dialog wird sporadisch laut, leider bleibt er mit Ausnahmen ein Lippenbekenntnis. Die zukünftigen Herausforderungen an uns, unser Land, ja die Menschen dieser Erde, können nur mit Hilfe der Wissenschaft gemeistert werden. Dazu gehört ein intensiver Dialog, der diesen Namen verdient. Solange wir Wissenschafter zu stark zum Dozieren neigen, springt der Funke nicht über, das Feuer erlischt. Gefragt ist das Gespräch, die Einbindung der Zuhörenden. Auch hier gilt: Einmal ist kein Mal. Öffentlichkeitsarbeit kann nur teilweise delegiert werden. Der Inhalt und die Worte müssen von den Forschenden in einer Sprache kommen, die zur Tradition der Öffentlichkeit gehört. Nur so kann das Feuer übertragen werden, nur so können die Universitäten ihren vollständigen Beitrag an die Gesellschaft leisten. Der Dialog muss stetig sein, Unterbrüche über längere Zeitperioden sind fatal. Feuer oder Asche? Feuer natürlich! Und, oh Wunder, plötzlich werden wir verstanden!
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