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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 04.02.2004 06:00

Kulturwandel

Von Meinrad Eberle

Neueste Untersuchungen belegen einmal mehr, dass die besten Universitäten im angelsächsischen Raum zu finden sind. Und diese Universitäten sind nicht nur private Institutionen, sondern darunter befindet sich zum Beispiel auch die University of Berkeley. Diese Universitäten sind aus verschiedenen Gründen sehr gut: Eine handverlesene Studentenschaft, eine hoch qualifizierte, wettbewerbsfreudige Professorenschaft und zum Teil hervorragende Beziehungen zur Wirtschaft, eine Wirtschaft, welche den engen Schulterschluss mit den Universitäten sucht.

Doch die Laboreinrichtungen: Im Mittel weit unter dem Standard der ETH Zürich. Fraglos sollen nicht alle Elemente des angelsächsischen Systems übernommen werden, aber es wäre sicher sinnvoll, sich zu überlegen, was getan werden könnte, um die Qualität der Neueintretenden zu steigern. Und zu überlegen ist auch, was wir tun könnten, um Studierende spätestens nach dem Erreichen des Bachelorgrades in Forschungsprojekte zu integrieren – zum Teil wird dies bereits gemacht.

Wir brauchen eine Kultur, die den Wirtschaftskontakt begrüsst. Dies heisst in keiner Art und Weise, dass wir damit unsere Forschungsfreiheit verlieren. Schön wäre zum Beispiel, wenn bereits in der industriellen Brainstormingphase der Kontakt zur Hochschule gepflegt würde; dies zum Vorteil beider Partner. Und schliesslich muss es darum gehen, Leistung auf allen Ebenen zu honorieren – mehr Wettbewerb ist angesagt.


Zur Person

Er habe keine Probleme, die Erfahrungen als Direktor des Paul-Scherrer-Instituts in die Projektleitung für das ETH-Jubiläum 2005 einzubringen, sagt Meinrad Eberle. „Zentral ist: Man muss wissen, was man will und fähig sein, das in eine Strategie, dann in ein Projekt und schliesslich in Wirklichkeit umzusetzen. Darauf beruht ja das gesamte Management-ABC“, so Eberle, bis 2002 ETH-Professor für Verbrennungsmotoren und Verbrennungstechnik. Einen wichtigen Unterschied gebe es aber doch: „Ich kann das Projekt ‚150 Jahre ETH’ niemandem verordnen, ich muss die ETH-Angehörigen dazu motivieren.“ Kürzer zu treten, war für für den zupackenden Workaholic nach seiner Pensionierung vor einem Jahr kein Thema. Von sich selbst sagt er, er sei „von den ausgezeichneten Rahmenbedingungen der ETH verwöhnt worden“. Dagegen sei vielen ETH-Angehörigen, auch Professoren, zuwenig bewusst, was sie an ihrer Hochschule haben. Mit Kritik werde verschwenderisch umgegangen, mit Lob weniger. „Das Jubiläum ist eine Chance, der enormen Qualität unserer ETH mehr Profil zu geben“. Das Jubiläumsjahr werde vieles sein, nur keine „Bier- und Wurst-Veranstaltung“, betont der Jubiläumsminister. „Discover ETH“ solle denn auch weniger zur Rückschau werden als Anlass zum Aufbruch. Je unorthodoxer, erfrischender, unschweizerischer das geschehe, umso besser.




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Ex-PSI-Chef, Jubiläums-Manager und "ETH Life"-Kolumnist: Meinrad Eberle

Die Zukunft wird in einem stärkeren Mass durch interdisziplinäres, bzw. transdisziplinäres Tun geprägt sein. Die Disziplinen scharen sich um Projekte. Wie würde eine Universität aussehen, welche projektgetrieben forscht? Woher kommen die Projektideen? Die Forschungsleistung wird noch immer in erster Linie disziplinbezogen beurteilt – was ist der Massstab für interdisziplinäres Forschen? Der Gedanke, in grösseren Systemen zu denken, muss die Oberhand gewinnen, ohne aber die Disziplin zu verlieren – ein schwieriges Unterfangen. Eine hervorragende Labor-Infrastruktur garantiert noch keinen Nobelpreis, es braucht viel mehr. Projektbezogenes Arbeiten setzt ein Minimum an Sozialkompetenz voraus; wie finden wir Forscherinnen und Forscher, welche nicht nur über eine hohe Fachkompetenz, sondern auch über eine genügende Sozialkompetenz verfügen?

Die Aussage, dass die Veränderung die einzige Konstante sei, ist so trivial wie wahr. Wir tun uns sehr schwer damit, Veränderung als Chance wahrzunehmen. Manchmal könnte man glauben, es sei die Hauptaufgabe, den status quo zu bewahren. Neue Ideen innerhalb der Disziplin sind in Ordnung, Neues ausserhalb der Disziplin, welches zu einer allfälligen Umverteilung der Mittel führen könnte, ist suspekt. Es herrscht die Angst, man könnte dabei etwas verlieren.

Die Schweiz hat zunehmend Probleme, weil sie mit Veränderungen nicht oder nur sehr bedingt umgehen kann und an riesige Zeitkonstanten gewöhnt ist. Doch Veränderungen sollten nicht von aussen aufgezwungen werden, sondern von innen kommen.

Ich plädiere also für eine ETH Zürich, welche sich vermehrt wettbewerbsfreundlich zeigt, engere Bande mit der Wirtschaft knüpft, Leistung honoriert und antizipatorisch die Zukunft gestaltet.




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