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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 09.03.2005 06:00

Mehr Respekt für das Thema "Respekt"

Von Raimund Bühner

Ende letzten Jahres erreichte uns Angestellte ein Faltblatt mit dem Titel "Respekt. Der Boden für Spitzenleistung". Beim Lesen der soeben zitierten Worte schossen mir unzählige Gedanken durch den Kopf. Ich denke, jedem, der sich schon einmal mit personalvertretungsrechtlichen Fragen befasst hat, wird es ähnlich gegangen sein: Sollte bei der Vielzahl von Konflikten und Respektlosigkeiten, von denen wir tagtäglich erfahren bzw. teilweise sogar selber betroffen sind, mit der angesprochenen Broschüre ein Signal in die richtige Richtung gesetzt sein?

Spätestens beim Aufschlagen der zweiten Seite fällt es mir schwer, an ein solches Anliegen zu glauben, zumal es dort gleich zu Anfang heisst: "An der ETH Zürich arbeiten Menschen aus dem In- und Ausland gleichberechtigt, motiviert, inspiriert und erfolgreich ohne Diskriminierung, ohne Belästigung." Sicherlich wäre die Erwartung zu hoch gegriffen, an dieser Stelle eine Art Weissbuch vorzufinden, aber von einer heilen ETH-Welt auszugehen, dürfte mindestens genauso verfehlt sein.


Zum Autor

Raimund Bühner stammt aus Nordrhein-Westfalen und ist promovierter Materialwissenschaftler. 1998 kam er in die Schweiz, wo zunächst am Paul-Scherrer-Institut sein werkstoffkundliches Know-how auf dem Gebiet der Strahltriebwerkstechnik für neue kerntechnische Entwicklungen gefragt war. Vor fünf Jahren wechselte Bühner als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die ETH. Hier, am Institut für Mechanische Systeme (D-MAVT), hat er sich als Spezialist für moderne Klebetechnik etabliert; ein Wissenssegment, für welches die Industrie vom Fahrzeug- bis zum Flugzeugbau grosses Interesse hegt. Eine Partnerschaft mit regem Austausch verbindet Raimund Bühner zum Beispiel mit der Edel-Marke Porsche, privat allerdings ist der Stadt-Zürich-Bewohner bekennender ÖV-Benutzer. Unser Kolumnist ist Mitglied der ETH-Personalkommission sowie Präsident des VPOD der Sektion Eidgenössisches Personal Zürich. Sieht er sich als bissiger Gewerkschaftler? „Mir liegt die Argumentation näher als das Säbelrasseln“, so Bühner. Gerade bei den Rechten des Personals etwa sieht er für die Schweiz im Vergleich mit seinem Herkunftsland schon Nachholbedarf: „Mitwirkung wird hier generell gern gesehen – Mitbestimmung hingegen gar nicht.“




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Forscher im D-MAVT, Personalvertreter und "ETH Life"-Kolumnist: Raimund Bühner.

Damit nicht genug. Auf den dann folgenden Seiten mehren sich Verhaltenshinweise mit Kernaussagen wie die Pflege "eines fairen und respektvollen Umgangsstils" und das Nichttolerieren von "Diskriminierungen sowie Belästigungen". Die schriftlichen Ausführungen dieser Selbstverständlichkeiten entlockte vielen allenfalls ein Lächeln. Wiederum andere reagierten mit Enttäuschung, das Thema aus ihrer Sicht kampagnenartig mit belehrendem Tenor behandelt zu sehen.

Bezeichnend ist diesbezüglich vielleicht auch die Zahl der Verbände und Institutionen, die als Anlaufstelle auf der letzten Seite der Broschüre genannt sind. Wohin soll man sich bei konkret erfahrener Respektlosigkeit, Diskriminierung oder Belästigung nun wenden? Ich vermochte diese Frage beim ersten Lesen nicht zu beantworten. Aber eines ist gewiss: Ich zumindest würde einige der erwähnten Abteilungen meiden, da sie aufgrund ihrer Bestimmung nicht unbedingt ausschliesslich zu Gunsten der Betroffenen handeln könnten.

Aber genau aus solchen Gründen hat der Gesetzgeber vorgesorgt. Gemäss Art. 9 Abs. 3 der Personalverordnung hat die "ETH eine Stelle" und nicht mehrere "zu bestimmen, welche die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich benachteiligt oder diskriminiert fühlen, berät und unterstützt." Weiter darf diese Stelle "für die Erfüllung ihrer Aufgaben nicht weisungsgebunden sein," muss also als unabhängige Stelle fungieren.

Demzufolge besteht zwingender Handlungsbedarf, eine solche Stelle mit entsprechendem Fachpersonal einzurichten und zwar nicht nur, um den geforderten gesetzlichen Bestimmungen zu genügen, sondern um von vornherein den vielfach in öffentlichen Institutionen über Jahre gesammelten leidigen Erfahrungen professionell zu begegnen.




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