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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 04.10.2006 06:00

Umbaumassnahmen

Von Rudolf Mumenthaler

Es ist wohl kaum dem Zufall zuzuschreiben, dass sich gleich mehrere Kolumnisten kritisch mit der Frage befassen, wohin die gegenwärtigen Aktivitäten der ETH mittelfristig führen. Auch mir brennen die verschiedenen Umbaumassnahmen an der ETH unter den Nägeln.

Hauptthema sind für mich aber nicht die physischen Baumassnahmen, die echten Staub aufwirbeln, der bald die hinterste Ecke des Hauptgebäudes erreicht hat. Auch wenn meine nähere Umgebung jetzt schon den dritten Sommer von Lärm und Dreck heimgesucht worden ist und die nächste Grossbaustelle für 2007 schon definitiv feststeht, drückt nicht hier der Schuh am stärksten. Ich habe – wie auch die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen – durchaus Verständnis dafür, dass diese negativen Begleiterscheinungen unvermeidlich sind, wo für die Zukunft gebaut wird. Schliesslich sind wir motivierte Mitarbeitende, die gerne ihren Beitrag dazu leisten, dass die ETH ihre „Exzellenz“ bewahren oder gar ausbauen kann. Diese tatsächlichen baulichen Massnahmen will ich nicht näher kommentieren. Sie beschäftigen uns ja wirklich nur temporär – irgendwann ist auch das Hauptgebäude repariert, saniert und umgebaut - hoffentlich. Und das Endergebnis ist in diesem Fall gewiss besser als der frühere Zustand. Die Räume erscheinen schöner, heller und sind meistens auch zweckmässiger.

Ich meine viel mehr die organisatorische Grossbaustelle ETH, die momentan zumindest unter den Mitarbeitenden viel Staub aufwirbelt. Und damit knüpfe ich an die Kolumnen von René Schwarzenbach und Leonhard Kleiser an, die beide schon eine gewisse Skepsis gegenüber dem gegenwärtigen Kurs der ETH zum Ausdruck gebracht haben. Aus meiner Perspektive eines Mitarbeiters kann ich den beiden grundsätzlich zustimmen. Auch ich sehe die Gefahr, dass bei den gegenwärtigen Umstrukturierungen – und vor allem bei der Art, wie diese vorgenommen werden – ein Teil der Kultur der ETH verloren geht. Oft werden Vergleiche aus der Privatwirtschaft als Begründung für das gewählte Vorgehen herbeigezogen, doch der Wissenschaftsbetrieb lässt sich nur sehr schlecht mit einer Profit-Organisation vergleichen. Der grösste Unterschied besteht in der Bedeutung des einzelnen Mitarbeitenden, der für Nonprofit-Organisationen die absolut wichtigste Ressource darstellt – im Gegensatz zum Kapital bei den Profit-Organisationen. Der Erfolg einer Nonprofit-Institution ist direkt abhängig von der Erfahrung, dem Wissen und der Motivation der Mitarbeitenden. Auch die ETH kann nur dann in der Champions League mitspielen, wenn sich ihre Mitarbeitenden in Lehre, Forschung und Administration über das im Pflichtenheft festgelegte Mass engagieren, wenn sie mitdenken (dürfen) und ihre Leistung anerkannt wird.


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Rudolf Mumenthaler, Leiter der Spezialsammlungen der ETH-Bibliothek und "ETH Life"-Kolumnist.

Immer öfter erlebe ich aber, dass Kollegen an der ETH keine Antwort auf eine Anfrage geben oder eine Absage erteilen, weil man momentan mit sich selbst und internen Reorganisationen beschäftigt sei. Andere haben sich in die innere Kündigung zurückgezogen, weil sie zu oft frustriert worden sind. Die Gründe für diese Frustrationen sind vielfältig. Oft haben sie damit zu tun, dass zwischen den offiziellen Aussagen und den konkreten Taten eine zu grosse Diskrepanz besteht. Mitarbeitende wollen ernst genommen werden und nachvollziehen können, weshalb Entscheide so und nicht anders gefällt werden.

In beiden Fällen, den eigentlichen Baumassnahmen wie auch den organisatorischen Umbauten, scheint mir zentral, dass der menschliche Aspekt nicht vergessen geht. Die ETH ist nur so gut, wie sie ihre Mitarbeitenden behandelt und wie sich diese fühlen.


Zum Autor

Rudolf Mumenthaler war Assistent am Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte an der Uni Zürich, als er sich für seine Dissertation in ein wissenschaftsgeschichtliches Thema vertiefte: in das Wirken von Schweizer Gelehrten im russischen Zarenreich. Insofern scheint konsequent, dass er 1997 die Leitung der Wissenschaftshistorischen Sammlungen der ETH-Bibliothek übernehmen konnte, obschon die Arbeit an einem Lehrstuhl nicht wirklich mit derjenigen in einem wissenschaftlichen Dienstleistungsbetrieb zu vergleichen ist. Seit 1999 ist Mumenthaler Leiter der Spezialsammlungen der ETH-Bibliothek, zu der die Sammlungen Alte Drucke, Archive und Nachlässe, Bildarchiv und Kartensammlung gehören. Seit 2005 ist er zudem Präsident der Kulturgüterkommission. Sie koordiniert die gemeinsamen Aktivitäten aller Sammlungen und Archive und berät die Schulleitung in Fragen der Kulturgüter.

„Die Arbeit mit den überaus vielseitigen Sammlungen der ETH-Bibliothek ist ungemein spannend", sagt Mumenthaler. Allerdings genüge es nicht, dass man diese wertvollen Bestände hütet und bewahrt . Klar im Vordergrund stehe, dass sie den interessierten Benutzern zur Verfügung gestellt werden. „Den Schwerpunkt bilden heute deshalb die Entwicklung neuer elektronischer Dienstleistungen, die Digitalisierung ausgewählter Bestände und die Durchführung aussenwirksamer Aktivitäten – also eigentlich das Marketing.“ Das Umfeld an der ETH biete potentiell unzählige Möglichkeiten, um mit Fachleuten aus unterschiedlichsten Sparten zusammenzuarbeiten, findet Mumenthaler. "Dieses Potential auszuschöpfen ist mir ein grosses Anliegen. Am ehesten gelingt dies in übergeordneten Programmen, wie etwa ETH World und Science City."






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