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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 04.04.2001 06:00

Multikultureller Beziehungsalltag
Sex - grüne oder rote Karte?

Von Katharina von Salis

Hier geht es um sexuelle Belästigung und nicht um eine neue Rubrik im ETHlife zum Thema Sex. Aus meiner Beraterinnentätigkeit an der ETH weiss ich, dass sexuelle Belästigung auch hier vorkommt - wir leben nicht auf einer Insel der Braven.

Besonders im Frühling

Man weiss nicht, ob sexuelle Belästigung an der ETH über die Jahreszeiten gleichmässig verteilt vorkommt oder ob sie sich z.B. im Frühling häuft. Meine eigenen Erfahrungen im Gymnasium lehrten mich jedenfalls, dass einer der Lehrer jeweils im Frühling den Anblick der beiden jungen Frauen in der Klasse schlecht ertragen konnte und uns richtiggehend plagte. Später, als einzige Studentin unter den Geologiestudenten, lernte ich mich gegen unerwünschte Annäherungen zu wehren und erwarb nach und nach auch die Fähigkeit zu signalisieren, wann welche Kontakte erwünscht waren. Beim Doktorvater dann hatte ich gar das Gefühl, dass er sich irgendwie verpflichtet fühlte, meine Weiblichkeit zu beachten, und das konnte er nur, wenn er sexuelles Interesse kundtat.

Unter sexueller Belästigung ist jedes sexuell bestimmte Verhalten zu verstehen, das von den Betroffenen nicht erwünscht und von ihnen als beleidigend und abwertend empfunden wird. Soweit so gut, die Definition ist klar, mann und frau haben sich nur daran zu halten (1).

Quelle für Druckversuche

Aber was ist denn erwünscht, und was nicht? Ist es nicht so, dass ein bestimmtes Verhalten nicht in jeder Situation gleich beurteilt wird - auch von derselben Person? Oder dass ein Verhalten, das monatelang erwünscht war, plötzlich oder auch nach und nach nicht mehr erwünscht ist, wenn eine Beziehung einseitig abkühlt, so dass aus einer harmonischen sexuellen Beziehung sexuelle Belästigung werden kann?


Zur Person

Katharina von Salis, geboren 1940 von Soglio/GR, ist Titularprofessorin in der Gruppe Mikropaläontologie am Geologischen Institut. Ihr Forschungsgebiet umfasst verschiedene Aspekte der kalkigen Nannofossilien. Frau von Salis ist Beraterin der Stelle für Chancengleichheit von Mann und Frau an der ETH Zürich.




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Katharina von Salis
Katharina von Salis.

Man sollte meinen, dass man dann miteinander spricht und die Sache klärt. Die Erfahrung lehrt, dass das schwierig ist, dass ein Nein nicht akzeptiert wird, dass Druck ausgeübt werden kann. Bei solchen Befunden kann man sich via www.equal.ethz.ch/survival/survival.html#sexualharassment informieren und sich an die Stelle für Chancengleichheit wenden (equal@pa.ethz.ch).

Von der Verwarnung bis zum Platzverweis

Mir schwebt aber auch eine Möglichkeit vor, bei welcher es gelingen könnte, die Menschen aus den verschiedenen Kulturen und Altersgruppen mit entsprechend verschiedenen Normen, Erfahrungen und Erwartungen zum gegenseitigen besseren Verstehen zu führen: durch die Sprache des Fussballs. So möchte ich hier einen Lösungsansatz zur Diskussion stellen, bei welchem Betroffenen ein Instrument in die Hand geben wird um sich zu wehren: das Zeigen von gelben und roten Karten. Wenn mir ein Benehmen nicht passt, zeige ich die gelbe Karte. Wenn das nicht ernst genommen wird, wenn die Belästigung weitergeht, gibt's die rote Karte - wenn nötig mit einer Kopie mit den Namen der Beteiligten an die Personalabteilung.

Ich habe die Idee mit Doktorierenden diskutiert und die jungen Männer meinten, das sei eine zu negative Sache, man müsste dann auch grüne Karten einführen mit denen man zeigen könne, dass erfolgte Avancen erwünscht seien. Der Wunsch scheint mir berechtigt in unserem multikulturellen Alltag. Was meinen Sie?


Fussnoten:
(1) Hadumond Bussmann und Katrin Lange (Hg): Peinlich Berührt. Sexuelle Belästigung von Frauen an Hochschulen. Verlag Frauenoffensive, 1995.



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