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Rubrik: News
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Publiziert: 02.05.2005 06:00

Carl Djerassis Hönggerberg Lecture
Wie sollen wir empfangen?

(cm) Die letzten fünfzig Jahre gehörten der Empfängnisverhütung, die nächsten werden der Befruchtung gewidmet sein. Das war nur eine der pointierten Aussagen, die Carl Djerassi - Chemiker, Autor und gemäss Einführung zur Hönggerberg Lecture ein kultureller Polygamist - am Freitag an der ETH machte. Der vielseitige, gebürtige Wiener legte unter dem Titel „Sex in the age of mechanical reproduction“ dar, wie sich die Verbindung zwischen Sexualität und Fortpflanzung unter anderem durch wissenschaftlichen Fortschritt aufgelöst hat.

Als Forscher, der an der Entwicklung der ersten Pille für die Frau beteiligt war, konnte er gut deren Wirkung nachzeichnen, als aufmerksamer Beobachter aber auch die Wendung hin zur Befruchtung losgelöst von der Sexualität, wie sie sich in extremer Form bei der Injektion von Sperma direkt ins Cytoplasma eines Eies zeigt. Zusammen mit genetischen Screeningverfahren betreibe man da Mikroeugenik, sprich Rassenzucht unter dem Mikroskop.

Seine Erläuterungen sah Djerassi vor dem Hintergrund einer Welt, die sich in zwei Blöcke spaltet: einen geriatrischen und einen pädiatrischen. Der erste zeichnet sich beispielsweise dadurch aus, dass seine Vertreter vergleichsweise Unmengen von Medikamenten beanspruchen. Da teilweise Länder mit einer Bevölkerungspyramide mit breitem Sockel ihre Altersstruktur in absehbarer Zeit verändern werden, werde die demographische Herausforderung noch grösser. Der Nachwuchs in den Gesellschaften mit vielen älteren Personen werde zunehmend gezielter und künstlich, also basierend auf Eier- und Spermienbanken, gezeugt, mit den entsprechenden Folgen für das Zusammenleben der Geschlechter.


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Chemiker und Autor Carl Djerassi signiert eines seiner Bücher nach seiner Hönggerberg Lecture unter dem Titel "Sex in the age of mechanical reproduction." gross

So klar damit den Zuhörern im gerammelt vollen Hörsaal die veränderten Bedingungen bei der Fortpflanzung in Erinnerung oder ins Bewusstsein gerufen worden waren, etwas vermisste man doch. Denn obwohl der Vortrag „Sex in the age of mechanical reproduction“ hiess, sagte Djerassi eigentlich nichts über die Funktion der Sexualität, nachdem sie sich von der Reproduktion gelöst hat.

Mehr von Carl Djerassi gibt es aber bald in Zürich zu hören. So wird sein Theaterstück „Kalkül“ als Kammeroper Ende dieser Woche auf der Studiobühne des Opernhauses Zürich aufgeführt(1). Darin wird auch dreckige Wäsche der Wissenschaft gewaschen. Das soll man gemäss Djerassi auch. Denn wenn nach der Wäsche immer noch Dreck übrig bleibt, dann habe jemand etwas falsch gemacht.


Literaturhinweise:
"ETH Life" Artikel zu Carl Djerassi "Zwischen Wissenschaft und Macht": www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/djerassi.html

Fussnoten:
(1) ETH Life verlost Freikarten für das "Kalkül": www.ethlife.ethz.ch/articles/surprise/kalkuelsurprise.html



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