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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: News
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Publiziert: 03.05.2006 06:00

Bildungsthesen der Schweizer Wirtschaft
Stagnation auf hohem Niveau

(nst) Bildung, Wissen und Know-how seien der Motor künftiger Entwicklung und künftigen Wohlstands, besonders in Hochlohnländern wie der Schweiz. Dieser Paradigmenwechsel der Wirtschaft von der traditionellen Güter- zur Wissensproduktion sei jetzt voll im Gang, und die Schweiz sei dazu prädestiniert, „Denkplatz für Europa“ zu werden, heisst es in einer vom Wirtschafts-Dachverband economiesuisse in Auftrag gegebenen und am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Technologiemanagement der Uni St. Gallen (Leitung: Oliver Gassmann). (1) Allerdings brauche es strukturelle Veränderungen, zumal in der Universitätslandschaft, um die derzeit noch gute Position der Schweiz im globalen Wettbewerb der Wissensproduktion zu halten.

Hoch Qualifizierte: Mangel absehbar

Die Verfasser der 90 Seiten umfassenden Studie legen den Finger auf die Kriterien, welche die Umsetzung von Wissenschaft und Forschung in marktfähige Produkte fördern – oder sie behindern. So ist eine wissensbasierte Wirtschaft auf hoch qualifiziertes Personal angewiesen. Der Anteil der erwerbstätigen Personen, die eine Hochschulausbildung abgeschlossen haben, betrage in der Schweiz derzeit 25 Prozent, heisst es in der Studie. 7,2 Prozent davon haben einen Abschluss in Natur- oder Ingenieurwissenschaften. Das liege zwar im europäischen Schnitt, sei jedoch weit weg von den führenden Ländern wie USA (Tertiärabschluss: 38,1 Prozent) oder Irland (Natur- oder Ingenieurwissenschaften: 20,5 Prozent).

Dies deute auf einen sich anbahnenden Mangel an hoch qualifiziertem Personal im Schweizer Arbeitsmarkt hin. Eine Schwäche zeige die Schweiz auch beim wissenschaftlichen Personal, insbesondere in der Quote der Akademikerinnen. Ein Anteil von 6,46 Forschenden auf 1'000 Beschäftigte bedeutet einen Platz im Mittelfeld. Das hier führende Finnland hingegen verzeichnet anteilmässig mehr als doppelt so viele Forschende. Insgesamt werde der „niedrige Bildungsstand der Bevölkerung zukünftig nicht ausreichen, um den Standort Schweiz attraktiv zu gestalten“, schreiben die Verfasser. Und zudem müssten die im internationalen Mittelfeld liegenden Bildungsausgaben erhöht werden.

Schwäche bei der Wertschöpfung

Die Schweiz sei zwar führend in Publikationen und Patenten, aber gemessen am Potenzial schwach in der wertschöpfenden Umsetzung dieses Wissens in Produkte. Namentlich eine verstärkte Kooperation von ETH und HSG könne zur erwünschten Hebelwirkung der Forschung hinein in die Wirtschaft beitragen.


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Deutlich mehr Dynamik brauche es auch bei den Forschungsallianzen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Aus Unternehmenssicht wird als „bittere Pille“ gewertet, dass Universitäten und öffentlichen Forschungseinrichtungen die entstehenden Erfindungen zunehmend schützen und selbst finanziell verwerten wollen. Das sei „kontraproduktiv“, heisst es in der Studie.

Zweifel an EU-Forschung

Den Schweizer Hochschulen wird in der Studie empfohlen, drei Leitprinzipien zu folgen: das erste lautet Exzellenz. Diesbezüglich sei die internationale Vernetzung der Schweiz zu überprüfen. So liessen der hohe administrative und Koordinationsaufwand eine Teilnahme der Schweiz am EU-Rahmenprogramm als „bedenklich“ erscheinen. Zur Erreichung einer kritischen Forschungs-Masse seien hingegen Kompetenzzentren zu fördern. Für die ETH sieht die Studie dabei die Universitäten Basel, Zürich und St. Gallen als "natürliche Partner". Sehr dringlich sei, dass die Schweizer Hochschulen ihr Lehrangebot koordinieren und Doppelspurigkeiten abbauen.

Weg von der "Planwirtschaft"

Als zweites Prinzip wird die Hochschulautonomie genannt. Diese solle sich auch über strategische Fragen erstrecken, finden die Autoren. Um sich zu profilieren, müssten Hochschulen mehr Eigeninitiative entwickeln und mehr kalkulierte Risiken eingehen können. Damit im Zusammenhang steht die Empfehlung, beim Förderungsprinzip vom herrschenden „planwirtschaftlichen“ Ex-ante zu einer leistungsorientierten ex-post-Steuerung zu wechseln. Messkriterien dazu wären etwa der Zitationsindex, die Akquisitionsstärke anhand von Drittmitteln oder die Zahl der ausgerichteten internationalen Konferenzen oder Spin-offs aus einem Institut. Zur Autonomie gehöre auch die Kompetenz einer Hochschule, sich ihre Studierenden selbst auswählen zu dürfen.

Als drittes Leitprinzip sehen die Studienverfasser die Marktorientierung von Bildung und Wissenschaft. Dies falle in der Schweiz noch schwer, sei aber ein globaler Trend, dem man sich nicht entziehen könne. Kriterien für ein erfolgreiches Forschen, Lehren, Lernen, Arbeiten und Wirtschaften könnten nicht länger „konsensual-korporatistisch in einer isolierten Schweiz vereinbart werden“, sondern müssten den Ansprüchen einer globalen Wissensgesellschaft genügen.


Fussnoten:
(1) Die ganze Studie „Die Schweiz im Wettbewerb der Wissensgesellschaft“, herausgegeben vom Verband der Schweizer Unternehmen (economiesuisse), finden Sie unter: www.economiesuisse.ch/



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