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Rubrik: News

Die Ausrichtung der technischen Wissenschaften an der ETH
Ingenieure: "operative Idioten"?

Published: 08.11.2001 06:00
Modified: 07.11.2001 19:13
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(cm (mailto:christoph.meier@sl.ethz.ch) ) Thomas Treib, der Vertreter der Privatwirtschaft, sprach Klartext, als er vor der Gefahr warnte, dass Ingenieure in Zukunft nur noch "operative Idioten" sein könnten. Die Technische Gesellschaft Zürich hatte am Dienstagabend zur Podiumsdiskussion zum Thema "Ausrichtung der technischen Wissenschaften an der ETH Zürich im Wandel" geladen. Moderatoren waren Veronika Hrdliczka und Eric Scherer. Treib, CTO der AGIE CHARMILLES, wies auf die zunehmende Kluft zwischen Ingenieuren und Managern hin. Dies sei fatal, da Unternehmen nur erfolgreich sein könnten, wenn in der Geschäftsleitung auch Leute sind, die etwas von ihrem Produkt verstehen. Stattdessen "kontrollieren wir uns zu Tode".

Wieso ein Wandel?

Doch die Bedeutung der Ingenieure scheint auch in der ETH selbst zu schwinden. So stellte Peter Leuthold, ETH-Professor für Nachrichtentechnik, fest, dass in den letzten Jahren immer mehr Mittel in Physik und Naturwissenschaften geflossenen seien und immer weniger in die Ingenieurwissenschaften. Eine Entwicklung, die auch die Zuhörerschaft zu beunruhigen schien. Begreiflich, denn die ETH Zürich wurde für Ingenieure gegründet. In diesem Zusammenhang stellte dann aber Stephan Bieri vom ETH-Rat die wichtige Frage nach den Gründen für diesen Wandel. Er antwortete teilweise selbst mit dem Hinweis, dass die Abgrenzungen der Ingenieurdisziplinen gegenüber den Naturwissenschaften auch nicht mehr so klar sei. Er wehrte sich auch dagegen, dass die ETH den Ingenieurausbildungen zuwenig Aufmerksamkeit und Mittel zukommen lasse. So sei das "First Lab" (2) ein gutes Beispiel dafür, wie die Schule die Ingenieurwissenschaften unterstütze, wobei natürlich auch andere Richtungen davon profitieren.

Konzeptwissen versus Produktewissen

Der schnelle Wandel von technischen Produkten kann auch zur Frage führen, wie weit eine lange Hochschul-Ausbildung noch zu halten ist. Für eine Disziplin, die sich rasant entwickelt, antwortete der ETH-Professor für Informatik, Carl August Zehnder: "Wir vermitteln Konzeptwissen und nicht Produktwissen." Insofern sei eine längerfristige Ausbildung immer noch gerechtfertigt.

tgz podiumsdiskussion
Diskutierten aus der Sicht der Dozenten über die Ausrichtung der technischen Wissenschaften: die ETH-Professoren Peter Leuthold und Carl August Zehnder.

Die Hochschulvertreter waren sich eigentlich einig, dass Spitzenforschung weiterhin auch in den Ingenieurwissenschaften seinen Platz haben müsse. Anders sah es Thomas Treib: "An Hochschulen fehlt die Erkenntnis, dass die Wirtschaft Leute braucht, die Produktkonzepte entwickeln können." Dafür brauche es keine Nobelpreisträger. Dem widersprach Peter Leuthold, da eine Hochschule in der Funktion als "Think Tank" durchaus auch Leute mit Nobelpreisträgerformat benötige, da sie sonst zur Fachhochschule würde.

Die Crux mit den Quereinsteigern

Niemand bestritt, dass es zuwenig Ingenieure gibt. Wäre die Behebung dieses Missstands durch Quereinsteiger denkbar? Für den Informatiker Zehnder gibt es fast keine Alternative dazu, da bei einer Nachfrage von rund 8000 aber nur 1200 fertig ausgebildeten Informatikern im Jahr der Verzicht auf Quereinsteiger kaum möglich sei. Da diese aber meist an der Grenze ihres Wissens arbeiten, sei es umso wichtiger, dass Hochschulabsolventen mit Konzeptwissen vorhanden seien. Recht skeptisch beurteilte Treib Quereinsteiger, da es diesen häufig an speziellem Wissen mangle. Wie weit mehr gut ausgebildete Ingenieure die Situation verbessern würden, ist unsicher. Ein Zuhörer wies nämlich darauf hin, dass auch die Fachkräfte wie zum Beispiel Maschinenzeichner immer mehr zur Mangelware werden und somit auch die best ausgebildeten Konzeptentwickler nichts mehr nützen.

Footnotes:
(1 Technische Gesellschaft Zürich: www.tgz.ethz.ch/tgzindex.html
(2 Mehr Informationen zum First Lab: www.first.ethz.ch/


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