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Rubrik: News
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Publiziert: 10.10.2005 06:00

Podiumsdiskussion aus Anlass des 3. Welttages der Todesstrafe
Gegen die Todesstrafe

(uw) Vergangenen Freitagabend lag der Fokus im Auditorium F 7 im Hauptgebäude der ETH Zürich auf der Todesstrafe. Die von Amnesty International organisierte Podiumsdiskussion aus Anlass des dritten Welttages der Todesstrafe am 10. Oktober brachte fünf Referentinnen und Referenten aus allen Teilen der Welt zusammen, deren Kampf gegen die Todesstrafe und für die Einhaltung von Menschenrechten sie vereint. Diese Podiumsdiskussion war die erste von insgesamt sieben, die in allen Teilen der Schweiz noch bis zum 14. Oktober durchgeführt werden (1), logistisch unterstützt von den Schweizerischen Universitäten. Der Zweck dieser Veranstaltungsreihe, wie Lukas Labhart von der Koordinationsgruppe Todesstrafe von Amnesty Schweiz erklärte, sei die Tatsache, dass der Kampf gegen die Todesstrafe primär über die Informierung der Gesellschaft geführt werde. In der Schweiz scheint dies nötig zu sein. Labhart: „Die Befürwortung der Todesstrafe ist in der Schweiz in den letzten paar Jahren auf einen erschreckenden Drittel der Bevölkerung angewachsen.“

Erdrückende Schicksale

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Podium stellten zuerst sich selbst vor und legten ihre Motivationen für den Kampf gegen die Todesstrafe dar. Aus den dafür vorgesehenen zehn Minuten pro Referent wurden oft dreissig. Für Fragen standen am Schluss nur noch zehn Minuten zur Verfügung. Umso spannender waren dafür die Geschichten und Schicksale der Menschenrechtsaktivisten. Da war zum einen Mina Ahadi aus dem Iran, die wegen ihrer Aktivitäten gegen das damalige Regime von Ajatollah Khomeini von der Universität suspendiert wurde, in den Untergrund abtauchen musste und deren Mann anschliessend hingerichtet wurde. Ahadi floh nach Deutschland, wo sie sich seit 30 Jahren für Menschenrechte einsetzt. Sie erzählte, dass im Iran jede Familie jemanden bei einer Hinrichtung verloren habe und täglich fünf bis acht Menschen zum Tode verurteilt würden. Oft würden auch gehängte Menschen als Abschreckung tagelang in den Strassen gezeigt. Ahadi engagiert sich auch gegen die Steinigung von Frauen im Iran, die noch bis vor kurzem weit verbreitet war. Seit drei Jahren werden dank dem Engagement ihrer Organisation im Iran keine Frauen mehr gesteinigt.

Fatna El Bouih und Rick Halperin gross

Hashim Mohammed Ahmed kommt aus dem Sudan und wurde 1991 verhaftet und während 15 Monaten an einem geheimen Ort festgehalten und gefoltert. 1993 konnte er nach England flüchten und gründete dort die „sudanesische Organisation gegen Folter“. Er setzt sich vor allem für die Abschaffung der Todesstrafe in ganz Afrika ein.


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Mina Ahadi, Hashim Mohammed Ahmed, Martina Correia und Lukas Labhart (v.l.n.r.) gross

Unter diesem Zeichen steht auch der diesjährige Welttag der Todesstrafe. In Afrika haben mittlerweile 30 von 52 Ländern die Todesstrafe abgeschafft. „Ein grosser Erfolg“, meint Ahmed zuversichtlich. Nun sei es nur noch eine Frage der Zeit, bis die restlichen 22 Länder nachziehen.

Ein weiteres erdrückendes Schicksal liegt in der Geschichte von Martina Correia aus Savannah im Süden der USA. Ihr Bruder sitzt seit 15 Jahren unschuldig in der Todeszelle und sie kämpft seitdem für seine Freilassung und gegen die Todesstrafe. Sie sieht nicht nur ihren Bruder gestraft, sondern auch ihre ganze Familie, was bei jedem Todesurteil der Fall sei. Sie ist der festen Überzeugung, dass nur internationale Aufmerksamkeit und Druck auf die US-Regierung ihren Bruder retten können.

Auch Fatna El Bouih lastet ein schweres Schicksal auf den Schultern. Ihr sieht man das Leiden an, sie spricht mit leiser Stimme und schaut nur selten ins Publikum. Als sie sich während ihrer Studienzeit in ihrem Heimatland Marokko für freie Meinungsäusserung einsetzte, „verschwand“ sie. Während sieben Monaten war sie eingesperrt und wurde gefoltert. Auch später wurde sie nochmals verurteilt und musst für fünf Jahre ins Gefängnis. Ihr wurde mehrmals mit der Todesstrafe gedroht. Sie engagiert sich seitdem für die Einhaltung der Menschenrechte in Marokko. Was sie am meisten bedrückt, ist, dass die Todeskandidaten in Marokko nicht informiert würden, wann sie hingerichtet werden. Die Inhaftierten würden nicht nur einmal sterben, sondern „jedes Mal, wenn sie einen Schlüssel im Schloss hören.“

„Innocence is no obstacle to execution“

Zum Schluss sprach noch Rick Halperin, der sich in den USA wie kein anderer gegen die Todesstrafe einsetzt. Er ist Präsident von Amnesty USA und ist der festen Überzeugung, dass die USA ein grosser Menschenrechtsverletzer sind. Die 400-jährige Tradition der Todesstrafe in Amerika sei nur sehr schwer zu brechen. Wie der Supreme Court im Fall Herrera gegen Collins festgehalten habe, ist nicht einmal Unschuldigkeit ein Hindernis für Hinrichtung („innocence is no obstacle to execution“). Seiner Meinung nach sollte die amerikanische Regierung unter Druck gesetzt werden. Nur so könne man, was die Todesstrafe betreffe, etwas bewirken. „Die Welt wurde durch die moderne Technologie auf eine Erbse verkleinert“, meint er und will damit sagen, dass sich Menschen von überall auf der Welt einsetzen können, auch über Grenzen hinweg.


Fussnoten:
(1) Veranstaltungsreihe gegen die weltweite Anwendung der Todesstrafe: 8.10. St.Gallen, 10.10. Lugano, 11.10. Bern, 12.10. Basel, 13.10. Fribourg, 14.10. Genf. (Harry Wu, der wohl berühmteste Kämpfer für Menschenrechte und angekündigter Referent blieb der Podiumsdiskussion wegen eines Termins in den USA fern, wird sich aber der Veranstaltungsreihe ab Dienstag anschliessen.)



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