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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 22.11.2001 04:00

ETH-Forscher isolieren Pflanzengen für Phosphattransport in Mykorrhizen
Land in Sicht

Bei der Eroberung des Landes durch die Pflanzen spielt die Lebensgemeinschaft der Pflanzen mit Pilzen eine bedeutende Rolle. ETH-Forscher isolierten und charakterisierten in Kartoffeln ein Gen, das für den Phosphattransport vom Pilz zur Pflanze entscheidend sein könnte. Dieses Ergebnis stellt eine erste molekulare Annäherung an den Ursprung dieser erfolgreichen Lebensgemeinschaft dar.

Christoph Meier

Der Gedankengang überzeugt: Die Lebensgemeinschaft (Symbiose) zwischen den Pflanzenwurzeln und Pilzen, die so genannte Mykorrhiza, nimmt eine wichtige Rolle bei der Übersiedlung der Pflanzen vom Wasser auf das nährstoffärmere Festland vor rund 460 Millionen Jahren ein. Dabei profitiert die Pflanze vor allem von der besseren Verfügbarkeit von Mineralstoffen, insbesondere von Phosphat. Sind die Gene, welche die Phosphataufnahme steuern, einmal bekannt, dann können diese möglicherweise als molekulare Wegweiser für ein besseres Verständnis der Symbiose und deren Ursprung dienen. Einen solchen Wegweiser fand nun die Arbeitsgruppe um Marcel Bucher am Institut für Pflanzenwissenschaften (1) der ETH-Zürich im Kartoffelgenom. Ihre Arbeit über das StPT3-Gen erscheint heute im Wissenschaftsmagazin Nature (2).

Hefe als Testfeld

So klar der Gedankengang ist, so aufwändig ist, ihn zu belegen. Die Forschenden, die sich seit längerem mit der Phosphataufnahme bei Pflanzen beschäftigen, begannen ihre Arbeit auf der Ebene der Gene. Sie suchten in Genbanken der Kartoffel (Solanum tuberosum) Sequenzen welche als Vorlage für einen Phosphattransporter dienen. Das noch kaum bekannte StPT3-Gen (Solanum tuberosum Phosphat-Transporter 3) wurde im Folgenden genauer unter die Lupe genommen. Um seine Funktion zu überprüfen, schleusten die Forschenden das Gen in Hefezellen ein. "Es ist bekannt, dass pflanzliche Transportergene in Hefe als Vorlage für die Herstellung des Proteins dienen können und dass das Protein in der Hefemembran seine Funktion ausüben kann", erklärt Marcel Bucher seine Versuche. Die genetisch aufgerüsteten Hefezellen fingen schon bei Phosphatkonzentrationen zu wachsen an, bei denen die Kontrollzellen noch keine Reaktion zeigten. Ein klarer Hinweis darauf, dass StPT3 die zusätzliche Aufnahme von Phosphat ermöglicht.

Geteiltes Wurzelsystem

Was beim Hefeversuch natürlich nicht analysiert werden konnte, war die Verbindung des StPT3-Gens zur Mykorrhiza. Aufschluss bot in diesem Zusammenhang die Überprüfung, wo und unter welchen Bedingungen das Gen in der Ursprungspflanze aktiv ist. Wurde bei einer Kartoffelpflanze ein Teil des Wurzelsystems mit dem Mykorrhiza-Pilz infiziert, konnte im Pilz-Wurzel-Bereich StPT-3-Aktivität festgestellt werden. Eine solche fehlte jedoch bei den nicht infizierten Wurzeln derselben Pflanze. Doch die Forschenden wollten noch genauer wissen, wo ihr Gen aktiv ist. Die Experimente zeigten, dass StPT3 noch enger mit der Mykorrhiza verbunden ist. So wurde hohe Genaktivität insbesondere in Wurzelzellen mit stark verzweigten Einstülpungen von Pilzfäden - so genannten Arbuskeln - gefunden. Dieser Ort an der Schnittstelle zwischen Wurzel und Pilz lässt die Forschenden auch spekulieren, dass StPT3 eine Schlüsselrolle bei der Evolution der arbuskulären Mykorrhiza einnehmen könnte.


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Die Schnittstelle zwischen Pflanze und Pilz: von links oben dringen Pilzhyphen in die Pflanzenwurzel ein und bilden dort sogenannte Arbuskeln (Bild: V. Karandashov). gross

Evolutionäre Einsichten als Zugabe

Um aber die funktionale Bedeutung und evolutionäre Rolle von StPT3 besser zu verstehen, sind weitere Versuche notwendig. Marcel Bucher dazu: "Wie bedeutend das Gen für den Phosphat-Transport vom Pilz in die Pflanze ist, wissen wir erst, wenn wir Arbeiten mit Mutanten machen können, deren StPT3-Gen verändert ist". Der Biologe kann sich vorstellen, dass zusätzliche Studien zu einem besseren Verständnis der Symbiose führen können. Wenn es gelingt, die Wechselwirkungen zwischen Mykorrhizapilzen und Wurzeln besser zu verstehen und zu optimieren, könnte dies zu einer besseren Verwertung natürlicher Ressourcen in der Landwirtschaft führen. Die dazu notwendige Grundlagenforschung kann dann vielleicht auch noch zu ungeahnten Einsichten führen. Ein gutes Beispiel dafür ist die hier präsentierte Forschung. Bei dieser galt das Hauptinteresse nämlich zunächst den Mechanismen der Phosphataufnahme und des Phosphattransports in Pflanzen und nicht explizit der Entwicklung von Landpflanzen. Der Aspekt der Landeroberung war nämlich nur eine interessante Zugabe, die jedoch direkt mit der Bedeutung der Mykorrhiza zusammenhängt.


Arbuskuläre Mykorrhiza

Die arbuskuläre Mykorrhiza (Arbuskel: Pilzstrukturen innerhalb pflanzlicher Wurzelzellen, die dem Austausch von Nährstoffen dienen) entwickelte sich im Rahmen der Eroberung des Festlandes durch die Pflanzen vor rund 460 Millionen Jahren an der Grenze vom Silur zum Devon. Heute bilden 80 Prozent aller untersuchten Landpflanzen arbuskuläre Mykorrhizen. Die Pilzhyphen der Mykorrhiza ermöglichen der Pflanze Zugang zu normalerweise unerreichbaren Phosphatreserven im Boden und übertreffen in ihrer Effizienz vermutlich ein gut ausgebildetes nicht-mykorrhiziertes Wurzelsystem.




Fussnoten:
(1) Forschungsaktivitäten von der Gruppe um Marcel Bucher: www.ipw.agrl.ethz.ch/~mbucher/homepage/home.html
(2) Homepage des Wissenschaftsmagazin Nature: www.nature.com/nature/



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