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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 12.03.2004 06:00

Brain Fair 2004 - Foren, Vorträge, Filme und Infostände
220'000 Menschen hoffen auf Hilfe

Die Brain Fair 2004 widmet sich dem Nationalen Forschungsschwerpunkt "Plastizität und Reparatur des Nervensystems"(1). Unter dem Titel "Von der Forschung zur Heilung" werden der Öffentlichkeit einzelne Projekte vorgestellt, die sich zum Ziel setzen, Ursachen verschiedener Gehirnerkrankungen zu ergründen und die Anpassungsfähigkeit des Gehirns besser zu verstehen. Der Forschungsschwerpunkt ist eine Synergie von Grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung. Zum Teil rücken die Forschungsergebnisse in Praxisnähe.

Von Regina Schwendener

Querschnittgelähmte gehen und Blinde sehen wieder, das Vergessen wird weggeimpft - Utopien? Vor einigen Jahren waren Querschnittlähmung, Epilepsie, Alzheimer, Hirnschlag oder die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit noch unabwendbare Schicksalsschläge. Kaum ein Gebiet der Forschung hat in den letzten Jahren aber derart Fortschritte gemacht, wie die Hirnforschung. Mit der Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes können die Gehirnforscher ihre Arbeit optimieren und versuchen neue, im Moment noch verborgene Erkenntnisse zu gewinnen. Die Aussicht, dass durch die Forschungsergebnisse Krankheiten und Unfallfolgen beeinflusst werden könnten, sind teilweise in fast greifbare Nähe gerückt. Gewisse Bereiche sind geradezu "explodiert", sagt Wolfgang Knecht, vom Zentrum für Neurowissenschaften Zürich (2) und Leiter der Brain Fair 2004.

Wolfgang Knecht leitet die Brain Fair. gross

Ein Silberstreifen am Horizont

In der Schweiz leiden mehr als 220'000 Personen an Krankheiten des Nervensystems. Forschende von ETH und Universität Zürich sowie der Universitätsspitäler Zürich und Balgrist stellen vom 13. bis 20. März einem breiten Publikum die laufenden Projekte vor und machen mit ihren Resultaten Hoffnung, bald einmal nicht nur Symptombekämpfung zu betreiben, sondern Nervensysteme zu reparieren und auch verbesserte oder sogar neue Therapieformen gefunden zu haben. Die Grundlagen- und die klinische Forschung ziehen hierzu an einem Strick.

Wo steht die Hirnforschung heute?

"Die Stammzellenforschung ist in den letzten Jahren nachgerade explodiert und hat das alte Dogma, dass keine neuen Nervenzellen im Gehirn eines Erwachsenen entstehen können, als Irrtum entlarvt", so Wolfgang Knecht. Eine ETH-Forschungsgruppe hat zum Beispiel einen wichtigen Meilenstein gesetzt. Sie hat herausgefunden, dass ein bestimmtes Signalprotein im peripheren Nervensystem eine andere Aufgabe hat, nämlich die Differenzierung von Stammzellen zu steuern, als im zentralen. Hier ist es für die Vermehrung von Stammzellen zuständig. Ausserdem wecke laut Knecht die Entdeckung, dass sich im Hippocampus, ein hornartig gekrümmter Teil des Grosshirns, und im Riechsystem neue Zellen bilden, grosse Hoffnung.


ZNZ - ein Gemeinschaftsprojekt

Das Zentrum für Neurowissenschaften Zürich (2) ist ein Gemeinschaftsprojekt von ETH und Universität Zürich. Das ZNZ zählt weltweit zu den grössten Forschungszusammenschlüssen seiner Art und umfasst rund 100 Forschungsgruppen. Geschäftsführer ist Dr. Wolfgang Knecht. Als Vorsitzender des Leitungsausschusses amtiert Prof. Martin E. Schwab.




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Den Trainingsroboter für Querschnittgelähmte - eine Weltneuheit - haben die Uni-Klinik Balgrist und ETH-Forscher zusammen entwickelt. gross

Im Moment sehe man das riesige Potential, könne jedoch noch nicht abschätzen, was machbar ist und was nicht, gesteht der Wissenschaftler. Trotz der doch sichtbaren Erfolge könnte die Stammzellendiskussion an der Brain Fair wieder thematisiert werden, vermutet er.

Ergebnis ermutigend

Die Alzheimer-Forschung ist wegen der neuen Impfstudie des Unispitals mit Nebenwirkungen in der Öffentlichkeit eher negativ aufgefallen. Was aber nicht gesagt wurde: Durch das Impfen konnten teilweise degenerative Proteinablagerungen beseitigt werden. Wolfgang Knecht: "Das heisst, die Grundidee, die hinter der Impfung stand, hat funktioniert. Das Ergebnis ist ermutigend und befähigt uns, an der weltweit angelegten Forschung teilzunehmen. "Gleiche sensationelle Erfolge sind heute auch bei der Querschnittlähmung zu sehen: Antikörper helfen bei der Regeneration von beschädigten Nervenfasern und fördern deren Wachstum. Die Uni-Klinik Balgrist stehe an vorderster Front und hat zusammen mit der ETH eine Weltneuheit entwickelt, den Trainingsroboter, der heute in alle Teile der Welt verkauft wird. Mit diesem Gerät kann das Training eines Querschnittgelähmten einfacher durchgeführt werden, als es mit Therapeuten möglich ist, erklärt Knecht.


Schweiz seit 1998 dabei

Dieses Jahr beteiligen sich weltweit 1677 Organisationen in 57 Ländern auf allen fünf Kontinenten an der Internationalen Woche des Gehirns. Diese fand erstmals 1996 in den USA statt. Seit 1998 beteiligt sich auch die Schweiz daran. Zürich, Bern, Basel, Aarau, Genf, Lausanne, Freiburg und der Kanton Tessin richten dieses Jahr vom 8. bis 25. März Veranstaltungen (3) aus. Einer der Höhepunkte ist die "Brain Fair 2004" an Uni und ETH Zürich. Nächstes Jahr wird die Internationale Woche des Gehirns nicht im März, sondern erst im Mai stattfinden - und zwar in Kollaboration mit dem Festival Science et Cité zum Thema "Bewusstsein".



Nahe der Anwendung

Im Bereich Epilepsie ist die Forschung ebenfalls weit fortgeschritten. Eine wichtige Aufgabenstellung lautete, den Wirkstoff Adenosin mit einem Kapselimplantat so weit ins Gehirn zu bringen, dass er - ähnlich wie beim Diabetes - gezielt und über Monate dosiert gegen die Nervenstörung wirken kann.

Die Neurowissenschaftlerinnen und -wissenschaftler betreiben zwar Grundlagenforschung, forschen aber nicht "ins Blaue" hinaus. Viele der Institute haben direkten Kontakt mit Betroffenen. Und die Projekte, die an der diesjährigen Brain Fair vorgestellt werden, sind die, welche sich der Anwendung bereits stark genähert haben.

Eine Woche Brain Fair

Die Veranstaltung wird morgen Samstag um 14 Uhr in der Aula der Uni Zürich von Rektor Hans Weder eröffnet. Die anschliessende Rede hält Stadtpräsident Elmar Ledergerber und den ersten Vortrag mit dem Titel "Hirnforschung heute" hält der Direktor des Nationalen Forschungsschwerpunktes, Professor Hanns Möhler. Während der erste Tag mit einem Konzert endet, stehen auf dem Programm (4) der folgenden Woche Vorträge, ein Forum mit Theater, eine Veranstaltung für 12- bis 16-jährige, weitere Diskussionsforen, Filmvorführungen - darunter eine Uraufführung zum Thema Epilepsie und Workshops. Zudem stellen sich 14 Betroffenen- und Fachorganisationen an Informationsständen vor. Und während der Brain Fair Zürich können Schulklassen Forschende und Betroffene zu einer Fragestunde in ihre Schule einladen.


Fussnoten:
(1) Nationaler Forschungsschwerpunkt Neurowissenschaften: www.nccr-neuro.unizh.ch
(2) Zentrum für Neurowissenschaften Zürich : www.neuroscience.unizh.ch
(3) Veranstaltungen in der Schweiz: www.unil.ch/edab
(4) Programm der Brain Fair: www.brainfair-zurich.ch/



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