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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 12.02.2003 06:00

Internationales Symposium der Lebensmittelwissenschaften
Cremiges Eis und knackige Äpfel

Moderne Lebensmittel sind wahre High-Tech-Produkte. Sie werden in grossen Anlagen hergestellt, durch chemisch-physikalische Prozesse gezielt verändert und so kombiniert, dass sie von den Konsumenten gut aufgenommen werden. Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Strukturen der verwendeten Materialien.

Von Felix Würsten

Gutes Essen ist mehr als Nahrung; es regt die Sinne an und vermittelt Wohlbefinden. Das allein genügt heute allerdings nicht mehr. Essen sollte auch ausgewogen und gesund sein, nach Möglichkeit einfach zu bereiten und lange haltbar. Und es sollte günstig produziert und gut verarbeitet werden können. Kein Wunder ist die Nahrungsmittelindustrie eine hochtechnisierte Branche, die mit wissenschaftlichen Methoden versucht, die Lebensmittel in die eine oder andere Richtung zu verbessern.

Strukturen beeinflussen Qualität

Welche neuen Entwicklungen dabei anstehen, diskutieren diese Woche mehrere Hundert Wissenschaftler am "3rd International Symposium on food rheology and structure" an der ETH Zürich. Zentrales Thema des Kongresses ist, wie die Strukturen und die Fliesseigenschaften der verschiedenen Produkte die Qualität der Lebensmittel beeinflussen. "Nahrungsmittel sind aus Mikrostrukturen aufgebaut", erklärt Erich Windhab, Vorsteher des Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (ILW) (1) der ETH Zürich. "Uns interessieren die dynamischen Eigenschaften dieser Mikrostrukturen. Wir möchten wissen, wie sie durch die Verarbeitung verändert werden, wie sie erhalten werden können und was mit diesen Strukturen geschieht, wenn die Nahrung vom Körper aufgenommen wird."

Acht Jahre Entwicklungsarbeit

Heute dürfte es kaum noch ein Lebensmittel geben, das von der Forschung nicht intensiv untersucht wird. Wie man dabei versucht, Nahrungsmittel zu verbessern, verdeutlicht Windhab am Beispiel von Speiseeis. Cremiges Eis empfinden die Konsumenten als besonders schmackhaft. Die eingeschlossenen Luftbläschen im Eis sollten daher möglichst klein sein. Mit Hilfe von Labortests haben die Forscher der ETH nun untersucht, wie das Eis mechanisch verformt werden muss, damit die Bläschen verkleinert werden. Die Beobachtungen versuchten die Wissenschaftler anschliessend mit einem physikalischen Modell zu beschreiben. (2) Mit dieser theoretischen Erkenntnis ist allerdings noch nicht viel gewonnen – schliesslich will man ja im grossen Massstab cremige Glace produzieren. Gefordert waren deshalb in einer zweiten Phase die Ingenieure. Sie mussten eine Maschine anfertigen, welche die im Labor hergestellte Schaumstruktur erzeugen kann.


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Wissenschaftler des ILW bei der Glaceproduktion. Mit der Versuchsanlage können die Forscher besonders cremiges Eis herstellen. gross

Und schliesslich brauchte es auch noch einen Maschinenhersteller, der bereit war, das unternehmerische Risiko einer solchen Entwicklung auf sich zu nehmen. Insgesamt acht Jahre, so berichtet Windhab, brauchte es von den ersten Laborversuchen bis zur Fertigstellung einer Maschine, die grössere Mengen Eis mit kleinen Bläschen produzieren kann.

Süsses Schleifpapier?

Die Struktur spielt auch bei anderen Lebensmitteln eine entscheidende Rolle, wie Anne-Marie Hermansson vom Swedish Institute for Food and Biotechnology in Göteborg erläutert. So bestimmt etwa die Grösse der Fetttröpfchen in der Mayonnaise, wie steif diese ist. Mikrostrukturen entscheiden auch, wie gut ein bestimmtes Lebensmittel verarbeitet werden kann und ob es schliesslich den Konsumenten auch schmeckt. So müssen etwa die Zuckerkristalle in der Schokolade kleiner als 30 Mikrometer gross sein – die feine, zarte Süssigkeit würde sich im Mund sonst eher wie Schleifpapier anfühlen. "Sensorische Qualität" nennt man die Art und Weise, wie ein Lebensmittel beim Essen wahrgenommen wird, erklärt Béatrice Conde-Petit vom ILW. Ob uns beispielsweise ein Apfel mundet, hängt von vielen Aspekten ab – Farbe, Geschmack, Geruch sind etwa entscheidend, aber auch, ob sich das Fruchtfleisch im Mund mehlig, saftig oder knackig anfühlt. Ziel der Wissenschaftler ist es zu verstehen, welche Faktoren die sensorische Qualität beeinflussen und wie man sie verbessern könnte. Ob es wirklich gelingt, alle Geheimnisse der guten Küche wissenschaftlich zu entschlüsseln und im industriellen Massstab nachzubilden, muss sich allerdings erst noch weisen.


Fussnoten:
(1) Homepage des Instituts für Lebensmittelwissenschaften und Ernährung: www.ilw.agrl.ethz.ch
(2) Die Sendung MTW auf SF-DRS1 wird am Donnerstag, 13. Februar 2003 um 21.00 Uhr über das Forschungsprojekt berichten.



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