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Rubrik: Tagesberichte |
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1. Schweizer "Open Source"-Wettbewerb und Freiheitskämpfer Stallman an der ETH Wettbewerb für "freie" Software |
"Freie" Software erlangt insbesondere auch an Hochschulen wie der ETH zunehmende Bedeutung. Heute nachmittag findet an der ETH zum ersten Mal die Prämierung des "besten Open Source-Projekts der Schweiz" statt. Im Mittelpunkt steht der Stargast Richard Stallman (Bild rechts), einer der frühesten Kämpfer für "freie" Software. Kommt alle gute Software aus Amerika? "Wir denken nicht", sagten sich die Organisatoren des heutigen Events, denn auch Schweizer schreiben erstklassige Software. Heute nachmittag wird darum an der ETH die beste "Open Source"-Software (siehe Kasten) mit Schweizer Beteiligung prämiert, zusammen mit einem Stargast aus Amerika. Den Gewinnern winken Geld- und Sachpreise, darunter eine Reise ins Silicon Valley und Computer-Hardware, gesponsert von einem amerikanischen Computerkonzern.
Freiheit für Computernutzer "Die Idee von freier Software ist eigentlich viel älter als der Begriff 'Open Source' und sie wurde und wird nicht zuletzt von Richard Stallman und der Free Software Foundation verfochten", begründet Fritz Zaucker die Einladung des Stargasts. Zaucker ist Leiter der IT-Support-Gruppe des Departements Elektrotechnik und Mitorganisator des "Open Source"-Events. Der eingeladene 47-jährige Physiker Stallman ist der Gründer des GNU-Projekts, das 1984 gestartet wurde, um das "freie" Betriebssystem GNU zu entwickeln (Abkürzung für "GNU is Not Unix''). Stallmans Ziel ist es, "to give computer users the freedom, that most of them have lost." Gastredner Stallman wird am heutigen Event neben einem Überblick über die "freie" Software-Bewegung auch auf die Problematik der Software-Patentierung zu sprechen kommen.
Auch an vielen Einheiten der ETH kommen kostenlose Softwarepakete zum Einsatz. Zudem sind zahlreiche ETH-Angehörige aktiv an der Entwicklung solcher Produkte beteiligt (siehe Beispiel im Kasten). Grund genug für die Informatik-Support-Gruppe des Departements Elektrotechnik eine Website einzurichten. Damit sollen einerseits OSS-Aktivitäten dokumentiert, andererseits einzelnen Projekten mit grosser Nachfrage eine Web-Plattform mit schneller Internet-Anbindung geboten werden. Auch der heutige Event mit Stargast und Preisverleihung soll die Entwicklung freier Software vorantreiben. "Ein Bruchteil der Lizenzgebühren" Gehört es überhaupt zu den Aufgaben der ETH, Ressourcen für "Open Source"-Projekte zur Verfügung zu stellen? Fritz Zaucker hält das für selbstverständlich: " Diese Leute investieren unheimlich viel Zeit, meist Freizeit, in ihre Projekte, und die ETH setzt diese kostenlosen Softwarepakete an vielen Stellen ein." Das bisschen Speicherplatz und Netzwerkbandbreite, das die ETH einigen dieser Projekte zur Verfügung stelle, koste die ETH nur einen Bruchteil dessen, was für kommerzielle Produkte an Lizenzgebühren bezahlt werden müsste. "Ausserdem sind die Projekte von ETH-Mitarbeitern darüber hinaus sicherlich auch ein Aushängeschild für die ETH und ein Beispiel für das spannende Umfeld, in dem wir hier arbeiten", ergänzt Elmar Heeb vom Departement Physik, das den Wettbewerb ebenfalls finanziell unterstützt. Was motiviert Programmierer, ihre Produkte kostenlos zur Verfügung zu stellen, anstatt damit viel Geld zu verdienen? "Ähnlich wie bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen ist wohl die positive Anerkennung in der Netzgemeinde eine starke Motivation", vermutet Tobias Oetiker, Senior System-Administrator am Departement Elektrotechnik, aus eigener Erfahrung. "Andererseits setze ich tagtäglich viele "Open Source"-Programme ein, und darum ist es nur fair, dass ich auch meinen Teil dazu beitrage." Der von Oetiker entwickelte Netzwerkmonitor (MRTG) wird heute an mehr als 50'000 Orten eingesetzt, von der Swisscom über CNN bis zur amerikanischen Antarktis-Station McMurdo. Die von ihm kostenlos angebotene Software wird monatlich rund 9'000 mal runtergeladen. "Inzwischen wird mein Netzwerkmonitor auch für Aufgaben eingesetzt, auf die ich nie gekommen wäre, beispielsweise zur Beobachtung der Wellenstärke am Strand der Scripps-Institution für Ozeanographie in La Jolla, Kalifornien", erklärt Oetiker als Beispiel dafür, wie ein Programm durch Weiterentwicklung neue Anwendungsmöglichkeiten erschliessen kann. Beste Schweizer "Open Source"-Software Um die Entwicklung freier Software zu fördern, betätigt sich Oetiker als aktiver Mitorganisator am heutigen Event und sitzt als Vertreter der ETH auch in der Jury, um die beste Schweizer "Open Source"-Software zu küren. Entscheidend für den Sieg sind dabei die Originalität und Einzigartigkeit der Software, die Qualität des Programm-Codes und der Gesamteindruck der Software wie Design und Dokumentation. Nicht bewertet wird hingegen der praktische Nutzen für die ETH, da kaum messbar.
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Studienreise ins Silicon Valley Den Siegern winken Preise im Gesamtwert von mehreren tausend Franken, darunter eine Studienreise ins Silicon Valley, Hardware von Sun und Barpreise für alle Teilnehmer. Den Umstand, dass es fast mehr Preise als Teilnehmer (5) gibt, kommentiert Oetiker schmunzelnd mit: "Es lohnte sich auf jeden Fall beim Wettbewerb mitzumachen."
ETH Life als "Open Source"?
Massenandrang und knallvolles Audimax Wer das auch wissen will, der trifft Stallman heute Nachmittag von 14:00 bis 18:00 Uhr im Auditorium Maximum der ETH Zürich (HG F 30). Dort prämieren die IT-Support-Gruppe des Departements Elektrotechnik, Sun Microsystems Schweiz und die Schweizer Open System User Group "/ch/open" das beste "Open Source"-Projekt mit Schweizer Beteiligung. "Wegen Stallmans Bekanntheit kommt es wahrscheinlich zu einem Massenandrang und wir haben heute nachmittag ein knallvolles Audimax", befürchtet Organisator Oetiker, "wir werden den Event jedoch per Video in den Scherrer-Hoersaal (ETZ Gebäude) übertragen." Im ETH-Hauptgebäude selbst war leider kein freier Hörsaal mehr zu bekommen. Eine vorgängige Reservation ist nicht möglich. Für alle, die keinen Platz mehr finden, bleibt als Trost ab 18:00 vor dem Audimax ein von Sun gesponserter Apero auf die "Open Source"-Bewegung. Prost!
Daten: Heute Montagnachmittag, 9. April 2001, 14:00-18:00 Uhr Auditorium Maximum im ETH-Hauptgebäude (HG F 30) |
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Literaturhinweise:
Fussnoten:
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