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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 06.12.2001 06:00

Venture 2002
Für Bosse von morgen

Zwei erfolgreiche Selfmade-Men plauderten an der Info-Veranstaltung des Businessplan-Wettbewerbs Venture 2002 an der ETH aus dem Nähkästchen: Peter Friedli, Schweizer Venture-Capitalist, der schon 160 Firmen auf die Sprünge half und Joël Jean-Mairet, preisgekrönter CEO des ETH-Vorzeige-Spin-offs GlycArt Biotechnology.

Von Norbert Staub

Er hat etwas Knorriges, ja Verbissenes. Gleichzeitig ist er von erfrischender Offenheit – und widerspricht damit dem Klischee des aalglatt-abgebrühten Finanzhais: Peter Friedli ist ein mit vielen Business-Wassern gewaschener Financier: schon lange bevor der Begriff in der Schweiz einigermassen heimisch wurde, seit 1986, arbeitete er als selbständiger Investment Banker und Venture-Capitalist. Der Schweizer Friedli ist ein Vertreter einer in der Schweiz nach wie raren Sorte von Geldfachleuten.

Simpel wie die Zehn Gebote

Kein Wunder, spitzten die zahlreich erschienenen Unternehmer in spe ihre Ohren besonders gut, als Friedli anlässlich des Info-Meetings zum Businessplan-Wettbewerb Venture 2002 vergangenen Montag an der ETH seinen reichen Erfahrungsschatz mit Start-Ups ausbreitete. Doch wer erwartet hatte, der Einzelkämpfer und - mitunter gefürchtete - Herr über Dutzende von hoffnungsvollen Jungunternehmen im High-Tech und Biotech-Bereich würde Überraschendes preisgeben, sah sich getäuscht. Überraschend war eher, dass Friedlis Rezepte zur erfolgreichen Umsetzung einer Geschäftsidee so simpel daherkommen wie die Zehn Gebote: Gute Unternehmer lassen sich nichts einreden, machen keine Schulden, geben nicht auf, behandeln Kunden anständig und arbeiten hart und ehrlich.

joel jean-mairet
Verkörpert den erfogreichen Start-Up-Manager: Joël Jean-Mairet, Chef von GlycArt Biotechnology. gross

"Unternehmer sein ist die beste Lebensschule, die es gibt", erklärte der zweimalige Studienabbrecher Friedli denn auch – und was wäre ein besserer Beweis für den Erfolg dieser These, als dieser Vortrag über seine eigene Karriere an der ETH? "Für ein gutes Geschäft braucht zunächst viel Leidenschaft und die Bereitschaft, einen Teil seines Lebens für eine Idee herzugeben", versuchte Friedli allfällige Gelüste nach dem schnellen, problemlosen Geld gleich im Keim zu ersticken. "Nur wer hartnäckig ist und Risiken auf sich nimmt, kommt zum Erfolg", verkündete er, und wer das tue, könne selbstverständlich auch abstürzen. Friedli: "Abstürzen gehört dazu, die Frage ist wie."

Schweiz: Kleinheit als Handicap

Dies ein Satz, der verriet, dass Friedli den Löwenanteil seiner Aktivitäten längst in die risikofreudigeren USA verlagert hat. – Was machen die Schweizer denn falsch? "Nichts", so der Financier lapidar. Auch hier gebe es das Know-How und den Willen, etwas aus dem Nichts auf die Beine zu stellen. Aber die USA seien nun einmal viel grösser, und der Schweiz wird die Kleinheit des Landes angesichts des Bewegungsdrangs junger Unternehmen schnell einmal zum Hindernis. Komme dazu, dass das US-Aktiengesetz den Risiko-Kapitalisten "freundlicher gesinnt" sei als das schweizerische. Friedli hat es sich zum Prinzip gemacht, bei seinen Finanz-Engagements wenn immer möglich die Aktienmehrheit zu übernehmen.


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peter friedli
Hat sich mit guter Nase für Start-Ups mit Potential in den USA einen Namen gemacht: der Schweizer Risiko-Kapitalist Peter Friedli. gross

Wie müssen denn nun Geschäftsideen "designt" sein, um erfolgreich, dass heisst: gewinnbringend zu sein? Auch darauf antwortet Friedli mit einer Lebenserfahrung, die sich banal anhört, aber deshalb wohl nicht falsch ist: "Als die besten Geschäfte haben sich jene erwiesen, die ich finanziert habe, ohne einen Businessplan vorgelegt zu bekommen", sagt er. Er habe oft nach Gefühl entschieden – nach der Intensität des Feuers, das einer mit seiner Idee versprüht habe. Ohnehin sei eine Idee noch lange kein Geschäft. Der Grund, warum viele erprobte Technologien den Weg zum Markt nicht finden, sei das falsche Timing.

Zuchtmeister seiner CEO’s

Wer sich Friedli als Geldgeber ins Boot holt, muss sich auf einiges gefasst machen. Seine Firmen hält er an kurzer Leine. "Mit mehr als der Hälfte meiner CEO’s liege ich ständig im Streit", sagt er – und wirkt dabei ganz zufrieden. "Ich streite sehr gern." Es brauche seine permanente, aber aufbauende Kritik, um die Unternehmen voranzubringen. "Unternehmer müssen immer erklären können, warum es ihr Produkt braucht, sonst stimmt etwas nicht", bringt er deren Mission auf den Punkt. Ein Produkt auf den Markt bringen – das sei das Wichtigste, so Friedli. "Aber die wenigsten können das." Wahres Unternehmertum sei "eingebaut", und wirklich gute Leute wüssten von selbst, wann was zu tun sei.

Es schien, als wollte der Risiko-Kapitalist die Annahme, man könne sich in dem Bereich auch einiges aneignen, Lügen strafen. Immerhin gab Friedli dann den Einsteigern ins Unternehmerdasein doch noch bekannt, was für ihn einen guten Businessplan ausmacht: er muss einfach, verständlich und vom Unternehmer eigenhändig und in ganzen Sätzen (!) formuliert sein. Abweichungen vom Plan seien kein Problem, solange transparent werde, wie es dazu kam.

Senkrechtstart aus der ETH

Einer, der Friedlis Rat wohl kaum mehr braucht, ist der zweite Referent, der Neuenburger Joël Jean-Mairet (30), der mit dem erst 2000 gegründeten Unternehmen GlycArt Biotechnology bereits Furore gemacht hat. Der ETH-Spin-off, gegründet vom verstorbenen ETH-Professor James Bailey, Pablo Umaña und Jean-Mairet wurde im März 2001 mit dem De-Vigier-Preis ausgezeichnet. Erst im November 2001 kam die Auszeichnung mit dem goldenen Innovation Award des Wall Street Journal Europe dazu. Das Unternehmen ist führend in der Entwicklung von besonders wirksamen, sogenannt monoklonalen Antikörpern für Krebs und Immunschwäche-Krankheiten. Der Businessplan der Firma wurde im Rahmen des Businessplan-Wettbewerbs Venture 2000 entwickelt. Die Beteiligung an diesem Wettbewerb stärkte laut Jean-Mairet vor allem eines: das Beziehungsnetz der angehenden Unternehmer.

Teamplay im Vordergrund

"Keep professional ethics"; "Hire the best people" – die allgemein gehaltenen Tipps, die Jean-Mairet den Zuhörern mitgab, ähnelten denen von Friedli. Doch in den Grundzügen denkt der jüngere und im Grenzbereich von Wissenschaft und Industrie Tätige weniger "einzelkämpferisch" als der erfahrene Geschäftsmann: Anwälte, so Jean-Mairet, seien eine nötige und lohnende Investition und es sei nicht verboten, bei Stiftungen wie Gebert Rüf oder De Vigier anzuklopfen und um Unterstützung nachzufragen.


Literaturhinweise:
Der Businessplan-Wettbewerb wird dieses Jahr zum dritten mal durchgeführt, erstmals auch für Jungunternehmer ausserhalb der Hochschulen. Eine erste Preisverleihung findet Ende Januar an der ETH statt. Informationen: www.venture.ch



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