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Rubrik: Tagesberichte |
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Weltausstellung in Aichi Die Schweiz unter der Taschenlampe |
Am Karfreitag öffnete die Weltausstellung in der japanischen Präfektur Aichi ihre Tore für die Besucher. Unter ihnen Odilo Schoch, Doktorand an der Professur für CAAD. Für ETH Life schildert er seine Eindrücke von der Ausstellung im Land der aufgehenden Sonne. Von Odilo Schoch Wieder einmal ist Expo-Zeit. Diesmal nicht im Schweizer Seeland, sondern in der wirtschaftlich starken Präfektur Aichi in Japan (1). Gleich neben Toyota-City soll sich während sechs Monaten die Welt treffen. Kühl präsentiert sich zu Beginn meines Besuches am Freitag die Weltausstellung. So treiben Kälte und Schneeschauer die Empfangsdamen immer wieder in die wärmeren Pavillons zurück. Bei diesen fällt auf, dass sie weniger bunt gestaltet sind als sonst. Dafür sticht eine riesige Fussgängerzone auf Stützen, „Global Loop“ genannt, ins Auge. Sie dient als Boulevard und Rückgrat für die Erschliessung der einzelnen Pavillons. Diese sind in einfache und demontierbare Industriehallen gepackt. Die japanischen Organisatoren wollten damit vermeiden, dass sich die Länder gegenseitig mit nach aussen präsentiertem Gigantismus überbieten. Allerdings wird dafür im Inneren geklotzt. Um auch hier dem ökologisch orientierten Expo-Motto „Nature’s Wisdom“ gerecht zu werden, hat man zumindest die zur Verfügung stehenden Strommengen limitiert. Dies habe angeblich einigen Ländern grosse Probleme bereitet.
Mit Armeetaschenlampe in den Berg Mit solchen Problemen seien sie nicht konfrontiert gewesen, erzählen mir die Schweizer Ausstellungsmacher in ihrem Pavillon. Dem Besucher wird nämlich eine künstliche Bergwelt aus Holz und Papier präsentiert. Mit Verzicht auf High-tech? Nicht ganz, stelle ich fest. Am Eingang erhält jeder Besucher eine Schweizer Armeetaschenlampe. Mit der solle man gemäss der Anleitung auf Ausstellungsgegenstände leuchten und dann den olivgrünen Blechkasten ans Ohr halten (2). Also, los und ausprobieren.
Anhand einer simulierte Fahrt durch einen Eisenbahntunnel tauche ich ein in den Schweizer Berg in Japan und stehe in der ersten von vier Luftblasen, welche im Untergrund den Berg strukturieren. Hinter durchsichtiger Plastikfolie erkenne ich Videos von Pipilotti Rist und Tourismusschilder aus vergangenen Tagen. Im anderen Winkel sind ein Bootsrumpf der Alinghi und der Schweizer Ausweis von Albert Einstein zu finden.
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Als ich den Lichtkegel meiner Taschenlampe auf eine mannshohe Statue richte, erkenne ich die rekonstruierte Buddhastatue aus dem ETH-Institut für Geodäsie und Photogrammetrie von Professor Armin Grün. Prompt erzählt die Taschenlampe den passenden Text. Obwohl Japanisch lustig wäre, bevorzuge ich dann doch die informativere englische Variante. Erfreut, und als grosses Lob für die Schweizer sehe ich die positive Reaktion der grösstenteils japanischen Besucher: Sie bleiben zwischen 10 und 20 Minuten „im Berg“. In anderen Länderpavillons sind es nur wenige Minuten. Posieren vor künstlichem Panorama Aus der Schweizer „Unterwelt“ führt eine weisse Wendeltreppe nach oben. Ich erreiche eine künstlich alpine Aussichtsterrasse. Amüsanterweise posieren sich die Besucher hier sofort vor der imaginären Bergwelt und fotografieren sich gegenseitig. Nach erfolgreichem Abstieg vom Holzberg gibt’s Souvenirs in rot-weiss und Ricola-Bonbons. Das Restaurant „Alpenrose“ hat Panoramafenster zum Berg hin. Bei Preisen auf Schweizer Niveau lässt es sich wie in der helvetischen Heimat speisen. Es ist offensichtlich, dass mit diesem Teil des Schweizer Pavillons die wohlhabenden japanischen Touristen angesprochen werden sollen. Die Präsentation insgesamt ist aber angenehm informativ – auch in Bezug auf den Wissenschaftsstandort Schweiz - und vergnügt verpackt: eine gelungene und feinsinnige Mischung. Roboterland Japan Die japanische Interpretation des Expo-Mottos „Nature’s Wisdom“ hat ihren ganz eigenen Charakter. Sie schlägt sich beispielsweise nieder in einer illustren Sammlung technologischer Innovationen: Führerlose Busse für den öffentlichen Transport und Roboter zum Saubermachen sowie als Kinderspielzeug. Diese werden nicht nur ausgestellt, sondern lassen sich auch nutzen. Mit Engelsgeduld bringt mir eine blinkende Maschine Spielzeugroboter immerhin zwei Worte Japanisch bei.
Auch Konzerne wie Toyota und Hitachi haben ihre eigenen Pavillons. Letzterer überzeugte durch PDAs mit Brennstoffzelle und einer perfekten "Augmented Reality"-Installation über bedrohte Tiere - High-Tech zum Anfassen. Da auch die japanischen Forschenden persönlich vertreten sind, kann ich erste Kontakte auf akademischer Ebene knüpfen. Fujitsu Labs zeigen sich sehr interessiert an den computerintegrierten Gebäudekonzepten der ETH-Professur für CAAD (3). Mal schauen, was aus diesen Kontakten wird. Alles in allem stelle ich zum Schluss meines Besuches fest: meine Reise hat sich gelohnt, denn die Weltausstellung 2005 hat trotz beissender Kälte Freude gemacht. |
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Literaturhinweise:
Fussnoten:
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