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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 22.03.2004 06:00

„Future Lab“ zu Science City
Imagine...

Am Ort des künftigen Geschehens kamen vergangenen Dienstag um die 70 ETH-Angehörige aller Bereiche zusammen, um Ideen, Visionen und Wünsche zu skizzieren, welche in den Ausbau des Campus Hönggerberg zur "Science City" fliessen könnten. Und dies nicht für die Schublade: das Erarbeitete soll in die nun anlaufende Planung einbezogen werden.

Von Norbert Staub

Neu ist der Begriff nicht. Mit dem Label „Science City“ schmücken sich bereits verschiedenste urbane Gebilde; die einen mit Recht, wie die Tsukuba Science City bei Tokio, 1973 auf der "grünen Wiese" gegründet, welche mittlerweile gut 60 wissenschaftliche Institute und fast 200'000 Bewohner zählt. Und gegenwärtig tun Städte wie York in England oder Salzburg und Bremen viel dafür, um sich als „Science Cities“ zu definieren und sich so als Forschungs- und High-Tech-Standorte zu empfehlen. Andere „Science Cities“ hingegen, wie etwa jene im amerikanischen Kansas City, bieten lediglich kommerzielle Erlebnisparks mit etwas Forschungsanstrich.

Neue Herausforderung

Was nun die ETH mit ihrem Campus-Projekt Science City anstrebt, ist enorm anspruchsvoll, da es auf eine komplexe Problemlage zu antworten hat. Denn für die 10'000 Menschen, die ab 2007 den Hönggerberg arbeiten werden, genügt der heutige Ausbaustand des Campus an der Peripherie Zürichs nicht mehr. An Verkehrskapazität und Infrastruktur für Wohnen und Versorgung werden ganz neue Forderungen gestellt werden. Zudem soll Science City anders als heute bewusst mit den umliegenden Stadtquartieren verzahnt werden. So will man denn ein eigentliches, neuartiges Quartier für Zürich entstehen lassen, welches Wissenschaft und Öffentlichkeit zusammenbringt: "ein 'offenes Fenster’ zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, ein Stadtquartier für Denkkultur“, meint Gerhard Schmitt, ETH-Vizepräsident für Planung und Logistik.

Vernetzung, durchlässige Grenzen: Visualisierungen von Konzeptskizzen aus dem "Future Lab" zu Science City. gross

Bis es so weit ist, sind aber noch viele inhaltliche Klärungen und Weichenstellungen nötig. Dieser Prozess, auf der Diskussions-Website von Science City schon seit längerem im Gang (1), gewinnt jetzt an Kontur. In einem „Future Lab“ wurde am 16. März ein erstes Mal im breiten Rahmen diskutiert, wohin die Reise gehen könnte. Unter der Leitung von Ulrich Schärer und Cuno Künzler von der Personal- und Organisationsentwicklung der ETH formulierten und präsentierten gut 70 von allen Departementen, Abteilungen und Ständen der ETH delegierte Personen ihre Vorstellungen zu Science City.

Die Gedanken waren frei

Dem, wie Cuno Künzler betonte, „demokratischen Arbeiten“ wurden bewusst keine Restriktionen auferlegt: „Der Fokus soll auf der Zukunft liegen und nicht auf Problemen.“ Entsprechend lustvoll gingen die Teilnehmenden in wechselnden Teams zu Werke. Schnell kristallisierte sich heraus, dass sich eine Mehrheit Science City als lebendiges, lebenswertes und die Kommunikation ermöglichendes Umfeld wünscht, und dies ohne saisonale (das heisst: Semesterferien-bedingte) Einbrüche. Der Campus dürfe „kein Getto“, „keine anonyme Betonwüste“ und schon gar kein „Prestigeobjekt“ werden. Dazu müssten etwa Übernachtungs- und mehr Sport- und Einkaufsmöglichkeiten geschaffen werden. Als Anreize, am Abend auf dem Hönggerberg zu bleiben, wurden Kultur- und andere Freizeitangebote postuliert.

Eine Studentin fand, an Science City müsse man erkennen, dass die Forschenden es ernst meinen mit dem anlässlich des Festivals „Science et Cité“ gemachten Bekenntnis, die Bevölkerung ins Wissenschaftsleben einbeziehen zu wollen. Allerdings dürfte das auf den ersten Blick so attraktive Einebnen der Grenzen zwischen Leben und Arbeiten auf dem Campus auch Probleme bereiten.


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Intensives Teamwork unter der Leitung von Ulrich Schärer (M.) und Cuno Künzler (schreibend). gross

„Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder in die Chemielabors gehen. Aber die Steuerzahler möchten vielleicht einmal sehen, wohin ihr Geld geht“, umriss ein Teilnehmer das Spannungsfeld, das sich öffnet, wenn die Nutzung des Campus von Forschung und Lehre auf Wohnen und Kultur ausgeweitet wird.

Vom „Kloster“ bis zum „In-Quartier“

Innerhalb der unterschiedlichen Szenarien „Modernes Kloster der Wissenschaft“, „Wissenschaftstheater“, „Gläserne Denkfabrik“ und „In-Quartier downtown Hönggerberg“ galt es, die einzelnen Vorstellungen zu bündeln und zu konkretisieren. Was da zusammenkam, reichte vom konkreten Vorschlag mit Bodenhaftung bis zur hoch fliegenden Vision.


Geöffnete Werkstatt

Die an der Zukunftswerkstatt vom 16. März erarbeiteten Thesen und Vorschläge sollen von der gesamten ETH-Gemeinschaft diskutiert werden können. Gelegenheit dazu gibt der Info-Lunch vom 22. März von 12.15 bis 13 Uhr im Foyer HPH auf dem Hönggerberg, zu dem alle ETH-Angehörigen herzlich eingeladen sind.



Im folgenden nur ein kurzes, unvollständiges Résumé der „Future-Lab“-Resultate: Angeregt wurden etwa ein „Broadway“ zwischen Affoltern und Hönggerberg, wo Forschung, Industriekontakte und Publikumsneugier gleichermassen zum Zug kommen, dann ein „Problemlösungshaus“ als Interface zum einen zwischen allen Forschungsbereichen, zum anderen zwischen Hochschule und Gesellschaft, zudem intelligente, flexible Wohnsysteme für schnell wechselnde Bedürfnisse oder die Schaffung eines Campus-„Kulturdelegierten“ der Schulleitung, unter welchem am Hönggerberg Kultur und Kunst Einzug halten sollen. Auf abstrakterer Ebene bewegt sich der Vorschlag, den Campus in erkennbare und nach Bedarf verschiebbare „Funktionszonen“ (zum Beispiel Forschung – öffentlicher Raum) aufzuteilen. Und die vielleicht kühnste Vision: ein weithin sichtbares „Wahrzeichen“ in Form eines riesigen „Science-City-Tower“ mit integrierter Konferenzinfrastruktur.

Wirtschaft ermutigt zu Visionen

Diese offene, partizipative Art des Vorgehens habe sich als richtig erwiesen, bilanzierte Gerhard Schmitt nach dem „Future Lab“ gegenüber „ETH Life“: „Aus Interessierten sind bereits einige zu engagierten Science Citizens geworden.“ Starke Visionen - wissenschaftliche wie persönliche - seien zudem Voraussetzung für eine Finanzierung von aussen. Dies bestätigten Hintergrundgespräche mit Wirtschaftsvertretern, so der ETH-Vizepräsident.

Bei den Resultaten des Workshops fasziniere ihn, wie „aus Einzelideen ein pulsierender Gesamtcampus entstehen könnte“. Hier konzentriertes Forschen und Lernen, daneben Präsentation der Ergebnisse und „Konsulate“ der Industrie („Broadway“); dazu die Möglichkeit für die interessierte Öffentlichkeit, Forschung live zu verfolgen sowie „ein internationales 24-Stunden-Flair in Europas neuestem 'In-Quartier’“.

Kernidee trifft Hauptbedürfnis

Science City soll ein echter, lebendiger Stadtteil werden:Diese Kernidee stimmt, wie die Zukunftswerkstatt zeigte, mit einem Hauptbedürfnis der künftigen „Science Citizens“ der ETH überein. Doch darf darob nicht vergessen gehen, dass dafür zuerst ein Mehrwert da sein muss, den Forschung und Lehre generieren. „Nur Inhalte und Wertschöpfungsmodelle bilden das Fundament für die nachhaltige Entwicklung und Finanzierung der neuen ETH“, gibt Gerhard Schmitt zu bedenken. - Gesetzt den Fall, er könnte morgen einen Grundstein legen, für welchen Inhalt würde er sich persönlich entscheiden? Schmitt: „Für eine Energy and Information City. Grundlagenwissenschaften, Life Sciences, Architektur und Bauwissenschaften sind hier bereits stark vertreten“.


Fussnoten:
(1) Zur Forumsseite von Science City: www.science-city.ethz.ch/discuss



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