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Rubrik: Tagesberichte ETH-Symposium zur Regulierung des Internets Internet: Aufbruch Richtung UNO |
Published: 27.06.2006 06:00 Modified: 27.06.2006 08:09 |
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Ende Oktober startet das von UNO-Generalsekretär Kofi Annan eingesetzte Internet Governance Forum. Es soll die Tätigkeiten der Internet-Regulierungsbehörde ICANN diskutieren und überwachen. Ein Symposium an der ETH Zürich will Themen, Schwerpunkte und Positionen erarbeiten, welche die Schweiz zur Entwicklung des Internets beitragen kann. Jakob Lindenmeyer (www.jakob.lindenmeyer.ch/) Die politisch und wirtschaftlich bedeutende Adressverwaltung des Internets wird seit 1998 durch die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) betrieben. Die ICANN steht unter Kontrolle des Handelsministeriums der USA, was insbesondere Länder wie Russland, China oder auch den Iran stört. Nach intensiven Verhandlungen haben sich am letzten UNO-Weltinformationsgipfel (1) die Regierungen der 176 beteiligten Länder auf einen Kompromiss geeinigt. Danach wird die ICANN wie bisher die Kernressourcen des Internets verwalten. Die Ausübung dieser Funktionen soll aber neu in ein globales Regelwerk eingebettet werden, das die politischen Prinzipien vorgibt. Zudem soll der ICANN mit dem "Internet Governance Forum" (2) eine von UNO-Generalsekretär Kofi Annan eingesetzte Plattform aus Vertretern der Regierungen, der Industrie und von NGOs an die Seite gestellt werden, welche die Tätigkeiten der ICANN diskutiert und überwacht. Damit soll unter Leitung der UNO erstmals ein offenes, alle Interessenvertreter einschliessendes Forum entstehen, um Internet-bezogene Themen zu traktandieren und offen, transparent und gleichberechtigt zu diskutieren. UNO-Kontrolle als FernzielDas Internet Governance Forum hat zwar keine Entscheidungskompetenzen, basiert aber gerade auch auf der Idee, dass es im Internet keine zentrale Macht braucht, sondern die Entscheide dezentral bei verschiedenen Fachgremien getroffen werden sollen, die über die notwendige Fachkompetenz verfügen. Das Internet wird damit zwar nicht per sofort der UNO unterstellt. Doch mit der Gründung des Internet Governance Forums am 30. Oktober dieses Jahres in Athen wird ein politischer Prozess in Gang gesetzt, an dessen Ende tatsächlich eine UNO-Kontrolle übers Internet stehen könnte. Gleichberechtigte Diskussion aller BeteiligtenVorgelagert zur Gründung des Internet Governance Forums (IGF) findet am 7. Juli an der ETH Zürich ein nationales IGF-Symposium statt, (3) um die an der Zukunft des Internet interessierten Personen zu einem Schweizer Beitrag zur Gründung des IGF zu bewegen und eine breitere Öffentlichkeit zu sensibilisieren und zu informieren. Als Einstieg und als Grundlage stellt IGF-Koordinator Markus Kummer die zu gründende UNO-Organisation und deren Ziele vor. Das IGF soll nach dem Multi-stakeholder Prinzip funktionieren, sodass alle Beteiligten gleichberechtigt mitdiskutieren können. Am Symposium präsentieren dementsprechend mehrere Stakeholder ihre Sicht aufs IGF, wie etwa das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) als Vertreter der Regierung, comunica-ch vertritt die Sicht der Zivilgesellschaft und die ISOC die Internet Society.
In Athen werden voraussichtlich die Schwerpunkte "Offenheit", "Sicherheit", "Diversität" und "Zugang" debattiert. Interessierte können Beitragsvorschläge zu neuen und zu den bereits geplanten Schwerpunkten einreichen. Am Symposium an der ETH werden zwei der geplanten IGF-Schwerpunkte aufgegriffen. Der erste befasst sich mit der Frage, wie Datenschutz, Privatsphäre und Sicherheit bei neuen Technologien wie RFID gewährleistet werden können und was von wem reguliert werden sollte. Dabei stellt sich die Frage, ob der Staat den Schutz von Privatsphäre allein der Wirtschaft überlassen darf. Erwartet wird eine kontroverse Debatte zwischen Elgar Fleisch, Professor für Informations-Management an der Universität St. Gallen und der ETH und Bruno Baeriswyl, Datenschutzbeauftragter des Kantons Zürich. Das zweite Streitgespräch befasst sich mit Urheberrechten und dem Zugang zu Wissen im Internet. Durch die Revision des Urheberrechts soll in der Schweiz demnächst die Umgehung von technischen Schutzmassnahmen wie Digital Rights Management kriminalisiert werden. Dabei stellt sich die Frage, ob solche technischen Schutzmassnahmen wirklich notwendig sind, damit weiterhin Texte, Bilder und Videos übers Internet angeboten werden; ob Innovation nur dank dem Schutz geistigen Eigentums entsteht, oder ob genau das Gegenteil zutrifft, bleibt umstritten. Darüber diskutieren Stefan Meierhans von Microsoft, Felix Stalder von der HGKZ und Professor Rolf H. Weber vom Zentrum für Informations- und Kommunikationsrecht der Uni Zürich.
References:
Footnotes:
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