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Rubrik: Tagesberichte |
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Isolierungsmethode für bindende Moleküle Chemische Partnersuche |
Die Entwicklung von Molekülen, die stark und spezifisch an Proteine binden, ist eine zentrale Herausforderung in der chemisch-pharmazeutischen Forschung, beispielsweise im Hinblick auf neue Medikamente zur Krebstherapie. ETH-Forschende fanden eine neue Methode zur Isolierung von derartigen kleinen Molekülen. Von Christoph Meier Partnersuche ist eine schwierige Sache, wenn der Partner passen und die Bindung halten soll. Dieses Problem kennen auch Chemiker und Pharmazeuten, wenn sie gute Bindungspartner für beispielsweise tumorassoziierte Proteine suchen. Erfolge mit Antikörpern Bisher werden zu diesem Zweck Antikörper als spezifische Binder eingesetzt. Als Bestandteile des Immunsystems binden diese grossen Proteine die verschiedensten Fremdpartikel und neutralisieren sie. Aufgrund ihrer selektiven Bindung werden sie deshalb auch in der Krebsbekämpfung eingesetzt. So ist es der Forschungsgruppe um den ETH-Professor Dario Neri vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften (1) gelungen, Antikörper gegen die EDB-Domäne von Fibronektin zu entwickeln. Diese Domäne ist typisch für wachsende Blutgefässe, wie sie in Tumoren vorkommen. Dadurch konnten Tumore sowohl bei Tieren als auch beim Menschen spezifisch markiert werden. Doch nicht nur das: Im Mausmodell gelang es beispielsweise durch Kopplung von immunstimulierenden Botenstoffen an die EDB- bindenden Antikörper, Tumore erfolgreich zu bekämpfen. Nachteile von Antikörpern Also mit Volldampf weiter auf der Antikörperschiene? Dario Neri sieht das nicht ganz so. Bei allen Erfolgen seiner laufenden Forschung mit Antikörpern erkennt der Wissenschaftler auch die Nachteile Antikörper-basierter Therapien. So weiss man etwa, dass eine mehrfache Verabreichung von therapeutischen Antikörpern zu einer Immunreaktion gegen diese führen kann. Zudem verhindert ihre Grösse, dass sie Ziele innerhalb der Zelle direkt angreifen können. Suche nach Alternativen Neri suchte deshalb nach einer alternativen Methode, mit deren Hilfe wesentlich kleinere Moleküle als Antikörper - mit ähnlicher Bindungsstärke aber ohne deren Nachteile - gefunden werden können. In der Mai-Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Biotechnology“ beschreiben er und seine Mitarbeiter die neue „ESACHEL“ (encoded self-assembling chemical libraries) Technologie (2). Geschickt kombiniert Das Prinzip von „ESACHEL“ sieht wie folgt aus: Verschiedene kleine organische Moleküle werden an kurze DNA-Stränge gekoppelt. Diese enthalten einen konservierten Abschnitt sowie einen weiteren Abschnitt, der zur individuellen Kodierung des angebundenen organischen Moleküls dient.
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So entsteht eine Bibliothek von DNA-Molekülen mit angehängten organischen Substanzen. Entscheidend ist nun die Fähigkeit der DNA-Sequenzen, über den konservierten Abschnitt DNA-Doppelstränge (oder gar Dreifachstränge) zu bilden. Das ermöglicht die Kombination von mehreren Bibliotheken. Fügt man beispielsweise zwei Bibliotheken mit je 100 Substanzen zusammen, ergeben sich bereits 10’000 Kombinationen. Diese kombinierten Moleküle kann man nun darauf testen, ob sie an ein gewünschtes Protein binden können. Erfolgt eine Bindung, so geben die spezifischen Kodierungsabschnitte Auskunft darüber, welche Kombination von organischen Molekülen dafür verantwortlich ist. Dazu benutzt man DNA-Mikrochips, die das Gegenstück zu allen möglichen individuellen DNA-Codes der organischen Moleküle enthalten. In einem weiteren Schritt kann man die identifizierten organischen Moleküle chemisch zu einem Bindungsmolekül verbinden. Die für die medizinische Anwendung hinderliche DNA fällt somit weg. Proof of principle gelungen Neri und seinen Mitarbeitern gelang es mittels zweier Modellsysteme, kleine organische Moleküle zu isolieren, die an die von ihnen verwendeten Proteine binden. Sehr geholfen habe ihnen dabei das Functional Genomic Center Zürich, meint Neri. Denn ohne Automatisierung wären die Herstellung von Substanzbibliotheken und die Analyse der gebundenen Stoffe mit einem vernünftigen Arbeitsaufwand nicht möglich. "Die grosse Frage ist nun, ob wir auch Moleküle isolieren können, die an für uns interessante Proteine binden“, blickt der Forscher in die Zukunft. Gelingt dies, könnte auch die Krebstherapie einen Schritt nach vorne machen. Aufgrund ihrer Grösse wird bei den kleinen Molekülen keine Immunreaktion erwartet. Zudem sollten sie auch in der Lage sein, in Zellen einzudringen, so dass ein breiteres Spektrum von Angriffszielen offensteht. |
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Fussnoten:
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