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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 28.11.2001 06:00

"Manifest für den Denkplatz Schweiz"
Parteien reagieren positiv

Auf den Alarm der Spitzenvertreter der Schweizer Wissenschaft reagieren die Bildungspolitiker aller vier Bundesratsparteien mit Zustimmung. Mehr Geld für die Schweizer Hochschulen und für die Forschung sei bitter nötig – allerdings eher für die kantonalen Universitäten als für die ETH.

Von Roland Schaller

"Der Aufruf kommt eher zu spät", antwortet Johannes Randegger spontan. Der FDP-Politiker ist Präsident der nationalrätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK). Und CVP-Mann Peter Bieri, sein Pendant im Ständerat, doppelt nach: "Die Alarmstimmung ist durchaus gerechtfertigt." Die beiden Präsidenten der zuständigen Kommissionen im National- und Ständerat unterstützen, wenn auch nicht vorbehaltlos, das vor zwei Wochen in verschiedenen Tageszeitungen publizierte "Manifest für den Denkplatz Schweiz", welches unter anderem von ETH-Ratspräsident Francis Waldvogel unterzeichnet wurde.

Zehn Prozent mehr Geld?

Der Bund soll ab 2004 das Forschungsbudget um jährlich zehn Prozent wachsen lassen, lautet eine zentrale Forderung des Manifestes. Schon jetzt hat er für die Jahre 2002 und 2003 eine Erhöhung des Budgets um fünf Prozent beschlossen. Deshalb glaubt Gian-Reto Plattner, SP-Ständerat und Vizerektor der Uni Basel, dass diese Forderung des Manifests nicht unrealistisch ist. Und auch Randegger gibt dem Zehn-Prozent-Ziel gute Chancen. Allerdings müssten jetzt alle am gleichen Strick ziehen, denn natürlich will nicht nur die Wissenschaft mehr Geld. "Wenn wir das Haus nicht an allen Ecken in Brand setzen, dann passiert nichts", gibt sich der FDP-Bildungsmann ebenfalls dramatisch.

Etwas zurückhaltender reagiert CVP-Ständerat Bieri: "Zehn Prozent ist schon eine hohe Zahl." Dennoch will er sich für eine substantielle Erhöhung der Budgets einsetzen, "wenn diese Mittel auf Seiten der Hochschulen auch effektiv eingesetzt werden." Eher skeptisch, zumindest was die Zehn-Prozent-Forderung anbetrifft, ist demgegenüber Alt-Nationalratspräsident und SVP-Bildungspolitiker Hanspeter Seiler: "Zehn Prozent mehr Geld wird kaum möglich sein."

Verbessertes Lobbying

Alle reden von der Bildung als dem einzigen Rohstoff der Schweiz, wenn es allerdings um konkrete Massnahmen geht, dann passiert wenig. Das hatte bis anhin auch mit der kaum vorhandenen Lobbyarbeit der Bildungsvertreter zu tun. "Die ganze Schweizer Science-Community hat es verschlafen, sich zu wehren", bringt es Randegger auf den Punkt.


Manifest für den Denkplatz Schweiz

Erst Ende 2002 wird der Bundesrat seine Botschaft zur Bildungs- und Forschungsförderung für die Budgetperiode 2004-2007 publizieren. Die Positionen werden allerdings schon jetzt bezogen. Vor zwei Wochen machten Spitzenvertreter der Schweizer Wissenschaftsszene, darunter auch ETH-Ratspräsident Francis Waldvogel, mit einem dramatischen Appell auf ihre Anliegen aufmerksam. Der Schweizer Wissenschaft drohe im internationalen Vergleich das Absinken ins Mittelmass. Bund, Kantone, aber auch die Wirtschaft müssten ihre Beiträge an die Forschung und an die Hochschulen massiv erhöhen. Konkret fordern sie ab 2004 eine jährliche Steigerung des Budgets um 10 Prozent. Dadurch würde sich der jährliche Bundesbeitrag an Bildung und Wissenschaft von heute drei auf viereinhalb Milliarden Franken erhöhen.




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manifest denkplatz ch
Hilferuf der Wissenschaft an die Politik: "Manifest für den Denkplatz Schweiz", publiziert in grossen Tageszeitungen am 7. November. gross

In jüngster Zeit änderte sich das aber. Im Parlament hat sich vor kurzem ein kammerübergreifendes "Team Future" mit Vertretern aus allen Bundesratsparteien gebildet, welches den Forderungen des Manifestes zum Durchbruch verhelfen will. Und auch CVP-Mann Bieri sieht sich einer verstärkten Präsenz der Wissenschaftsvertreter gegenüber: "Die Universitäten machen heute ein recht gutes Lobbying."

Bildung oder Löcher

"Es wird ein Verteilungskampf zwischen verschiedenen Löchern und der Zukunft geben", orakelt Plattner. Damit meint er konkret, dass sich schon jetzt ein Seilziehen um knapper werdende Bundesgelder abzeichnet, und zwar zwischen den Löchern Gotthard und Swissair auf der einen Seite und den Zukunftsaufgaben Bildung und Forschung auf der anderen Seite. In einem sind sich zumindest alle Bildungspolitiker einig. "Es wäre fatal, wenn wir wegen der Ausgaben bei der Swissair kein Geld mehr hätten, um die eigentlichen Probleme der Zukunft anzupacken", sagt stellvertretend für alle Gian-Reto Plattner. Und Randegger wagt den Vergleich mit der Autobahn: "Ein Kilometer Autobahn kostet 70 Millionen Franken. So gesehen sollten uns die jährlichen Mehrinvestitionen in die Zukunft einige Autobahnkilometer wert sein."

Unis sollen mehr kooperieren

Dennoch ist klar, es wird zu einem Verteilkampf um knappe Mittel kommen, weshalb alle befragten Bildungspolitiker auch von den Hochschulen Reformschritte fordern. "Wir haben in unserem Land eine relativ grosse Universitätsdichte", gibt SVP-Mann Seiler zu bedenken, "deshalb können die Wissenschaftsvertreter von uns nicht einfach nur mehr Geld fordern." Hier eine Liste der erwarteten Verbesserungen: An erster Stelle wird mehr Zusammenarbeit von den Hochschulen gefordert. Es mache keinen Sinn, dass jede Uni jedes noch so marginal besuchte Fach anbiete. Bieri weist darauf hin, dass es auch zwischen der Uni und der ETH in Zürich sicher noch Synergiemöglichkeiten gebe, beispielweise bei den Naturwissenschaften. Seiler stösst sich an der hohen Studienabbruchquote und fragt sich, ob wirklich alle Studierenden die Voraussetzungen erfüllen, um an die Hochschulen zu gehen. Randegger und Seiler wünschen insbesondere von den Unis - weniger von der ETH - eine vermehrte Offenheit gegenüber der Wirtschaft.

ETH gut dotiert

Bei aller Unterstützung gibt es auch einen Wermutstropfen für die ETH. Bei den Politikern tönt das so: "Ich bin überhaupt nicht dafür, das Budget bei der ETH zu kürzen", sagt beispielsweise Plattner. "Die ETH darf auf keinen Fall geschwächt werden" tönt es bei Randegger und CVP-Vertreter Bieri zeuselt: "Es gibt Politiker, die sagen, das Baubudget der ETH sei unermesslich gross. Ich teile diese Meinung nicht." Die Richtung der Statements ist klar: Im Vergleich zu den kantonalen Universitäten wird die ETH als viel besser dotiert erachtet. Sollte es also zu einer substantiellen Erhöhung der Hochschul- und Forschungsbeiträge kommen, so würden in erster Linie die kantonalen Universitäten davon profitieren.


Literaturhinweise:
Das vollständige "Manifest für den Denkplatz Schweiz" kann auf der Homepage des Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierates nachgelesen werden: www.swtr.ch



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