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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 31.03.2003 06:00

Klassische Pflanzenforschung
„Nicht sexy genug“

Kommt die klassische Pflanzenforschung unter die Räder? Nein, finden Forscher von ETH und Universität Zürich. Es braucht sie weiterhin. Dennoch wird gespart.

Von Michael Breu

Unsere heutigen Kulturpflanzen sehen ihren verwandten Wildsorten kaum noch ähnlich: Bauern und später professionelle Pflanzenzüchter haben während mehreren tausend Jahren neue Sorten hervorgebracht. Sie prägen unsere Ernährung entscheidend: Sie sind weniger anfällig für Krankheiten und Schädlinge, und sie bringen erst noch reichere Erträge. Deshalb sind die neuen Sorten – so die Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen – massgebend mitverantwortlich, dass die Qualität unserer Ernährung deutlich zugenommen hat (1).

Klassische Züchtung, der "älterer Cousin"

Heute ist die klassische Pflanzenzüchtung in Bedrängnis: Die Pflanzenforschung werde „von Hightech-Methoden verdrängt und ausgetrocknet“, berichtet das Fachmagazin „Nature“ (2). Die klassische Züchtung – „der ältere Cousin der genetischen Forschung“ – sei nicht „genug sexy“. Konkret: An der Forschung wird gespart. Das beobachtet auch Beat Keller vom Institut für Pflanzenbiologie der Universität Zürich (3): In der Schweiz habe die öffentliche Hand die Gelder für die klassische Züchtungsforschung gekürzt – zugunsten der Agrarökologie. „Das hat langfristig Konsequenzen: Der Zuchtfortschritt wird nachlassen, der Krankheitsbefall wieder zunehmen. Man wird wieder vermehrt Pestizide einsetzen müssen.“

Reiszucht: "Die klassische Züchtung ist nicht genug sexy". gross

Das will man aber nicht. Ist deshalb die molekulargenetische Pflanzenforschung die (einzige) Alternative? Nein, finden die beiden Wissenschafter. Die klassische Forschung gehöre wie die molekulargenetische zur Biotechnologie, erklärt Christof Sautter vom Institut für Pflanzenwissenschaften der ETH Zürich. Der Unterschied: Während bei der klassischen Züchtungsforschung versucht wird, in einem langjährigen Prozess durch Kreuzungsversuche eine


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Weizenkeimling: transgene Form mit Anthocyanexpression (links) und Wildtyp (rechts). (Bilder: www.genfakten.ethz.ch) gross

optimale Pflanze hervorzubringen, greift die molekulargenetische Forschung direkt ins Erbgut der Pflanze ein und optimiert es; die Methode kann deshalb schneller zum Ziel führen, und man kann damit ganz neuartige Zuchtziele verfolgen, die mit der klassischen Züchtung nicht möglich sind. Christof Sautter hat sich im Bereich Gentechnologie spezialisiert. „Unsere Nutzpflanzen haben während der langen Zeit ihrer Kultur einen grossen Teil der natürlichen Abwehrkräfte durch Züchtung eingebüsst. Dazu kommt, dass die pflanzlichen Abwehrstoffe gegen Pilzbefall meist bitter oder für den Menschen sogar giftig sind.“ Sautter versucht deshalb, Pflanzen gentechnisch so zu optimieren, dass sie gegen Schädlinge resistent sind (4).

Marker vereinfachen die Forschung

Dennoch: „Ohne die klassische Pflanzenforschung geht es nicht“, finden Beat Keller von der Universität Zürich und Christof Sautter von der ETH. „Eine Pflanze hat etwa 40’000 Gene. Die Gentechnologie verändert jedoch nur ein Gen, der ganze Rest des Erbguts wird auch weiterhin durch klassische Züchtung optimiert werden.“ Eine weitere Chance bietet die markergestützte Züchtungsforschung (MAS, marker assisted selection). Das bestätigt der Molekulargenetiker Jorge Dubcovsky von der University of California (5) im Fachmagazin „Nature“.

Der Vorteil gegenüber der klassischen Methode: Die Zahl der nötigen Rückkreuzungen kann deutlich verringert werden. Das spart Zeit: In der klassischen Züchtung sind bis zu 15 Generationen nötig, bis die erhoffte Pflanze vorliegt – immerhin ein Zeitfaktor von sieben Jahren. Die markergestützte Zuchtforschung ermöglicht es jedoch, den gewünschten Erbfaktor zu kennzeichnen und ihn später leichter aufzufinden; für Rückkreuzungen braucht es nur noch drei Generationen. „Eine sehr erfolgreiche Technik“, findet Christof Sautter.

Die Zukunft, so die beiden Forscher, werde sowohl von klassischen als auch von molekulargenetischen Methoden benötigen; die beiden Methoden ergänzen sich gegenseitig.


Fussnoten:
(1) Food and Agriculture Organization of the United Nations: http://www.fao.org/
(2) „A dying breed“, Nature Vol. 421, S. 568-570: www.nature.com/cgi-taf/DynaPage.taf?file=/nature/journal/v421/n6923/full/421568a_fs.html
(3) Institut für Pflanzenbiologie der Universität Zürich: www.unizh.ch/botinst/Molec_Website/bkeller_home.html
(4) Institut für Pflanzenwissenschaften der ETH Zürich: www.pb.ipw.biol.ethz.ch/crops/
(5) Marker Assisted Selection in Wheat:http://maswheat.ucdavis.edu/



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