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Publiziert: 11.06.2002 06:00

Ökologische Auswirkungen exotischer Organismen und transgener Pflanzen
Reale und postulierte Risiken

Die Risiken exotischer und transgener Pflanzen zu beurteilen ist eine wichtige Aufgabe der eidgenössischen Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau Zürich-Reckenholz. Eine Tagung mit externen Experten gab einen Überblick über die Forschung dazu und vermittelte den Eindruck, dass transgene Pflanzen zumindest kein neues Risiko darstellen.

Von Christoph Meier

Riesenbärenklau und aufrechtes Traubenkraut tönt ganz harmlos - im Gegensatz zu transgenem Weizen. Doch bei den ersten zwei sind ökologische Risiken bekannt, beim letzten nicht. Liegt das daran, dass die Forschung bei transgenem Weizen fehlt? Eine Tagung letzten Freitag an der eidgenössischen Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau Zürich-Reckenholz (FAL)(1) zeigte, dass schon Risiko-Forschung zu transgenen Pflanzen existiert, diese aber noch keine spezifische Gefahr transgener Organismen erkennen konnte. Vielmehr schälten sich exotische Arten als eine ernste Gefahr für die Biodiversität heraus.

"Der Mensch hat in der Evolution gelernt, mit Risiken umzugehen", begann Paul Steffen, Direktor des FAL, die Tagung "Ökologische Risiken bei transgenen Pflanzen und exotischen Organismen" und stellte damit das Thema in einen grösseren Zusammenhang. Aufgabe der Wissenschaft sei es, das akzeptable Mass von Risiken zu ergründen. Dies gelte für exotische Organismen wie auch für transgene Pflanzen, die eine Entwicklung darstellen, der sich die Schweiz kaum entziehen könne.

Prävention gegen exotische Organismen

Das Risiko exotischer Organismen demonstrierte Urs Schaffner vom CABI Bioscience Centre in Delémont mit eindrückliche Zahlen: In Amerika werden die durch exotische Organismen verursachten Kosten auf 130 Milliarden Dollar geschätzt. Der Einfluss dieser Lebewesen auf die Biodiversität kann an Hawaii illustriert werden, wo 47 Prozent der Pflanzen eingeführt sind. Die Liste der Beispiele liesse sich ausdehnen. Als Gegenmassnahme schlug Schaffner zuerst Prävention vor. Wenn diese nicht mehr greift, kann in einem Anfangstadium die Auslöschung versucht werden, oder später eine biologische Kontrolle durch andere Organismen. Für eine Prävention wäre eine schwarze Liste invasiver Organismen nötig. Heute sei es aber immer noch so, dass bekannte invasive Lebewesen wie die Goldrute im Handel erhältlich sind.

Eigenschaften und nicht Zuchtmethode als Kriterium

Ganz anders sieht es bei transgenen Pflanzen aus. Deren Anbau unterliegt in der Schweiz einer strengen Bewilligungspflicht. Dies obwohl 10 000 Freisetzungversuche in anderen Ländern bisher noch zu keiner neuen Bedrohung der Umwelt führten.


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Vegetationshalle
Transgener Weizen in der Vegetationshalle: ein Beispiel, wie Risikoforschung an der FAL aussieht.

Beat Keller von der Universität Zürich stellt darum auch die These auf, dass die Risiken transgener Pflanzen qualitativ und quantitativ identisch sind mit denen von klassisch gezüchteten. Er fordert folgerichtig, dass Pflanzen nicht nach ihrer Zuchtmethode, beurteilt werden sollten, wie es in der Schweiz und Europa geschieht, sondern nach ihren Eigenschaften, was der US-amerikanischen Vorgehensweise entspricht.

Gentransfer selten

Im weiteren Verlauf der Tagung legten je ein Vertreter des BUWAL - mit einer erklärungsbedürftigen Schneckenverzierung auf seinen Folien - und des Bundesamtes für Landwirtschaft die rechtliche Situation für transgene beziehungsweise exotische Organismen dar. Interessantes Detail dabei, der Begriff "exotische Organismus" kommt in der Gesetzgebung nicht vor. Wieder zurück bei der Forschung wurde aufgezeigt, dass der Genfluss von Kulturpflanzen zu Wildpflanzen einer Einzelfallbeurteilung bedarf und dass die oft als Bedrohung angeführte Übertragung neu eingeführter Gene von Pflanzen auf Mikroorganismen ein sehr seltenes Ereignis darstellt. Zudem geschieht dieser Vorgang fast nur unter forcierten Bedingungen.

Nichtzielorganismen selten bedroht

Forcierte Bedingungen sind auch nötig, damit das Toxin des transgenen Bt-Mais den Nichtzielorganismus Florfliege gefährdet. Nur wenn die Florfliege gezwungen wird, Schmetterlings-Larven als einzige Nahrung zu fressen, kommt es zur Schädigung. Generell kristallisierte sich bei den Vorträgen der FAL-Angehörigen heraus, dass sowohl bei der biologischen Schädlingsbekämpfung als auch bei transgenen Pflanzen Nichtzielorganismen selten bedroht sind. Dies gilt auch für den an der ETH entwickelten KP-4-transgenen Weizen. Irritierend dabei war nur, dass bei einem Versuch mit diesem Weizen der Zielorganismus Stinkbrand sogar bevorzugt auf ihm wuchs.

Das Publikum schien dankbar für den sachlichen Überblick über die Biosicherheitsforschung und entsprechend zielten auch die meisten Fragen nicht auf eine Infragestellung des Gebotenen. Nur bei den transgenen Pflanzen befand ein Teilnehmer, dass doch transgene Pflanzen mit neuen Eigenschaften auch neue Risiken bergen müssen. Beat Keller taxierte diesen Einwand als sophistisch.


Fussnoten:
(1) Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau Zürich-Reckenholz: www.sar.admin.ch/scripts/get.pl?fal+index_d.html+0+90010



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