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ETH-Student nimmt am Ocean Drilling Programm teil Seetüchtiger Praktikant |
Seinen Geburtstag am morgigen 19. September feiert der ETH-Geologiestudent Michael Strasser für einmal im Pazifik. Aber nicht etwa als Kreuzfahrt-Tourist, sondern als Mitglied einer wissenschaftlichen Bohrkampagne auf dem prestigeträchtigen internationalen Forschungsschiff Joides Resolution. In ETH Life wird er in den kommenden Wochen exklusiv über seine Erlebnisse berichten. Von Norbert Staub Schon sein Onkel war Geologe, mit ihm ging er als Kind regelmässig Steine klopfen, sagt der 25-jährige Churer Michael Strasser. Den Ausschlag für die Wahl seines Studienfachs hat für den Naturfreund und früheren OL-Läufer aber ein grundsätzliches Interesse an Fragen nach der Entstehung der Natur gegeben. Warum haben wir Berge in der Schweiz? Das hat mich schon früh beschäftigt, sagt er, der im 8. Semester an der ETH studiert. Das Studium wirkte für Michael Strasser dann als Blicköffner, hin zur Wahrnehmung der Natur als komplexes System und zum Interesse für Strukturen wie die geologischen Formationen und Prozesse unter den Ozeanen.
Permanent auf See Diese Faszination mündet jetzt in eine Reise, um welche auch gestandene Forscher den Studenten beneiden: Im Rahmen des Ocean Drilling Program (ODP) ist Strasser dieser Tage nach Acapulco an der Pazifiküste Mexikos aufgebrochen, von wo er bis Anfang November am sogenannten Leg 205, der 205. Forschungsfahrt der Joides Resolution teilnehmen wird. Das ODP zählt weltweit zu den aufwendigsten erdwissenschaftlichen Projekten. 22 Länder finanzieren das Programm, entsprechend international ist die Joides Resolution besetzt. Das mit Technik vom Feinsten versehene, 143 Meter lange Spezialschiff, ursprünglich für Ölbohrungen gebaut, kreuzt seit 15 Jahren praktisch permanent auf den Weltmeeren. Zweck: die Erforschung der Erdkruste. Das Schiff kann Bohrungen bis vier Kilometer Tiefe vornehmen. Erforschung einer unruhigen Zone Im Januar 2001 war mit dem heutigen ETH-Assistenzprofessor Flavio Anselmetti bereits ein ETH-Angehöriger auf der Joides Resolution. Seine Forschungsreise im Marion-Plateau vor der Ostküste Australiens hat Anselmetti, damals Leiter der Expedition, in mehreren ETH Life-Beiträgen dokumentiert (1) . Es ist ein grosses Privileg, einmal persönlich beim Ocean Drilling Program teilnehmen zu können, sagt Michael Strasser.
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Wissenschaftler aus dem kleinen Binnenland Schweiz kommen nur sehr selten in den Genuss, an einer Fahrt teilzunehmen - ganz zu schweigen von Forschenden, die noch studieren. Im Studium hiess es bei vielen Forschungserkenntnissen, dass diese nur dank Bohrungen des ODP zustande gekommen sind. Strasser wird bei dieser Bohrkampagne als Student Trainee mitarbeiten. Von einem wissenschaftlichen Mentor betreut, wird er in den Schiffslabors bei den Analysen der Bohrkerne assistieren. Das diesmal von der Joides Resolution untersuchte Gebiet, der Grenzbereich der sogenannten Coccos Platte und der Karibischen Platte, gehört zu den seismisch aktivsten der Erde. Ziel der Bohrungen ist es, die chemisch-physikalischen Eigenschaften der Coccos-Platte, die hier unter die Karibische Platte abtaucht, zu untersuchen (s. Grafik). Es wird angenommen, dass diese Eigenschaften einen wichtigen Einfluss auf die Generierung von Tiefenbeben sowie auf die Zusammensetzung der von den darüber liegenden Vulkanen produzierten Lava haben. Da die fragliche Zone in einer Tiefe liegt, in die voraussichtlich auch mit den besten Technologien nie vorgestossen werden kann, ist es entscheidend, dass man die chemischen und physikalischen Eigenschaften der abtauchenden ozeanischen Platte so gut wie möglich analysiert. Gleichzeitig wird eine Rekonstruktion der dort ablaufenden Prozesse angestrebt. Diesbezüglich sind im Speziellen die sogenannten Fluids von Interesse.
Fluids sind Gase in der überkritischen Phase bei hohen Druck- und Temperaturbedingungen im Gestein. Die Analyse dieser Fluids, welche nichtflüchtige Substanzen lösen und transportieren können, lässt auf Prozesse wie die Destabilisierung von Mineralphasen bei zunehmendem Druck schliessen. Schokolade ist Gold wert Dass auf der Joides Resolution ein anderer Wind bläst als auf einem gemütlichen Feriendampfer, bekamen ETH-Life-Leser in Flavio Anselmettis Berichten bereits plastisch vorgeführt: Pausenloses Fördern und Analysieren der der Bohrkerne macht bei den Wissenschaftlern durchgehende 12-Stunden-Schichten zur Regel, Freizeit gibt es wenig, viel Abwechslung jenseits der Arbeit schon gar nicht. Als "überlebenswichtigen" Tipp bekam Michael Strasser mit, unbedingt Schweizer Schokolade an Bord zu bringen. Der sehr beliebte Rohstoff könne im Ernstfall als Tauschmittel bei einem wichtigen "Kuhhandel" verwendet werden. Neben Grisham und Le Carr (Ich lese gerne billige Thriller-Romane) hat der ETH-Student - passend zum Anlass - auch schwerere Lesekost im Gepäck, nämlich ein dickes fettes Ozeanographie Lehrbuch. Ich freue mich sehr darauf, es zu erarbeiten. (2) |
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Literaturhinweise:
Fussnoten:
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