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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
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Publiziert: 01.04.2005 06:00

Ein Masterplan soll die ETH bis 2010 zur weltbesten Hochschule machen.
Die ETH als einsame Spitze

Gemäss Hochschul-Ranglisten gehört die ETH Zürich zu den „Top Ten“-Unis dieses Planeten. Doch bis Ende 2010 will die ETH weltweit die Nummer Eins sein. Der von der ETH engagierte chinesische Ranking Experte Li Pra Xuj präsentiert in „ETH Life“ erstmals die geplanten Massnahmen, um in den nächsten fünf Jahren dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen.

Von Jakob Lindenmeyer

Gemäss einem der letzten Hochschul-Rankings (1) gehört die ETH Zürich bereits heute zu den „Top Ten“-Unis dieser Erde. Doch anscheinend gibt man sich damit nicht zufrieden. „Das Ziel lautet ganz klar: Bis Ende 2010 sind wir weltweit die Nummer Eins!“, fordert der ETH-Ranking-Experte Dr. Li Pra Xuj, der als Senior Consultant der taiwanesischen Beratungs-Firma „Assessment Consulting“ bereits vor zwei Jahren von der ETH engagiert wurde, die neue Abteilung für Hochschul-Rankings (AHR) aufzubauen. Wie einige der neueren weltweiten Rankings (siehe dazu (2) stammt auch Xuj ursprünglich aus der Volksrepublik China, wo Uni-Rankings derzeit hoch im Kurs stehen.

Die Pole-Position unter allen Unis dieser Welt hält seit Jahren die amerikanische Harvard University, gefolgt von einer Handvoll weiterer Vertreter der amerikanischen Ivy-League wie Stanford, Yale, Columbia, Princeton sowie das (noch) ETH-Vorbild Massachusetts Institute of Technology (MIT). Um innerhalb der nächsten fünf Jahre diese Konkurrenten einholen zu können, plant Xuj die Umsetzung einiger teilweise einschneidender Massnahmen.

Die wichtigste betrifft die Selektion des Nachwuchses, der die zukünftige Qualität jeder Universität ausmacht. Trotz Kritik der ETH wurden im Rahmen der Matura-Reform vor einigen Jahren die naturwissenschaftlichen Fächer klar abgewertet. Es leuchtet daher heute sogar dem „Think-Tank“ Avenir Suisse ein, dass die Matura zukünftig kein Freipass mehr an die ETH sein kann. Auch ein Assessment-Jahr, wie es derzeit an der Uni St.Gallen (HSG) durchgeführt wird, stellt eine zu langfristige und teure Selektionsvariante dar.

Elite lockt Talente an Provinz-Uni

„Unser Plan besteht darin, die übrigen Schweizer Universitäten – mit national durchaus anerkanntem Ruf – als Selektionsschleusen der ETH als internationale Elite-Hochschule vorzuschalten“, erklärt Xuj von der AHR. Gemäss diesen Plänen müsste beispielsweise ein Mittelschüler für den Zugang zum ersten Studienjahr an der ETH neben einem Matura-Notenschnitt von 5.5 in den naturwissenschaftlichen Fächern zusätzlich einen Bachelor-Abschluss im entsprechenden Fachgebiet vorweisen. „Eine solche Lösung ist auch für unsere Partner wie etwa die Uni Zürich interessant“, begründet Xuj die Selektion, „denn eine neue US-Studie (3) beweist, dass die Aussicht auf einen Studienplatz an einer Elite-Uni durchaus auch grosse Talente an eine Provinz-Uni lockt, die sich sonst kaum mit diesem Niveau zufrieden geben würden.“

Wiedereinführung der Schul-Uniform

„Die weltbeste Hochschule braucht natürlich auch einen ihrem Ruf würdigen und einheitlichen Auftritt“, führt Xuj eine weitere Massnahme ins Feld. Dazu soll in den nächsten fünf Jahren das gesamte Corporate Design überarbeitet und noch stärker vereinheitlicht werden. Dazu gehört auch die Wiedereinführung einheitlicher Schuluniformen für Studierende und Professoren (siehe Bild oben rechts). „Denn wie beim Salat ist auch an einer Elite-Hochschule das Dressing wichtig!“, betont Xuj. Um die nachfolgend erläuterte Finanzierung etwas anzukurbeln, können Sponsoren auf den Uniformen studiengangspezifische Werbeflächen buchen. Auch der Auftritt im Zukunftsmedium Internet wird künftig stärker normiert. Das ETH Web Office hat dazu bereits erste Vorgaben publiziert. (4)

Verzicht auf Staatssubventionen

Eine wichtige Massnahme betrifft die Finanzierung. Fachhochschulen und nationale Universitäten werden in der Schweiz grösstenteils durch Staatsbeiträge finanziert, was auch richtig sei, da sie den Nachwuchs für unsere nationale Volkswirtschaft sicherstellen, so Xuj. Eine ETH als internationale Elite hingegen produziert primär Führungskräfte für den Weltmarkt. „Ausserdem wird die ETH aufgrund leerer Staatskassen vom Bund kaum mehr als ihr bisheriges Milliardenbudget erwarten können.“ Klar zuwenig für Xujs ehrgeizige Elite-Pläne. Denn die zweistelligen Milliardenbudgets der Ivy-League Unis lassen sich nur über privates Sponsoring durch internationale Grosskonzerne eintreiben. „Die ETH als weltbeste Hochschule kann daher getrost auf Staatssubventionen verzichten“, prognostiziert Xuj.


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Die einheitliche Schuluniform soll der ETH dank dem "Corporate Wear"-Prinzip zur Weltspitze verhelfen: „Denn wie beim Salat ist auch an einer Elite-Hochschule das Dressing wichtig!“ gross

„Was nichts kostet, ist auch nichts wert!“

Geld ist auch das Thema der nächsten Massnahme: Die Erhöhung der Studiengebühren. Interessanterweise verfolgt Xuj gemäss Vorbild der amerikanischen Elite-Unis hier zwei klare Strategien. Gemäss dem Motto „Was nichts kostet, ist auch nichts wert“ ist für Xuj klar, dass die weltbeste Hochschule auch die höchsten Studiengebühren einfordern muss. Der bisherige Spitzenreiter Harvard mit jährlich 35’600 Dollar soll mindestens um das Doppelte übertroffen werden, um den klaren Vorrang zu signalisieren. Zudem könnte dadurch während der Übergangsphase gleich der Betrieb finanziert werden, bis das private Sponsoring richtig greift, denn 100'000 Franken Studiengebühren von jedem der 10'000 Studierenden ergibt genau das momentan benötigte Milliardenbudget der ETH.

Anderseits sollen getreu dem sehr erfolgreichen amerikanischen Modell auch mittellose Genies eine Chance kriegen, ihre Genialität unter Beweis zu stellen. Jährlich sollen daher 10 Prozent der Studienplätze kostenlos an die weltweit besten Bewerber vergeben werden. Um auch Genies aus Entwicklungsländern die teuren Zürcher Lebenshaltungskosten zu ermöglichen, wird für die gesamte Dauer der Studienzeit ein pauschales Stipendium von 100'000 Franken ausbezahlt.

Ein weiterer Punkt betrifft das Campus-Gelände. Es ist klar, dass die heutige Infrastruktur im Zentrum für die Ausbaupläne der nächsten Jahre zuwenig Platz bietet. Der weitere Ausbau der „Science City“ auf dem Hönggerberg über den ganzen Käferberg hinaus ist einerseits aus lokalpolitischen Gründen nicht realistisch und liegt anderseits zu dezentral. Den Standort des zukünftigen ETH-Campus betreffend plant Xuj einen europäischen Wettbewerb durchzuführen. Als Kandidaten gehandelt werden neben Zürich auch Basel, Lausanne, Paris, Berlin und London. Sollte Zürich im Rennen bleiben wollen, fordert Xuj von der Stadt ein attraktives Standortangebot, beispielsweise mit Seeanstoss und S-Bahn-Anschluss zum Flughafen. Konkret sieht er eine Überbauung der freien Parkflächen rund ums untere Seebecken, von der Landi-Wiese über den Bürkliplatz bis hin zur Sechseläutenwiese und zum Zürihorn zu einem attraktiven Mega-Campus.

Outsourcing der ETH-Verwaltung

Um diese Elite-Pläne zu finanzieren, soll die ETH einer straffen Entschlackungs-Kur unterworfen werden. „Alles was nicht zum Kerngeschäft gehört, wird outgesourced!“, fordert Xuj wie alle Ökonomen, die kürzlich auch am Ökonomentag für mehr Outsourcing plädierten. (5) Dazu gehört insbesondere die gesamte Verwaltung der ETH. Auch hier schlägt Xuj eine weltweite Ausschreibung vor. Zürich selbst gibt er aufgrund der hohen Löhne kaum Chancen. Die Informatikdienste möchte er ins indische IT-Zentrum Bangalore auslagern, die Finanzabteilung ins Offshore-Paradies Bahamas, die Hochschul-Seelsorge in den Vatikan, die Sicherheitsabteilung ins Pentagon und die PR-Abteilung nach Hollywood.

Präsident mit Charisma

Es ist für Xuj auch klar, dass die weltbeste Hochschule von einer entsprechenden Person mit Charisma und Weltruhm geführt werden muss. Da trifft es sich gut, dass der ETH dieses Jahr Präsidentschaftswahlen ins Haus stehen. „Diese Chance für einen Relaunch darf nicht verpasst werden!“, fordert Xuj. Und ohne zu zögern bringt er auch gleich die ersten Kandidaten ins Spiel. „Arnold Schwarzenegger hat mangels US-Geburt ja kaum noch Chancen aufs amerikanische Präsidentenamt und würde schon mal die richtige Statur mitbringen.“ Doch über seinen wissenschaftlichen Leistungsausweis – abgesehen vom pharmazeutischen Grundwissen über Anabolika – bestehen noch gewisse Zweifel, insbesondere auch seit ihn der „Blick“ gestern bereits mit einem chinesischen Faltenhund verglichen hat (6). Denn die Anforderungen werden in Zukunft noch höher geschraubt.

Die zukünftige Elite-ETH zu führen, erfordert mindestens zwei Nobelpreise. Unglücklicherweise weilen die doppelt nobelgepriesenen Marie Curie und Linus Pauling nicht mehr unter den Lebenden. Und auch Frederick Sanger wird mit seinen 86 Jahren wohl kaum noch den gesuchten Eindruck von Frische erwecken. Als geistige Alternative stünde für eine interimistische Führung der Dalai Lama zur Diskussion, der für erste Gespräche im August an der ETH weilt, und der sicher über die notwendige geistige Grösse verfüge. Als einzigen Makel seiner Heiligkeit sieht der Ökonom Xuj allerdings das für eine Elite-Schule doch etwas schwach ausgeprägte Konkurrenzdenken. Aber bis zur Präsidenten-Krönung im November bleibe ja noch etwas Zeit für die Kandidatensuche.

Doch nicht alles sollte allein durch externe Consulting-Agenturen und selbsternannte Think-Tanks durchgeplant werden. Li Pra Xuj möchte in den nächsten Wochen verstärkt alle ETH-Angehörigen in die Planung mit einbeziehen. Konkrete Anregungen und Vorschläge können per E-Mail an Xuj.Li.Rpa@ethlife.ethz.ch gesendet werden.


Fussnoten:
(1) Das Hochschulranking der Times: „Die ETH in den Top Ten“: www.ethlife.ethz.ch/articles/timesranking.html
(2) Das Hochschulranking der Shanghai Jiao Tong University: www.ethlife.ethz.ch/articles/rankingshanghai04.html
(3) : US-Studie „Selection as Decoy: From the Rural Nowhere to the Top of Science”. In: Journal for Competitive University Development (JCUD), 400, 137-145 (08 Feb 2005).
(4) Vorgaben des ETH Web Office für den zukünftigen Internet-Auftritt der Elite-ETH: www.cd.ethz.ch/webcd/verstoesse
(5) : „ETH Life“-Artikel über die Forderung nach mehr Outsourcing am Ökonomentag: www.ethlife.ethz.ch/articles/offshoring.html
(6) Die Boulevard-Zeitung „Blick“ berichtete am 31.03.2005 auf Seite 13: „Jetzt sieht der Terminator aus wie ein chinesischer Faltenhund. Arnold Schwarzenegger (57) wird zum 'Schwabbelegger’.“



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