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Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 06.12.2004 06:00

An der ETH ausgediente Rechner und Monitore tun in Rumänien weiter Dienst
Geduld, Muskeln und Netze

An der ETH Zürich ausgediente, dem Fortschritt "geopferte" Rechner, Monitore sowie andere Geräte haben Ende November ihren Weg per Lastwagen nach Rumänien angetreten. Die Initianten der ETH-Hilfsaktionen gen Osten kommen aus dem Departement ITET: Es sind die Professoren Walter Schaufelberger, Manfred Morari und der wissenschaftliche Adjunkt, Franta Kraus, alle am Institut für Automatik tätig. Was braucht es, um so eine Sammlung durchzuführen? - "Geduld, Muskeln und ein Netzwerk", so Kraus.

Von Regina Schwendener

Im Keller des ETL stapelten sich bis Ende November um die 90 Computer, 120 Monitore, kleinere Teile wie Floppy- und CD-Laufwerke - Geräte, die dank ständiger Weiterentwicklung an der ETH zu "Schrott" mutierten. Schrott ist aber doch nicht gleich Schrott, haben die Geräte doch - inzwischen in der rumänischen Universität von Cluj oder auch Klausenburg sehnlichst erwartet - eine sinnvolle Weiterverwendung gefunden.

Hilfe über SNF-Kredit

Die Kontakte mit den Ländern des ehemaligen Ostblock wurden zuerst in Rahmen des vom Schweizer Nationalfonds finanzierten Projekt SCOPES - Wissenschaftskooperation zwischen Osteuropa und der Schweiz - in Form von Institutional Partnerships ermöglicht. So sollte einen Beitrag an den Aufbau- und Demokratisierungsprozess im Osten geleistet werden. Zuerst wurden zusammen mit Professor Walter Schaufelberger Kontakte mit tschechischen, slowakischen und ungarischen Universitäten geknüpft. In der zweiten Scopes-Runde kamen die ETH-Wissenschaftler durch persönliche Kontakte von Professor Manfred Morari mit Kollegen in Cluj in Kontakt, so Kraus.

An der ETH ärgerte sich Franta Kraus zum Beispiel über den unvernünftigen Umgang mit Materialien oder Geräten und nutzte diesen Umstand deshalb seit 1994 im Verbund mit den Professoren im Sinne von "Nachhaltigkeit leben". Geholfen hat ihm dabei nach eigener Aussage sein Netzwerk, wie zum Beispiel sein Engagement im Projekt Neptun. Sofern er der ausgemusterten Geräte habhaft wurde, sammelte er diese und anderes Material zusammen mit Herbert Stiegelbauer, Mitarbeiter in der ETH-Schreinerei, ein und schickte es dorthin, wo es dringend gebraucht und weiterverwendet wird: anfangs nach Ungarn, Polen, Tschechien und in die Slowakei, seit 2003 an die bitterarme Universität von Cluj - nicht blauäugig, sondern nach einem Besuch von Stadt und Universität.

Im Keller des ETL stapelten sich Rechner, Monitore, Drucker und anderes Gerät, das Frantisek Kraus (Bild) für den Transport vorbereitet hat. gross

Cluj - eine vielfältige Stadt

Cluj Napoca ist eine multikulturelle und multisprachliche Kreishauptstadt mit rund 260'000 Einwohnern im nördlichen Siebenbürgen. An der Uni werden vier Sprachen gesprochen: Rumänisch, Ungarisch, es wird aber auch in Deutsch und Englisch unterrichtet. Kraus erzählt begeistert: "Wir wurden nicht nur sehr gastfreundlich empfangen, sondern auch durch Stadt und Uni geführt. In einem der Räume begegneten wir einem ausgemusterten ETH-Chemielabor - 1:1 mit allem aus den Chemie-Altbauten übernommen." So sei die Idee der Computersammlung für Cluj entstanden.


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Istvan Lakatos, Leiter der Beschaffung der Uni Cluj (links) und Lkw-Fahrer Mihai Cornel Gherman verladen die Geräte zum Transport nach Rumänien. gross

Aus der ersten Sendung von etwa 90 Rechnern und Monitoren entstanden drei voll eingerichtete Computerräume für den studentischen Übungsbertrieb. "Bereits eine halbe Woche nach Anlieferung wurde der Betrieb aufgenommen", erinnert sich Kraus schmunzelnd.

Vielleicht, weil er selber aus eine Mangelgesellschaft herstamme, so Kraus, ärgere ihn ein unvernünftiger Umgang mit Materialien oder Geräten. Man könne die Nachhaltigkeit auch leben, werfe deshalb keine funktionstüchtigen Geräte weg. "Nach übereinstimmenden Auskünften aus Cluj ist das, was wir ihnen schicken 'das Beste was wir haben'. In Cluj dominieren Pioniergeist und Idealismus, Erfindungsreichtum. Man macht aus dem Nichts etwas", schildert Franta Kraus die Situation.

Ein wenig Frust

Kraus schildert im Gegenzug einen konkreten Fall - und das sei leider kein Einzelfall: "Entsorgt man einen noch gut brauchbaren Rechner, in dem man ihn einfach zum Abfall stellt, ist er innert einer halben Stunde ausgeschlachtet und somit nur noch ein Wrack. In den meisten Fällen wird zudem 'nur' eine Baugruppe herausgerissen, wie etwa die lokale Harddisk, und im Nu ist aus dem Rechner eine Ruine geworden."

Hoffen auf Nachahmer

Kraus hofft, dass sich an der ETH mehr Personen finden, die sich ebenfalls in der Hilfe für die Universitäten im ehemaligen Ostblock engagieren. So, wie es zum Beispiel Zdenko Puhan, Professor am Institut für Lebensmittel- und Ernähungswissenschaften für Sarajewo getan hat, bevor er in Pension ging.

Ein Erfolgerlebnis kann Franta Kraus vorweisen: "Es gab bereits eine Nachahmung: Dimiter Ivanov, ein Doktorand in Forstwissenschaft, hat eine Computer-Schenkung für sein Mutterinstitut in Sofia organisiert. Er hat sich bei mir das nötige Know-how geholt. Es wäre gut, auch andere, die vertrauensvolle Verbindungen in einem Zielland haben, zu einer ähnlichen Aktion zu ermuntern. Nur so ist man nämlich sicher, dass die Sammlung auch wirklich zum vorbestimmten Zweck verwendet wird und nicht irgendwo versickert", sagt Kraus.

Was braucht es, um so eine Sammlung überhaupt durchzuführen? - "Geduld, Muskeln und Netze", so die Antwort des Projektleiters. Geduld, da man öfters (und immer lächelnd) nachhaken müsse, um die Ware geliefert zu bekommen. Muskeln, da man unter anderem zum Schluss selbst Hand anlegen muss, um zum Beispiel die Monitore mit dem Hubstapler virtuos manövrierend für die Lagerung umzustapeln. Netze, um sich an der ETH durchzufragen, einige Bekannte, die einem etwas abnehmen und helfen – ein Netzwerk, das bei Kraus zum Teil aus seinem Engagement im Projekt Neptun entstand. Einen grossen Brocken der von den Rumänen nun aus Zürich abgeholten Geräte verdankt er zum Beispiel der Initiative des Leiters der Betriebsinformatik, Giorgio Broggi, und der sorgfältigen Aufarbeitung des ganzen Ensembles durch Kurt Leuenberger. Die lokalen Transporte an der ETH hat für ihn Herbert Stiegelbauer von der ETH-Schreinerei gemacht. Allen Beteiligten – insbesondere den nicht namentlich erwähnten – spricht Kraus an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön aus.




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