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Rubrik: Campus Life |
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Studie zur Arbeisplatzzufriedenheit Wetterbericht für Vorgesetzte |
Ein Forschungsteam der ETH und der Universität Zürich hat erstmals auf der Grundlage des Konzepts des psychologischen Vertrags branchenübergreifend die Stimmung der Arbeitnehmenden in der deutschsprachigen Schweiz gemessen. Die Resultate dieses Human-Relations-Barometers zeigen ein eher inkonsistentes Bild auf und wecken gleichzeitig Erinnerungen an die Personalumfrage der ETH. Claudia Naegeli „Die Resultate lassen auf eine recht konfuse Stimmung im Schweizer Arbeitsmarkt schliessen“, sagt Gudela Grote, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie der ETH Zürich (1). Die Mitautorin der Studie zeigt sich selbst überrascht von den Ergebnissen. Auf besonderes Interesse und entsprechendes Medienecho stiess der Befund, dass ein Viertel der Arbeitnehmenden Kündigungsabsichten hegt. Interessant findet Gudela Grote dieses Ergebnis vor allem, weil die Beschäftigten im Mittel mit ihrer beruflichen Tätigkeit zufrieden sind und auch 40 Prozent der Befragten eine hohe Bereitschaft aufweisen, sich für den Arbeitgeber einzusetzen. Gleichzeitig rechnet sich nur gerade die Hälfte der Arbeitnehmer gute Chancen aus, bei Bedarf eine ähnliche Stelle wieder zu finden. Das Human-Relations-Barometer misst die Stimmung auf dem Arbeitsmarkt zu einem bestimmten Zeitpunkt. Damit die Wissenschaftler um Gudela Grote auch Aussagen über längerfristige Entwicklungen machen und Daten vergleichen können, wollen sie die Studie künftig jährlich wiederholen. „Die wirtschaftliche Situation kann sich sehr schnell ändern. Und mit ihr das Befinden der Arbeitnehmenden“, erklärt die ETH-Professorin. Es sei deshalb sinnvoll, die Studie jedes Jahr durchzuführen. „Das Human-Relations-Barometer ist vergleichbar mit dem kontinuierlich publizierten Konjunkturbarometer. Wir erstellen eine Art Wetterbericht für Personalverantwortliche.“ Etwas mehr Phantasie Sollen demnach auch Unternehmen und Institutionen jährlich eine Personalumfrage starten? Die letzte Mitarbeiterbefragung der ETH Zürich liegt immerhin fast drei Jahre zurück. Diese Frage ist auch für die Expertin schwierig zu beantworten. Um immer auf dem aktuellen Stand über das Befinden der Arbeitnehmenden zu sein, sei eine häufige Datenerhebung von Vorteil. „Gerade wenn im Personalwesen grundlegende Änderungen, wie beispielsweise die Einführung eines neuen Lohnsystems, vorgenommen wurden“, sagt Gudela Grote. Trotzdem laufe man mit einer jährlichen Befragung Gefahr, die Mitarbeitenden zu stark zu beanspruchen, was sich natürlich umgehend auf die Rücklaufquote der Fragebogen auswirke. Um diesem Dilemma entgegenzuwirken, rät die ETH-Professorin zu etwas Phantasie. „Man muss die Mitarbeitenden ja nicht immer mit einem klassischen Fragebogen befragen“, sagt sie. Andere Möglichkeiten, um Stimmungen zu erkennen oder Trends auszumachen, könnten etwa Telefoninterviews oder eine gesamthafte Auswertung von Mitarbeitergesprächen sein. Mitarbeitende beteiligen sich zudem eher an einer Umfrage, wenn sie erkennen, dass diese in einen übergeordneten Prozess eingebettet ist, weiss Gudela Grote aus früheren Studien.
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Nerv getroffen Sind die Daten einmal erhoben, besteht immer noch die Gefahr, dass Studien im hintersten Winkel eines Aktenschrankes landen und verstauben. Das kann sich negativ auf die Motivation der Mitarbeitenden auswirken, gerade wenn zu Beginn der Umfrage bestimmte Erwartungen geweckt wurden, erklärt Gudela Grote. „Es ist deshalb wichtig, dass die Personalabteilung von Beginn weg Rahmenbedingungen festlegt, was mit den erhobenen Daten geschehen soll“, fügt die Professorin an. Zu klären sei in erster Linie, wer Einblick in die Resultate erhält und wie man die Befunde zur Diskussion stellen kann. „Das wichtigste ist, dass die Arbeitnehmenden sich ernst genommen fühlen.“ Zum Umgang der ETH Zürich mit der Personalumfrage 2003/2004 kann Gudela Grote keine abschliessende Einschätzung vornehmen, da sie ab Anfang 2004 im Rahmen eines Sabbaticals einige Zeit im Ausland war. Welche Reaktionen ihre eigene Studie zur Befindlichkeit auf dem Schweizer Arbeitsmarkt auslöst, darauf ist die Forscherin gespannt. „Wie Arbeitgeber mit solchen Resultaten umgehen, hängt auch immer mit der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt zusammen“, sagt sie. Je nach dem, ob diese gerade eher Arbeitnehmer- oder Arbeitgeber-freundlich sei, würden auf Bedürfnisse mehr oder weniger rasch reagiert. Dem Medienecho und den daraus entstanden Diskussionen zufolge scheint das Forscherteam mit seinem Human-Relations-Barometer allerdings so oder so einen Nerv in der Schweizer Bevölkerung getroffen zu haben.
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