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Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 16.12.2003 06:00

Zugang zu US-Hochschulen nach dem 11. September 2001
Land des begrenzten Studierens?

Die US-Hochschulen werden zu einem beachtlichen Teil von Ausländern getragen. Seit dem 11. September 2001 ist aber der Zugang für diese erschwert. Diese Entwicklung wird an der ETH teilweise mit Sorge betrachtet.

Von Michael Breu und Christoph Meier

Die USA sind die primäre Bildungsdestination auf der Welt. Mehr als eine halbe Million ausländischer Studierender gehen gemäss einem Bericht des Institute of International Education (IIE) (1) an amerikanischen Hochschulen ein und aus. Die Anzahl der Postdocs und Forschenden ausländischer Provenienz beläuft sich auf rund 86'000. Allein die ausländischen Studierenden sollen 12 Milliarden Dollar pro Jahr ausgeben.

Tendenz sinkend

War bis kurzem die Anzahl Ausländer an den US-Hochschulen steigend, so hat sich das in Folge des 11. Septembers 2001 geändert, berichtet das Fachblatt Nature (2003, 426: 5). Die zunehmenden Sicherheitskontrollen scheinen sich auszuwirken. So stagnierte dieses Jahr die Zahl der an US-Universitäten eingeschriebenen ausländischen Studierenden, erstmals seit 1971, wie das IEE feststellte. Für die Physik weiss man aufgrund einer Umfrage des American Institute of Physics: Der Anteil ausländischer Graduates ist seit dem Hochschuljahr 2000/01 mit dem Rekordergebnis von 55 Prozent um 10 Prozent gefallen, berichtet das Magazin „Physik in unserer Zeit“ in der aktuellen Ausgabe (6/2003).

Obwohl vor allem der Zulauf aus muslimischen Ländern in die USA abgenommen hat, entscheiden sich auch in Westeuropa immer weniger Studierende für einen Besuch eine US-Hochschule. Das bestätigt auch ein Bericht der „Zeit“, welche die Bedingungen deutscher Studierender in den USA untersuchte. Betrachtet man die Schweiz, sieht man, dass nach einem langsamen Wachstum in den neunziger Jahren die Zahl der helvetischen Studierenden in den USA von 1893 im Jahr 1999/00 auf 1562 im abgelaufenen gesunken ist.

Wenig negative Erfahrungen

Merkt man diese Tendenz auch an der ETH? Fragt man beim Austauschdienst der ETH Zürich nach, konnte hier keine Veränderung festgestellt werden. Die Nachfrage ist mit rund 50 Austauschwilligen pro Jahr auch in der Folge des 11. Septembers 2001 gleich geblieben. Das habe vielleicht damit zu tun, dass die Einreise von den Gasthochschulen organisiert werde, meint Rita Gilli vom Austauschdienst. Neu sei nur dazu gekommen, dass die Studierenden ein Interview in der US-Botschaft absolvieren müssen, so dass teilweise die Zeit etwas knapp geworden sei. Obwohl sich international gesehen viel anekdotische Evidenz finden lässt, dass Studierende und Forschende Probleme mit der Einreise in die USA bekundeten, kamen Gilli von ihrer Arbeit her keine entsprechenden Geschichten zu Ohren.

Keine Probleme mit der Einreise hatte bis jetzt Ruben Kretzschmar, ordentlicher Professor für Bodenchemie an der ETH und gebürtiger US-Amerikaner: "Meine Mitarbeiter und ich gehen mehrmals pro Jahr in die USA für Experimente oder Tagungen. Bei uns hat niemand schlechte Erfahrungen bei der Einreise gemacht.“ Natürlich habe es verschärfte Sicherheitskontrollen am Flughafen gegeben, aber das sei auch in Europa normal. Auch mit dem gelegentlich mitgebrachten Material wie Pipetten oder Röntgen-Detektor entstanden keine Schwierigkeiten. Kretzschmar weist darauf hin, dass in seinem Team Mitarbeiter aus den verschiedensten europäischen Ländern forschen.

"Ich muss sagen, dass ich die Erfahrungen, die offensichtlich andere europäische Postdocs oder Studenten gemacht haben, nicht teilen kann“, weiss Christiane Marti-Meyers zu berichten, die bis zu Beginn des Jahres 2003 in der Gruppe von ETH-Chemieprofessor Erick M. Carreira arbeitete und nun für einen Postdoc-Aufenthalt am California Institute of Technology in Pasadena arbeitet. Allgemein glaubt die Forscherin an ihrer neuen Wirkungsstätte zu erkennen, dass in Kalifornien die Leute generell recht liberal eingestellt sind. So könnten viele auch die Entscheidung der meisten europäischen Staaten gegen den Krieg im Irak gut verstehen.

"Kein freies Land kann sich so abschotten"

Eine dezidiert kritisch Haltung gegenüber der neuen Einreisepolitik der USA hat Theo Wallimann, Titular-Professor am Institut für Zellbiologie : "Kein "freies" Land kann sich so abschotten, wie es die USA in ihrem Sicherheitswahn gegenwärtig tun." Die Sicherheit die sich das Land dadurch zu schaffen erhoffe, sei illusorisch. Die Situation erinnert Wallimann an den Dürrenmatt-Satz: "Der Friede droht gefährlicher zu werden als der Krieg". Die USA werden unabsehbare und schwerwiegende Konsequenzen, vor allem im sozio-kulturellen und wissenschaftlichen, aber auch im Business Bereich zu tragen haben, ist der Biologe überzeugt. Er sieht sich auch durch die abnehmende Zahl ausländischer Studierender in den USA bestätigt. Der Grund liegt für Wallimann darin, dass die die US-Immigrationsbehörden übertreiben. Man lasse sich nur einmal "auf Haut und Haare filzen", einfach weil man einen falschen Beruf wie z.B. B-Waffen-Experte oder Journalist habe.


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Braucht es studentische Proteste?

Ist der Rückgang an ausländischen Studierenden und Forschenden in den USA eine Chance für die hiesigen Hochschulen? Wallimann schliesst das nicht aus. Er gibt aber zu bedenken, dass in Europa zuerst die finanziellen Mittel bereitgestellt werden müssten, damit der "Brain Drain" in die USA gemildert werden könnte. Speziell in der Schweiz werde sich die Sparpolitik in den Bereichen Bildung und Forschung fatal auswirken. Die Entwicklung in Deutschland müsste Warnung genug sein. Ändere sich die Forschungsförderung in Europa nicht, dann werden weiterhin viele Wissenschaftler trotz den widrigen politischen Verhältnissen ihr Glück in den USA suchen. Deshalb stellt sich für Wallimann folgende Frage: Müssten wir hierzulande nicht mehr Forschungs-Lobbying betreiben, oder muss es wieder zu studentischen Protesten kommen wie in früheren Zeiten?

Zu solchen Protesten kam es 1993 nach den ersten Anschlägen auf das World Trade Center. Die USA veranlassten damals das Überwachungssystem „Student and Exchange Visitor Information System“ (Sevis).

„Falls die Regierung in Washington ihre Pläne im Bereich der Forschungsüberwachung umsetzt, könnte der Schaden für Forschung und Lehre in den Vereinigten Staaten erheblich sein“, kommentiert Flavia Schlegel, Wissenschaftsrätin in Washington und studierte Medizinerin, in der Neuen Zürcher Zeitung. „Die nächsten Schritte der Bush-Administration werden nun zeigen, ob der Grundsatz aus der Reagan-Zeit weiterhin gültig bleibt und der Nutzen einer möglichst freien Forschung höher einzustufen ist als das Risiko eines Missbrauchs.“


Visa

(mib) Das Einwanderungsgesetz der Vereinigten Staaten unterscheidet zwei verschiedene Visa: das Einwanderungsvisum für Ausländer, die einen dauerhaften Aufenthalt in den USA beabsichtigen und das Nichteinwanderungsvisum für Ausländer, die nur vorübergehend in den USA bleiben wollen (2). „Der Besitz eines Visums verschafft dem Inhaber kein unbeschränktes Recht auf Einreise in die Vereinigten Staaten“, erklärt der Rechtsanwalt J. Hayes Kavanagh in der Broschüre „Visa und Arbeitserlaubnis für die USA“, die von der Swiss-American Chamber of Commerce herausgegeben wird (3).

Schweizer, die in die USA einreisen wollen um dort einen Fachkongress zu besuchen oder Forschungsarbeiten an einem Universitätsinstitut auszuführen, fallen unter das „Visa Waiver Program“ (4). Das heisst: Sie müssen wie Geschäftsreisende oder Touristen kein Visum mehr besitzen – vorausgesetzt, sie verlassen das Land wieder innert neunzig Tagen. Vor dem Inkrafttreten des „Visa Waiver Programs“ mussten Geschäftsleute das Visum B-1 beantragen.

Will sich ein Forscher während mehr als einem Monat in den USA aufhalten, dann muss er das H1-B Visum für Hochqualifizierte Arbeitskräfte in Spezialberufen beantragen. „Ein H1-B Visum kann zunächst für einen Aufenthalt von bis zu drei Jahren genehmigt werden“, erklärt J. Hayes Kavanagh, möglich sei eine Verlängerung um weitere drei Jahre.

Studenten, die ein Austauschjahr planen, brauchen ebenfalls ein Visum. Das Visum H-3 ist für Praktikanten (Trainees) gedacht, welche an einem Ausbildungsprogramm teilnehmen, das die Schweiz nicht anbietet. Das Visum J-1 richtet sich an Teilnehmer von US-anerkannten Austauschprogrammen. Dazu gehören Forschungsaufenthalte bei Firmen und Studien an Universitäten. Die maximale Aufenthaltsdauer hängt von der Art und Umfang des Austauschprogramms ab – in der Regel zwischen 18 Monaten und drei Jahren. Ein weiteres Visum, das F-1, richtet sich an Studenten, die ein Vollstudium an einer US-Universität absolvieren möchten. Dafür sind folgende Voraussetzungen nötig, erklärt J. Hayes Kavanagh: „Der Student muss nach Abschluss seiner Studien in sein Heimatland zurückkehren; er muss einen nachvollziehbaren Grund für seine Ausbildung in den Vereinigten Staaten haben und es müssen ihm auch ohne Anstellung ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.“

Wichtig ist ferner, dass der Schweizer Reisepass mindestens sechs Monate nach der Ausreise aus den USA seine Gültigkeit behält. Ab 26. Oktober 2004 wird zudem ein maschinenlesbarer Pass gefordert. Das Visum erteilt die US-Botschaft in Bern (5). Für Fragen während dem US-Aufenthalt gibt die Schweizer Botschaft in Washington Auskunft (6).




Fussnoten:
(1) Institute of International Education: www.iienetwork.org/
(2) Visa-Information des U.S. Department of Homeland Security: http://unitedstatesvisas.gov/index.html und www.unitedstatesvisas.gov/
(3) Swiss-American Chamber of Commerce: “Visa und Arbeitserlaubnis für die USA”: www.amcham.ch/usa/content/final%20Visa.pdf
(4) Visa-Information der National Academies: www7.nationalacademies.org/visas/
(5) U.S. Embassy Bern: www.us-embassy.ch
(6) Schweizer Botschaft Washington: www.eda.admin.ch/washington_emb/e/home.html



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