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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
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Publiziert: 19.03.2003 06:00

Fringe Benefits

Von Bernhard Plattner

Als ich ein Kind war, wünschte ich mir, mein Vater wäre nicht als Anwalt tätig, sondern zum Beispiel als Direktor einer Schokoladefabrik - wie praktisch wäre das gewesen! Ich hätte mich und meinen Freundeskreis mit den Erzeugnissen des Unternehmens versorgen und diesen Kreis dadurch radikal vergrössern können. Heute bezeichnet man solche Vergünstigungen als fringe benefits. Viele Firmen, die etwas auf sich halten und ihre Mitarbeitenden an sich binden wollen, bieten sie an. Oftmals sind die eigenen Produkte zu Sonderkonditionen erhältlich. So können Siemens-Mitarbeitende im firmeneigenen Laden Siemens-Staubsauger zu einem reduzierten Preis kaufen.

Die ETH Zürich ist im internationalen Vergleich zweifellos eine Spitzenhochschule und hält somit auch etwas auf sich. Welche fringe benefits geniessen ihre Mitarbeitenden? Die „Produkte“ der ETH sind Forschungsresultate, Bildung und hoch qualifizierte Absolventen. Die Erst- und die Letztgenannten eignen sich schlecht als Sonderangebote. Immerhin kann man als Forschender nach einem Konferenzbesuch ein Sightseeing-Wochenende anhängen , oder man kauft einen Laptop im Neptun-Shop. Nicht zu vergessen ist, dass der gute Ruf der ETH weltweit als Türöffner dient - was nicht ganz unerheblich für den beruflichen Erfolg ist.

Beim Produkt Bildung offeriert die ETH ihren Mitarbeitenden eine äusserst grosszügige Vergünstigung, nämlich die Möglichkeit, sich gratis im Hause weiterzubilden.


Zur Person

Sein Wirken ist geprägt vom Netz der Netze: Bernhard Plattner, ETH-Professor für Technische Informatik, war als Switch-Mitglied einer der Internet-Pioniere in der Schweiz. Heute beschäftigt den Spezialisten für Hochleistungsnetze unter anderem die Frage, wie das im technischen Kern stets konstant gebliebene Internet zu einem Bündel von flexiblen Netzen weiterentwickelt werden kann. Darüber hinaus gibt ihm sein ETH-World-Engagement die Möglichkeit zu verfolgen, was sich an der Spitze des Realisierbaren tut: Ein aktuelles Projekt von Informatikdiensten und NET setze sich zum Beispiel das Ziel, Videoconferencing so simpel wie das Telefonieren zu machen. Ganz so einfach wird Plattners Führungsaufgabe nie werden: Zu unterschiedlich sind am Poly die Erwartungen und Vorstellungen zu ETH World. Ein ideales Übungsfeld ist ihm da sicher eine seiner Passionen: das Western-Reiten. Komme es doch, so Plattner, bei dieser speziellen Dressur darauf an, "das Pferd in schwierigem Gelände genau zu führen - ohne Druck oder Zwang."




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Bernhard Plattner, ETH-Professor für Technische Informatik und Programmleiter von ETH World.

Nur wird sie seltsamerweise schlecht genutzt. Ich selbst habe noch nie eine Vorlesung einer Kollegin mit dem Ziel besucht, mich weiterzubilden. Ebensowenig habe ich je einen Kollegen unter den vielen Studierenden in meinen Vorlesungen gesehen. Ich kann nicht argumentieren, dass ich schon alles weiss. Ich könnte von guten Vorlesungen sowohl im Grund- als auch im Fachstudium viel profitieren.

Warum wird dieses Angebot nicht genutzt? Verschiedene Gründe sind denkbar: Mangel an Zeit, Weiterbildung im engeren Forschungsgebiet in wissenschaftlichen Veranstaltungen usw. Aber ist es nur das? So schwierig sollte es doch nicht sein: Wenn ich eine Vorlesung besuchen wollte, würde ich mich einfach unter die Studentinnen setzen. In der Praxis jedoch würde von mir erwartet, dass ich den Dozenten vorab um seine Erlaubnis bitte. Eine Formsache?

Es scheint zu unserer Kultur zu gehören, von den Weiterbildungsangeboten im eigenen Haus kaum Gebrauch zu machen. Dass sie nützlich wären und eine bessere Vernetzung bewirkten, steht für mich ausser Frage. Wie könnte die Bereitschaft zur internen Weiterbildung gefördert werden? Durch eine Verpflichtung? Mit Kreditpunkten, welche die Professorinnen und Professoren anlässlich der Wiederwahl vorweisen müssen? Mit einem Anerkennungssystem, das eine Weiterbildung ausserhalb des engeren Fachbereichs belohnt? Kaum, so einfach geht es wohl nicht.

Vielleicht ist der Kauf eines um 100 Franken verbilligten Staubsaugers ganz einfach attraktiver ist als der kostenlose Besuch einer anspruchsvollen Lehrveranstaltung mit einem Marktwert von 1'000 Franken oder mehr. Kreditpunkte inbegriffen.




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