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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 26.11.2003 06:00

Hört hier jemand zu?

Von Martin Näf

Vom 7. bis 10. November fand in Budapest das World Science Forum (kurz WSF, (1)) statt. Die Veranstaltung war organisiert von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften unter dem Patronat der UNESCO und der EU-Kommission. Sie hatte das hoch gesteckte Ziel, die Interaktion der Wissenschaften, Gesellschaft und Politik zu durchleuchten. Neben den üblichen Beobachtungen, dass zum Beispiel auch gestandene Wissenschaftler miserable Vorträge halten können und Zeitlimiten als unverbindliche Empfehlungen betrachtet werden, gab es einiges Interessantes zu hören.

Speziell spannend war eine Rückschau auf den Einfluss der US-Academy of Sciences auf die US-Politik. Neben einer Ohrfeige gegen die Bush-Administration, die grundsätzlich alles in den Wind zu schlagen scheint, was ihr nicht genehm ist, war vor allem die Erkenntnis interessant, dass die Berichte vor allem dann Wirkung zeigten, wenn sie von der Presse aktiv aufgegriffen wurden. Diese Erfahrung zeigt einmal mehr auf, wie wichtig die Öffentlichkeitsarbeit ist. So mancher Wissenschaftler gibt als Motivation für seine Tätigkeit den Wunsch an, die Welt zu verbessern – aber kaum einer macht sich die Mühe, die dazu notwendige Publizität ausserhalb des geschlossenen Zirkels der eigenen Forschungswelt zu erzielen. Es wäre durchaus eine Diskussion wert, ob bei der Bewertung der akademischen Leistung nicht nur die Publikationen in sogenannt relevanten Journals, sondern auch der Einfluss auf die Öffentlichkeit stärker gewichtet werden sollte.

Doch zurück zum Forum selber. Ich war eingeladen als Vertreter der World Academy of Young Scientists (WAYS), einer sich formierenden Organisation unter dem Schirm der UNESCO. WAYS hat das Ziel, der jungen Generation von Wissenschaftlern auf internationaler Ebene Gehör zu verschaffen und vor allem die zentral wichtigen Netzwerke zu fördern. Die WSF-Organisatoren liessen sich die Präsenz von 30 jungen Wissenschaftlern aus vier Kontinenten durchaus etwas kosten. Böse Zungen mögen zwar behaupten, dass der Sinn dahinter vor allem die Senkung des Durchschnittsalters und damit erhöhte Fotogenität war, interessanter aber ist die Frage nach dem ausgeübten Einfluss. Wir Jungen waren zur aktiven Mitarbeit in den Sessions aufgefordert, was auch fleissig in Form von Fragen und Diskussionsbeiträgen getan wurde. Es wurde gehört – fünf von sechs Session Chairs gingen in der Plenarsitzung am letzten Tag explizit auf die Anliegen der jüngeren Generation der Wissenschaftler ein, und nicht wenige unserer Diskussionsbeiträge allgemeiner Art fanden den Weg in die Zusammenfassungen. Einer der Session Chairs überliess gar das Podium für die Präsentation der gerade mal 19-jährigen Gewinnerin des europäischen Young Scientist Contests.

Mit solchen sympathischen Gesten sind zwar noch keine der anstehenden Probleme gelöst, aber immerhin wurde damit vor allem der zahlreich anwesenden Politik und Presse in Erinnerung gerufen, dass die Welt der Wissenschaft nicht nur aus ordentlichen Professoren mit grauen Haaren besteht.

Mehr durch Zufall erfuhr ich neulich, dass auch in der Schweiz etwas ähnliches stattgefunden hat, das Swiss Science Forum (2). Auf der Website durfte ich lesen, dass einige Plätze für Studierende und junge Wissenschaftler frei gehalten wurden.


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Martin Näf, Doktorand der Informatik und derzeit "ETH Life"- Kolumnist.

Sehr gut – bloss hatte kaum jemand aus meinem Umfeld je was davon gehört. Die anwesende Kollegin konnte dann auch nicht gerade von einer umwerfend grossen Anzahl junger Forscher berichten. Solche Pannen dürften eigentlich nicht passieren; vor allem dann nicht, wenn dort explizit die Förderung von jungen Wissenschaftlern disktutiert wird. Ganz offenbar haben hier die Informationsnetzwerke versagt – respektive in den entsprechenden Netzen waren keine jungen Wissenschaftler integriert. Ein aktives Einbinden in die bestehenden informellen Netzwerke und Entscheidungsprozesse ist aber mindestens so wichtig wie das Bereitstellen von Stipendien, andernfalls wird unsere Stimme nie gehört.

Apropos Stimme: Im Laufe der folgenden Kolumnen werde ich einige Themen anschneiden, die für junge Wissenschaftler, Doktorierende an der ETH im Speziellen, wichtig sind. Ich hoffe, dass ich nicht nur zur allgemeinen Unterhaltung beitrage, sondern auch den einen oder anderen zum (Um-)Denken bewegen werde.


Zur Person

Dass er Informatiker wird, stand für ihn immer fest. Martin Näf, Doktorand am ETH-Computer Graphics Laboratory hantierte schon als Elfjähriger mit einem programmierbaren Taschenrechner, mit 15 entwickelte er kommerzielle Software und verdiente damit sein erstes Geld. Dennoch: Technik in Reinkultur wäre ihm zuwenig. „Ich bin halt zu sehr auch Sinnesmensch“, sagt er. In der Virtual Reality hat er darum sein ideales Tummelfeld gefunden. Für seine Doktorarbeit hat Martin Näf die die Softwareschnittstelle zur Applikation von „The blue-c“ entwickelt, dem grossen ETH-Projekt, das den Weg zur Telekonferenz der nächsten Generation aufzeigt. Mit „blue-c“ kann man dereinst in Zürich eine Person auch dann dreidimensional begrüssen, wenn diese sich in Santa Barbara aufhält.

Leidenschaftlich betreibt Martin Näf sein Hobby, die elektronische Musik. Im hochgerüsteten Heimstudio produziert er Ambient-Klänge von beeindruckender Qualität. Im Frühjahr 2004 beginnt für ihn ein neuer Lebensabschnitt: dann wird er 30, und etwa gleichzeitig sollte seine Diss fertig sein. Nach neun Jahren ETH und viel Engagement für Gremien wie die AVETH, den SSD und die Unterrichtskommission des Departements Informatik hat Martin Näf nun einen Postdoc in fernen Landen im Visier.




Fussnoten:
(1) Die Website des World Science Forums finden Sie unter: www.sciforum.hu
(2) Website des Swiss Science Forum: www.swissscienceforum.ch/



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