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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 09.11.2005 06:00

Visionen gesucht

Von Mauro Pfister

Der ETH steht eine besondere Woche vor – sie nimmt sich fünf Tage Zeit zu diskutieren, wohin die Reise gehen soll: Workshops, Symposien, Seminare, Theater, Dispute und Vorträge sollen unsere Kreativität anstacheln und unseren Vorstellungen Platz im öffentlichen Diskurs bieten. Als Mitglied der „Groupe de Réflexion“ freue ich mich ganz besonders auf den Output jedes einzelnen Tages, auf die Vielzahl von Visionen für die Zukunft der ETH. (1) Mit besonderer Spannung erwarte ich – als Präsident des Studierendenverbandes – aber natürlich vor allem den Tag der Lehre am kommenden Montag. Insbesondere die erste Verleihung der Goldenen Eule um 17.15 Uhr im Audimax soll eine Messlatte für engagierten Unterricht setzen. (2)

Die ETH nimmt ihr 150-jähriges Bestehen zum Anlass, Visionen der Zukunft zu diskutieren. Für eine Bildungsinstitution finde ich es selbstverständlich, an Jubiläen nicht nur die Vergangenheit zu feiern. Das brachte mich auf die Idee, doch mal im VSETH-Archiv in den Akten vom letzten Jubiläum – vor 25 Jahren – zu graben. Einige Unterlagen waren mir schon früher aufgefallen. So wurde zu jener Zeit nämlich der Verband der Studierenden vom Staatsschutz argwöhnisch beobachtet. Schulleitung und VSETH-Vorstand lagen sich in den Haaren.

Nach Ansicht des VSETH hatte die ETH 1980 bemerkt, dass sie von verschiedenen Seiten immer stärker kritisiert wurde (Atomstrom, Biochemische Forschung...) und organisierte deshalb im Rahmen des Jubiläums die Veranstaltungsreihe „Technik wozu und wohin?“. Laut VSETH-Pressecommuniqué eine Propagandaaktion, welche als kritische Analyse verkauft wurde. Als dann den Studierenden am ETH-Tag auch keine Redezeit zugestanden wurde, sah man sich veranlasst, die Veranstaltung im Kongresshaus zu boykottieren. Laut Staatsschutzakten ging sogar eine Bombendrohung ein, die man den Studierenden zuschrieb (kleines Kuriosum: der Eingang der Drohung resultierte in einer kleinen Suchaktion, wurde aber unter Verschluss gehalten). Der VSETH plante in der Folge einen ETH-Alternativtag mit einer Podiumsdiskussion zur „Forschungspolitik“. Ob der Tag durchgeführt wurde, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen, ist aber aufgrund der Akten zweifelhaft. Immerhin musste damals auch ein Dr. Chr. Blocher leider absagen.

Beim Blick in die Sonderbeilage der NZZ zum 125 Jahr-Jubiläum stach mir der Beitrag des damaligen Präsidenten Ursprung in die Augen. Die Zukunft der ETH Zürich aus Sicht des Biologieprofessors kommt ohne grosse Visionen daher. Der Artikel ist eine Aufzählung von vergangenen Sparmassnahmen und drohenden Problemen und endet mit einer Warnung vor einem Ausbau der demokratischen Mitbestimmung an der Hochschule.


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VSETH-Präsident und "ETH Life"-Kolumnist: Mauro Pfister

Auf Professor Ursprung war der VSETH damals nicht gut zu sprechen, laut Grauzonenplan (dem damaligen Studienführer) „ermöglichte dieser während seiner Amtszeit zahlreiche rein technokratische Reformen und gab mehr auf die Stimme eines von ihm selbst ernannten Experten als auf 3000 Unterschriften“.

Die kommende Woche bietet eine Chance. Die Chance, wirklich visionär tätig zu werden und der ETH Ideen und Rat auf den Weg mit zu geben. Ich bin zuversichtlich, dass es keine Propagandaveranstaltung werden wird, aber dafür braucht es die Mitwirkung aller. – Studierende, Doktorierende, Mitarbeiter und Dozierende sind aufgefordert sich einzubringen. Ich freue mich auf ihren Input.


Zum Autor

Seit Mai 2005 ist der 28-jährige Mathematik-Student Mauro Pfister Präsident des Verbandes der Studierenden an der ETH. Schwer war es nicht für ihn, in sein Amt hineinzuwachsen. Als Vorstandsmitglied war der St. Galler, der in diesen Wochen sein Studium abschliesst, bisher für die Formulierung der VSETH-Hochschulpolitik zuständig. Engagement, auch dort, wo Knochenarbeit gefordert ist, scheut Pfister nicht. Im Gegenteil: Im zweiten Studienjahr wurde er „Festminister“ beim VMP, dem Fachverein der Mathematiker und Physiker. Dann, nach dem zweiten Vordip, rückte er für gut ein Jahr ins Militär ein und brachte es dort bis zum Oberleutnant. Anschliessend verbrachte er einen halbjährigen Stage bei der „Winterhur“-Gruppe, wo er in einem Mathematiker-Team an der Überprüfung der Rückstellungen sämtlicher Ländereinheiten des Konzerns mitwirkte. „Mich würde es reizen, auch in meinem künftigen Job an Risikobeurteilungen zu arbeiten", sagt Mauro Pfister.




Fussnoten:
(1) Siehe dazu die Website der ETH Visionen mit dem Programm: www.150jahre.ethz.ch/program/ethvisionen
(2) Zum Tag der Lehre siehe: /www.150jahre.ethz.ch/program/ethvisionen/tag_der_lehre/programm



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