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Rubrik: News
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Publiziert: 08.10.2001 06:00

Chips, Laser und Solarzellen bald aus Plastik
Revolution in der Elektronik

(res) Kunststoffe auf der Basis organischer Materialien können die Eigenschaften von Halbleitern, Lasern und sogar Supraleitern übernehmen. Diese neuen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Elektronik und Optoelektronik deuten eine technische Revolution an. Entwicklungen etwa von preiswerten TV/PC-Monitoren aus Plastik, die wie ein Bild aufgerollt werden können, intelligenten Etiketten, neuartigen Lasern, preiswerten einfachen Solarzellen oder Quantencomputern scheinen jetzt in greifbare zeitliche Nähe zu rücken. Die physikalischen Grundlagen für diese faszinierenden Anwendungen, von denen einige bereits erste Praxistests absolviert haben, erarbeitete ein Forscherteam um Professor Dr. Bertram Batlogg (ETH Zürich). Es wird heute Montag, 8. Oktober, mit dem internationalen Braunschweig-Preis - Forschung für nachhaltige Entwicklung - ausgezeichnet. Preisträger sind neben Batlogg Dr. Christian Kloc und Dr. Jan Hendrik Schön (beide Bell Labs, Lucent Technologies, New Jersey/ USA).

Supraleiter aus Plastik

"Es geht nicht darum, die herkömmliche Elektronik zu ersetzen", äussert Bertram Batlogg in Braunschweig. Es gehe darum, sie zu ergänzen. Wie sich das auswirken kann, sei noch gar nicht abzuschätzen. Die preiswerte Elektronik mit organischen Materialien werde ganz neue Vertriebswege, Medien und Dienstleistungen erschaffen. Wichtig wäre dabei, dass die Ausgangsmaterialien flexibel für die jeweilige Anwendung "zugeschnitten" und nach Gebrauch wieder leicht recycled werden können.

Um dorthin zu gelangen, haben Batlogg und sein Team organische Materialien wie Tetracen oder Pentacen mit elektrischen Ladungen "geimpft" – ähnlich, wie auch anorganische Halbleiter durch Dotierung ("Verunreinigung" mit Fremdatomen) aktiviert werden. Im Resultat führen wandernde und zugepumpte Elektronen sowie entstehende oder ebenfalls zugeführte Elektronen-"Löcher" zur Leitfähigkeit, die je nach Temperatur sogar metallisch ausfallen kann. Professor Batlogg und seinen Kollegen ist es darüber hinaus gelungen, den ersten Supraleiter aus Plastik herzustellen.

Wissenschaftler liessen aufhorchen

Die Forscher stiessen bei ihren Arbeiten auf Kunststoffe, die sogar eine Karriere als Hochtemperatursupraleiter machen könnten, erfuhren die Gäste am Festakt in Braunschweig weiter. Normalerweise stelle sich die Supraleitfähigkeit erst in der Nähe des absoluten Temperatur-Nullpunktes (-273,16 Grad Celsius oder Null Kelvin) ein. Um solche Temperaturen herzustellen, seien erhebliche und teure Aufwendungen nötig. Auch die Realisierung des Quantencomputers, der Elektronik mit einzelnen Elektronen bewerkstelligen soll, werde dereinst an dieser Frage entschieden werden.

Unter diesen Umständen sei es von grosser Bedeutung, dass die Preisträger des Braunschweig Preises eine Supraleitung bei "Rekordtemperaturen" von 110 Kelvin (-163,16 Grad Celsius) erreichten. Sie hätten dieses in Fullerenen, den an Fußbälle erinnernden Molekülen aus sehr vielen kompakt vernetzten Kohlenstoffatomen, geschafft.


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braunschweig batlogg
Der internationale Braunschweig-Preis geht an die Forschergruppe mit (von links) Jan Hendrik Schön, Christian Kloc (beide Bell Labs, Lucent Technologies, New Jerseey) und Professor Bertram Batlogg (ETH Zürich) als Gruppenleiter.

Oberhalb des Siedepunktes von Stickstoff verbillige sich die Kühlung der Materialien um ein Vielfaches. Und so könne es gut sein, dass die mikroelektronischen Schaltungen der Zukunft diesmal im "organischen Sektor" des Reiches der Elemente angesiedelt seien.

Enge Zusammenarbeit

Bertram Batlogg arbeitet seit einem Jahr, das heisst seit September letzten Jahres im Labor für Festkörperphysik an der ETH Zürich. Warum gewinnt er den Preis mit einem Team aus den USA? - Professor Batlogg erzählt, dass er und dieses Team vor etwa drei Jahren mit den Arbeiten bei Bell Labs in New Jersey angefangen haben, weil er zu diesem Zeitpunkt dort war und die beiden "Mitstreiter" es immer noch sind. Batlogg: "Ich habe seit meiner Ankunft an der ETH diese Zusammenarbeit eng weitergeführt." Inzwischen ist eine Gruppe am ETH-Labor für Festkörperphysik aufgebaut worden, wo dieses Gebiet ebenfalls bearbeitet werde. "Wir haben an der ETH nicht nur eine gute Arbeitsumgebung, sondern auch Kontakte mit Kollegen aus verschiedensten Wissensgebieten, einschliesslich Chemie und Wekstoffkunde", freut sich der Physiker.

Aufbruch in neue Dimensionen

Auf die Frage, wie es nun weitergeht, antwortet Bertram Batlogg: "Wir haben noch viele Fragen und Ideen, die uns auf Jahre hinaus faszinieren und beschäftigen werden. Diese Arbeit ist nicht ein 'Projekt' im strengen Sinn des Wortes, sondern ein Gebiet der Wissenschaft, dessen Dimensionen noch schwer abzusehen sind." Überraschungen würden zum Alltag der Forschung gehören. Sie würden sich als Wissenschaftler darüber freuen. Projekte könne man planen, das Erforschen neuer Gebiete nicht. "Originelle Fragen, solides Handwerk und Kooperation der Natur werden auch weiterhin wichtig sein", unterstreicht Batlogg. Was bedeutet ihm der Preis? - "Die Anerkennung durch einen öffentlichen Wissenschaftspreis einer grossen Stadt hat eine besondere Bedeutung, weil dabei noch zusätzliche Kriterien ins Spiel kommen, die in Anerkennungen durch wissenschaftliche Gremien vielleicht weniger wichtig sind", meint Bertram Batlogg.


Literaturhinweise:
Braunschweig-Preis: www.braunschweigpreis.de



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