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Rubrik: News
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Publiziert: 18.05.2004 06:02

Collegium Helveticum: Ausstellung über den Wissenschaftsforscher Ludwik Fleck
Forschen am Abgrund

(ae) „…was überhaupt möglich ist“, ist der etwas kryptische Titel der Ausstellung (1) über den polnisch-jüdischen Gelehrten Ludwik Fleck, der Auschwitz überlebte. Sie ist noch bis am 10. Juni im Collegium Helveticum (2) zu sehen. Der Titel bezieht sich auf Hannah Arendts Beschreibung der nationalsozialistischen Konzentrationslager als experimentelle Räume der Moderne (3). Als „Zwangswissenschaftler“ war Fleck dort sowohl Opfer eines mörderischen Experiments als auch Forscher unter mörderischen Bedingungen. So wird in der Ausstellung neben Flecks Leben und Denken auch der Begriff des „Möglichen“ durch verschiedene Zitate beleuchtet, unter anderen aus „Der Begriff der Angst“ des dänischen Philosophen Søren Kierkegaard.

Fleck ist heute vor allem als Begründer der modernen Wissenschaftsforschung bekannt. „Alles Erkennen ist ein Prozess zwischen dem Individuum, seinem Denkstil, der aus der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe folgt, und dem Objekt“, schrieb er 1935 (4). Sein Denkmodell blieb allerdings während Jahrzehnten unbeachtet. Erst nach der Entdeckung Flecks durch den Wissenschaftstheoretiker Thomas Kuhn (5) setzte eine Diskussion über Ludwik Fleck ein.

Ludwik Fleck in Lublin, Polen


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Vernissage der Ausstellung mit Marek Klingberg (links), Wissenschafter und ein Freund Ludwik Flecks. (Bild: Andrea Ganz) gross

Die Ausstellung an der ETH ist eine Installation des Künstlers Pit Arens aus zwei Teilen: Zunächst zeigt sie eine Collage zu Flecks Leben und Denken. Ausserdem setzen aufgehängte, filigrane Möbel Flecks Modell der Denkkollektive und Denkstile künstlerisch um. Das Leben und Denken Flecks sowie die Kommentare werden samt dem erklärenden „Users Guide“ auf den Einbänden von vier menschengrossen Büchern gezeigt. Diese wiederum sind in sich viergeteilt: Oben in eine Bild-Spur mit Stills aus dem Film „La Jetée“ von Chris Marker, im Mittelteil in eine Fleck- sowie eine Dokumenten-Spur und unten in eine Robert Antelme-Spur mit Textausschnitten aus dessen Buch „Das Menschengeschlecht“. Am Ende lösen sich die Spuren formal in einem weissen Plakat auf, das als Leinwand zur Videoprojektion genutzt werden kann.

Die Ausstellung als Gesamtkunstwerk erschliesst sich den Besuchenden fortschreitend beim Wechseln ihrer Standorte und Perspektiven. Was auf den ersten Blick vielleicht etwas spröde wirkt, gibt beim Verweilen und Vertiefen in die verschiedenen Themen und Spuren seine Schönheit preis. Eine Schönheit, die sich aus dem Erkennen von Zusammenhängen, dem Ahnen von noch zu Entdeckendem und eigenen, weiterführenden Gedanken ergibt. Denjenigen, die Fleck nicht kennen, hilft der „Users Guide“ ihren Weg durch die Fakten und Bilder zu finden.


auflistungszeichen Ausstellung: Meridiansaal, Sternwarte, Schmelzbergstrasse 25; 9-12 und 14-17 Uhr; Eintritt frei (1)
auflistungszeichen Führungen: 18. Mai, 1. Juni, 3. Juni, 8. Juni: jeweils von 13 bis 14 Uhr (1)
auflistungszeichen Fleck-Kolloquium: 18. Mai, 1. Juni, 8. Juni: jeweils von 18 bis 20 Uhr; Meridiansaal (1)


Fussnoten:
(1) Ausstellung: www.collegium.ethz.ch/event/fleck.de.html
(2) Collegium Helveticum: www.collegium.ethz.ch/index.de.html
(3) In Hannah Arendt: "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft", 1955
(4) In Ludwik Fleck: „Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache“, 1935
(5) In Thomas S. Kuhn: „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“, 1962/1988



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