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Rubrik: Science Life Pfropfen verkleinert Paarungsneigung der Hummelköniginnen Gebremste Paarungslust |
Published: 14.09.2001 06:00 Modified: 20.09.2001 11:59 |
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Beim Sex geht es nicht nur um Lust, sondern auch um handfeste Fortpflanzungsinteressen. Dass dabei die bis jetzt unterschätzten Hummelmännchen ebenfalls mitmischen, legt eine Arbeit aus der Gruppe des ETH-Ökologen und Evolutionsbiologen Paul Schmid-Hempel nahe. Christoph Meier (mailto:christoph.meier@sl.ethz.ch) Die Vorteile von Sex mit mehreren Männchen liegen auf der Hand, besonders bei sozialen Insekten. Grössere genetische Vielfalt macht den Nachwuchs zahlreicher und weniger anfällig für Parasiten. Dies gilt zumindest für Hummeln. Weiss man dann noch, dass sich die Männchen bei diesen sozialen Insekten nicht um den Nachwuchs kümmern und ihr Sperma von den Weibchen lange aufbewahrt werden kann, so müsste es doch eigentlich klar sein, wer hier das genetische Sagen hat. Insofern überrascht es auch nicht, wenn sich Königinnen anderer sozialer Insekten wie Honigbienen bis zu 50 Mal paaren und das einzelne Männchen zur Quantité négligeable wird . Doch Bienen gehören zu den Ausnahmen bei den sozialen Insekten. Hummeln zum Beispiel sind trotz der oben erwähnten Vorteile der Mehrfachbegattungen nicht so paarungswütig. Haben eventuell die Männchen hier doch etwas mitzubestimmen? Dass dies höchstwahrscheinlich der Fall ist und welche Mittel für diese Mitbestimmung eingesetzt werden, zeigt die ETH-Studie (1) . Was bewirkt der Paarungspfropfen?Der Paarungspfropfen, den die Hummelmännchen bei der Kopulation im Genitaltrakt der Königinnen deponieren, war bald im Verdacht, das Instrument der Männchen zu sein. Um den Einfluss dieses klebrigen Hochzeitsgeschenk zu untersuchen, gingen die Forschenden folgendermassen vor: Sie verglichen das Paarungsverhalten der Hummeln, wenn die Königinnen begattet wurden, einen künstlichen, spermafreien Pfropf erhielten, nur eine Flüssigkeit verabreicht bekamen, oder jungfräulich und unbehandelt ins Experiment eingebracht wurden. Zusätzlich wurde auch noch die Effektivität des Pfropfs als Schutz gegen das Eindringen von weiteren Spermien und dessen energetischer Wert gemessen. Denn ein energiereicher "Keuschheitsgürtel" könnte für eine Königin eventuell ja auch von Belang sein für das energieintensive Unterfangen der Fortpflanzung.
Der Pfropfen ist ein schäbiges Brautgeschenk. Gerade mal 2.3 Sekunden kann eine Hummelkönigin fliegen mit der Energie, die im Pfropfen enthalten ist, errechneten die Wissenschaftler. Auch schützt dieser praktisch nicht vor dem Eindringen von weiteren Spermien. Doch allein die Anwesenheit oder Abwesenheit des Pfropfes scheint einen Einfluss auf das Paarungsverhalten der Hummeln zu haben. So paarten sich bereits begattete Königinnen wie auch die mit einem künstlichen Pfropf weniger als solche, die eine Flüssigkeit verabreicht bekamen oder noch jungfräulich waren. Gab man den Männchen die Wahl zwischen künstlich gepfropften oder einem mit Flüssigkeit behandelten Weibchen, dann begatteten sie nur letztere. Obwohl die Resultate dieses Tests nicht signifikant waren, legen sie doch nahe, dass die gepfropften Hummelköniginnen sich in einer Wahlsituation nicht noch einmal paaren. Der Pfropfen wirktDer Mechanismus, wie der Pfropfen genau wirkt, ist noch unklar. Allerdings ist jetzt durch chemische Analysen bekannt, dass Linolsäure als aktive Substanz wirkt (2) . Hummelmännchen und wohl auch diejenigen anderer sozialer Insekten haben mit ihren Sekretionspfropfen ein Mittel gefunden, die Kopulationsfrequenz der Königinnen zu manipulieren. Als Liebhaber, die nicht fähig sind, eine Kopulation zu erzwingen, ist der Pfropfen vielleicht auch das einzige Mittel für Hummelmännchen. Denn die Strategie, Mehrfachpaarungen zu tolerieren, weil dadurch mehr Nachwuchs entsteht, dürfte sich kaum auszahlen. Diese Strategie wäre nämlich nur sinnvoll, wenn die Zahl der Männchen proportional zu der Anzahl Nachkommen steigt. Paul Schmid-Hempel zum Kampf der Geschlechter bei den Hummeln:"Eigentlich waren wir am Problem der Aufrechterhaltung genetischer Vielfalt in natürlichen Populationen interessiert." Wie so aber in der freien Forschung machte man unerwartete Entdeckungen. "Wir haben nun plötzlich einen Weg gefunden, bisher rätselhafte Paarungstrategien zu verstehen", erläutert der Evolutionsbiologe. Soziale Insekten seien für den Menschen bedeutsam als Nutztiere, Bestäuber und Schädlinge. Solche Entdeckungen könnten zum Beispiel später das Management von Problemarten oder die Zucht von Nutzarten gezielt verbessern. References:
Footnotes:
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